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Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Welsh
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zurückholen, ohne dass es jemand merkt.« Er bemühte sich krampfhaft, nicht an die tausend Kleinigkeiten zu denken, die diesen lächerlich primitiven Plan vereiteln konnten.
    Felicity starrte die schaukelnde Strickleiter an. Ihr graute bei der Vorstellung, dass sie da hinaufklettern sollte. Henry fasste sie ohne Zögern, stieg ein paar Sprossen hinauf und beugte sich dann zu Felicity hinunter. »Nimm meine Hand«, befahl er.
    Felicity hatte keine Zeit, lange nachzudenken. Sie streckte Henry die eine Hand hin, hielt sich mit der anderen an der Strickleiter fest und stieg hinüber auf die gefährlich schlingernde Schaukel.
    »Nicht runterschauen!«, rief Henry.
    Jeb wollte ihnen folgen. »Nein, du bleibst hier«, sagte Henry.
    »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich euch alleine an Bord gehen lasse?«
    »Jemand muss auf das Boot aufpassen, das kann Martha nicht alleine. Felicity braucht einen Lockvogel, der die Aufmerksamkeit von denen da oben auf sich lenkt, nur so hat sie eine Chance. Du wartest hier und bringst sie und ihre Schwester sicher an Land.«
    »Dann lass uns tauschen: Bleib du hier und lass mich mit auf die Sturmwolke .«
    Henry schüttelte den Kopf. »Das ist zu gefährlich: Mit mir haben sie vielleicht noch ein bisschen Erbarmen, wenn sie mich erwischen, aber du bist schon fast erwachsen.«
    Felicity schloss die Augen. Die Wellen unter ihr schlugen klatschend und strudelnd an den mächtigen Schiffsrumpf. Sie war schon ganz starr vor Kälte.
    Jeb wollte nicht nachgeben, aber Martha mischte sich ein: »Wir haben keine Zeit für lange Diskussionen, Jeb. Felicity friert, sie braucht Bewegung.«
    Jeb starrte sie hilflos an. Die Sache gefiel ihm nicht, aber er sah ein, dass sie recht hatte. Und wenn er hierblieb, bestand vielleicht die Chance, dass Felicity entkam.
    »Mann, Henry«, sagte er endlich, »willst du wirklich das Risiko eingehen, allein auf der Sturmwolke zurückzubleiben?«
    Henry grinste. »Na ja, ich hoffe natürlich, dass du zurückkommst, um mir Gesellschaft zu leisten, sobald du Felicity und das Baby zu Hause abgeliefert hast.«
    Felicity blieb es immer ein Rätsel, wie sie es geschafft hatte, die Strickleiter hinaufzuklettern. Ihre Hände waren gefühllos vor Kälte. Es kam ihr fast wie ein Wunder vor, dass sie damit greifen konnte. Henry machte ihr Mut.
    »Es ist nicht mehr weit«, sagte er immer wieder und lächelte ihr zuversichtlich zu.
    Als sie endlich ihren Kopf über die Kante streckte und das riesige Oberdeck vor sich sah, mit dem komplizierten Gitterwerk von Masten und Spieren und Tauen, das turmhoch darüber aufragte, spürte Felicity trotz aller Furcht eine staunende Begeisterung: Dieses Schiff war wirklich atemberaubend.
    Sie stieg über die Reling und huschte zu Henry hinüber, der hinter einer Tonne notdürftig Deckung gesucht hatte. Auf den Decks ging es laut und geschäftig zu, offenbar hatte niemand die Eindringlinge bemerkt.
    »Da ist der Eingang zu ihrer Kabine«, flüsterte Henry und zeigte auf eine Tür. »Wenn ich auf die entgegengesetzte Seite des Decks renne und alle Aufmerksamkeit auf mich ziehe, kannst du vielleicht reinschlüpfen, ohne dass dich jemand sieht.«
    Nur wenige Schritte vor ihnen tauchte ein Matrose mit großen goldenen Ohrringen und einem leuchtend bunten Halstuch auf. Er hatte ihnen den Rücken zugewandt und schrubbte das Deck, scheinbar ganz in seine Arbeit vertieft. Die beiden beobachteten den Mann. Was sollten sie tun? Wie konnten sie an ihm vorbeikommen?
    Aber während sie noch überlegten, ließ der Seemann seinen Schrubber fallen, drehte sich blitzschnell um und packte die beiden am Kragen. Hämisch grinsend beäugte er seine Gefangenen. Er roch nach Knoblauch, Rum und Schweiß. »Ah, wen haben wir denn da?«, sagte er.
    Felicity ließ den Kopf hängen. Jetzt war alles aus.
    »Ihr habt gedacht, ihr könnt einfach hier an Bord spazieren und das Baby mitnehmen, oder?« Er hielt die Kinder mit einer Hand fest und mit der anderen gab er Henry eine Ohrfeige.
    Dass sie mit ansehen musste, wie ihr Freund geschlagen wurde, war zu viel für Felicity, sie wurde fuchsteufelswild. »Lassen Sie ihn in Ruhe«, schrie sie empört.
    Der Mann hob eine Augenbraue. »Oho, in dir steckt wohl noch was vom alten Geist der Gentry? Wollen wir doch mal sehen, ob wir dir deinen Heldenmut nicht aus dem Leib prügeln können.«
    Felicity versuchte sich loszureißen, aber der Matrose hatte sie fest im Griff. »Glaub ja nicht, du kriegst hier eine Extrawurst gebraten,

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