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Feldpostnummer unbekannt

Feldpostnummer unbekannt

Titel: Feldpostnummer unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Gesicht verfiel, und spürte das Grauen in den Eingeweiden. Er machte sich klein, und das war gut so, denn links waren jetzt wieder die Feindpanzer aufgetaucht, und der erste Einschlag riß den Rest des Turms weg wie ein Windstoß einen Hut. Ein paar Meter schaffte Trautmann noch, dann hatte er einen Treffer im Motor, sah die Stichflamme und brüllte: »Raus!«
    Er nahm sich noch Zeit, den gelähmten Pimpf mit einem harten Stoß anzufeuern, dann wuchtete er hoch, sprang in den Sand. Achim folgte ihm blindlings, knickte ein, hatte sich den Knöchel verstaucht, wenn nicht gebrochen, kam humpelnd hoch.
    Trautmann, der es sah, stürzte noch einmal zwei Meter zurück, riß sich den Kameraden auf die Schulter und taumelte mit doppelter Last so schnell wie möglich davon. Er haute sich gerade noch rechtzeitig mit Achim in den Sand, als der explodierende Benzintank hinter ihnen das Wrack in Fetzen riß.
    Die Engländer hatten die Detonation beobachtet und rollten vorsichtig näher, während der Gefreite mit verzweifelter Anstrengung Achim hinter sich herzog. Er hatte ihn unter den Hüften gefaßt und schleifte ihn wie einen Sack über den Sand. Vielleicht sahen es die Engländer nicht oder sie ließen die beiden laufen, weil sie wußten, daß Flüchtige in der Wüste ohnedies vom Durst, von der Hitze und zuletzt von den Hyänen eingeholt werden.
    Als der erste Mark II die Explosionsstelle erreicht hatte, waren Trautmann und Achim 400, 500 Meter weiter erschöpft zusammengebrochen.
    »Mein Fuß …«, wimmerte der Pimpf, »Durst … äh …«
    Trautmann drehte sich um. Er stellte fest, daß die Briten sie nicht weiter verfolgten, und nickte.
    Auch Achims Erregung flaute langsam ab, und er begann wieder zu denken. »Und jetzt?« fragte er.
    »Verdursten …«, versetzte der Fahrer kalt.
    Der Pimpf sah die Feldflasche am Koppel des Kameraden und seine Augen wurden gierig.
    »Wo ist deine Flasche?« fragte Trautmann.
    »Im … im Wagen … gib mir einen Schluck …«
    »Später«, entgegnete der Gefreite.
    Im Hintergrund setzte das Motorengeräusch wieder ein. Die englischen Panzer zogen weiter. Sie waren allein im Sud der Wüste, umgeben von Millionen Sandkörnern, die die Hitze wie eine Trockenbatterie speicherten. Kein Baum, kein Strauch, kein Schimmer von Schatten. Nichts als Sand, Durst, Sonne, Fliegen, Sandflöhe, Dutzende, Hunderte von Skarabäus-Käfern, die rings um sie herumkrochen … Kein Mensch, nicht einmal ein Feind. Gedanken, blass wie die Hoffnung, schon erdrückt von der Hitze, Wahnbilder, links und rechts, Geräusche in der Stille, Angst vor der Nacht … und dazwischen immer wieder plätscherndes, nutzlos vergossenes Wasser, Wasser, Wasser …
    Der Unteroffizier hat's gut, dachte Achim Kleebach; er beneidete Ehrlich noch um seinen Tod. Er richtete sich auf.
    »Hier«, sagte Trautmann und reichte ihm die Flasche, »zwei Schluck für jeden …«
    Der Pimpf nickte. Er zog gierig an. Beim vierten Schluck nahm ihm der Gefreite die Feldflasche nachdrücklich aus der Hand.
    »Wie lange halten wir das aus?« stöhnte Achim mit dicker Zunge.
    »Die Nacht können wir noch schaffen … in vierundzwanzig Stunden ist Feierabend …«
    »Lass mich nicht allein«, sagte Achim flehend, »mein Fuß …«
    »Ich lass' dich nicht allein«, erwiderte Trautmann und nahm zwei rechtmäßig gezählte Schlucke aus der Flasche, schloß sie sorgfältig und taxierte, daß sie noch halbvoll war.
    »Du bist ein feiner Kerl, Kumpel«, sagte Achim, »wenn du nicht wärst …«
    »Lass den Quatsch«, versetzte der Gefreite fast mürrisch.
    Sie dösten wieder ein. Sie kamen zu sich. Die Wahnbilder einer ausgedörrten Phantasie jagten sich noch schneller. Aber dann folgte Trautmann einem Geräusch, sah einen Schatten am Himmel. Schatten, dachte er voller Sehnsucht und erkannte, daß es ein Fieseler Storch war, der über den Trümmern ihres Fahrzeugs kreiste, witterte eine Chance, stand auf, fiel um, schaffte es beim zweitenmal, ruderte mit den Armen, glaubte, daß dieser Silberstreifen von Schatten endgültig verschwinden würde, bemerkte, daß die Besatzung ihn erkannt hatte, und ruderte wild mit den Armen, bis er bewußtlos umfiel …
    Panzerleutnant Thomas Kleebach kauerte im heißen Sand wie auf glühenden Kohlen. Für ihn hätte es ausreichend Schatten gegeben und Wasser soviel er wollte. Aber seit zwei Stunden wußte er endgültig, daß die beiden Panzerspähwagen seiner Kompanie überfällig waren, und damit hatte die

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