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Feldpostnummer unbekannt

Feldpostnummer unbekannt

Titel: Feldpostnummer unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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treffen und auf schnellstem Weg wieder nach Hause rollen.
    Im Schutz der Nacht passierten sie die Lücke. Gespannt sah der Kompaniechef zum Horizont. Nichts zu hören. Keine Leuchtkugeln. Erleichtert stellte er fest, daß wenigstens der Start geglückt war. Nach der Luftaufklärung von gestern sollte das zu durchfahrende Gebiet feindfrei sein. Aus einem während der Nacht aufgeschnappten britischen Funkspruch ging hervor, daß auf der englischen Seite Truppenverschiebungen im Gange waren. Es konnte ein Vorzeichen der erwarteten englischen Offensive sein; auch Rommel sparte darauf, und die eine oder andere Seite konnte jeden Tag losschlagen.
    Plötzlich kam die Sonne und spiegelte sich im hellblonden Sand. Sie brachte Hitze und Durst. Achim lehnte schläfrig an seinem MG. Die Spannung, die ihn beim Start ausgefüllt hatte, ging in Müdigkeit über. Der Pimpf hatte den ersten Feldzug hinter sich, aber noch nicht viel erlebt. Aber es war etwas anderes, in Formation über den Feind herzufallen, als an Bord eines überfüllten Truppentransporters zu kauern und wehrlos abgeknallt zu werden. Es war etwas anderes, als in einem U-Boot zu sitzen und als blinder Passagier einen Angriff mitzufahren. Es war etwas anderes, als Wasserbomben zu zählen, die in der nächsten Sekunde den Bootsrunpf zerreißen mußten. Hier, in der Wüste, hatte er ein Gefährt unter dem Hintern und eine Waffe in der Hand. Und in der siegestrunkenen, von größerer Erfahrung noch ungetrübten Stimmung, war Achim bereit, die ganze britische Armee herauszufordern.
    »Wo stecken denn bloß die Scheißkerle?« fragte er.
    »Du siehst sie noch früh genug«, erwiderte Unteroffizier Ehrlich. Trautmann schwieg. Er starrte angestrengt in den Sand, verwirrt von dem dampfenden Dunst, genarrt von vereinzelten Dornbüschen, die im ersten Moment immer wie Flakstellungen aussahen.
    »Da!« sagte der Pimpf und wies in den flimmernden Sonnenglast. Er sah dunkle Ungetüme und begann sie zu zählen.
    Der Unteroffizier neben ihm lachte bloß verächtlich. »Die Hitze«, sagte er und tippte sich an die Stirn. Er reichte Achim die Feldflasche mit lauwarmem Tee. »Nimm 'nen Schluck«, riet er, »dann kullern dir die Kartoffeln von den Augen.«
    Er gähnte trotz des Pervitins, mit dem er sich aufgeputscht hatte. Er hatte ein ganz und gar ungutes Gefühl. Über zwei Stunden war er schon unterwegs, mitten im Feindesland, und nicht einen einzigen Tommy hatte er gesehen. Dabei wußte er, daß er vermutlich Dutzende von britischen Vorposten passiert hatte.
    »Großer Bahnhof in der Mausefalle«, brummte Unteroffizier Ehrlich.
    »Was?« fragte Achim müde.
    »Nichts.« Ehrlich sah zu Trautmann, der ihm zunickte.
    Vielleicht haben sie uns für einen Tommy gehalten, tröstete sich Ehrlich. Kein Wunder: britisches Beutefahrzeug; auf diesem Kriegsschauplatz waren Verwechslungen so häufig wie tödlich. Das Afrika-Korps fuhr häufig mit britischen Wagen, die Soldaten beider Seiten trugen kurze Khaki-Hosen, selbst auf knappe Distanz noch sahen die deutschen Tropenhelme wie britische Flachhelme aus. Soll mir recht sein, überlegte Unteroffizier Ehrlich. Aber er kam nicht gegen die dumpfe Vorahnung an, die seine Magenwände beschlug …
    Fünf Kilometer noch. Der Panzerspähwagen zog eine weite Schleife nach links. Der gequälte Motor heulte auf. Die Räder bohrten sich tief in den Sand. Achim wurde hin und her geschüttelt. Er döste mit offenen Augen. Er sah, wie ihm sein Bruder Thomas das EK überreichte, das im nächsten Urlaub sein Passepartout für die Mädchen sein sollte, denn es war an der Zeit, daß auch er ein Mädchen hatte. Blond oder schwarz, dachte er, oder vielleicht rot? Egal, traf er die Entscheidung, Hauptsache, sie ist gut gebaut …
    Der Fahrer Trautmann hatte nicht nur gute Augen, er verfügte auch über Instinkt. Er fuhr langsamer. Der Unteroffizier merkte es an der veränderten Tourenzahl und starrte durch das Glas. Er erkannte die britische Infanteriestellung, und bevor er noch den Befehl geben konnte, ihr auszuweichen, steuerte Trautmann mitten in sie hinein. Wenn die eine Pak haben, sind wir geliefert, dachte Ehrlich noch.
    Dann hämmerten die Geschosse seiner Zwei-Zentimeter-Schnellfeuerkanone mitten unter die Tommies. Achim schien eine Sekunde wie gelähmt, dann war er am MG, zielte in den Graben, sah einen Engländer hochspringen, um eine geballte Ladung anzubringen und sägte ihn mit dem MG auseinander.
    Die Briten schossen zurück. Aber ihre

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