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Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Welsh
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eine Ehre, Sie wieder an Bord der
Sturmwolke
begrüßen zu dürfen.«
    Felicity nickte linkisch – sie wusste nicht recht, wie man so eine zeremonielle Begrüßung nach den Regeln der Höflichkeit erwiderte. Henry blieb einfach stocksteif stehen.
    »Gehen wir in meine Kabine.« Abednego drehte sich um und schritt übers Deck, die Kinder folgten ihm.
    »Ich hatte ganz vergessen, wie riesig er ist«, flüsterte Henry seiner Freundin zu. »Und diese unheimlichen Augen. Es ist, als könnte er deine Gedanken lesen.«
    Abednego hielt ihnen die Tür auf. Er hatte die Räume der
Herrin
, der er jahrelang treu gedient hatte, in Beschlag genommen. Felicity und Henry erstarrten vor Staunen, als sie die luxuriöse Ausstattung sahen. Die Wandverkleidungen und die Möbel waren aus edlen Hölzern meisterhaft gearbeitet, die Lampen solide und zweckmäßig und doch zierlich und schön, an den Wänden hingen prächtige Ölgemälde. Die ganze Einrichtung verriet den Geschmack der
Herrin
. Abednego hatte offenbar nichts daran verändert.
    »Es ist ein glücklicher Zufall, dass wir uns hier getroffen haben«, sagte der Kapitän. »Wir wollten eigentlich zur Bibliothek.«
    »Sie sind extra nach Wellow gekommen, um sich was zu lesen zu besorgen?«, fragte Henry.
    Abednego öffnete eine Schublade und nahm einen Umschlag heraus. Er blickte auf das steife cremeweiße Papier. Jemand hatte ihm den Brief in dieser Kabine übergeben, allerdings an einem fernen Ort.
    »Sie sind nicht der Einzige Ihrer Art«, hatte der Mann gesagt.
    »Ich weiß«, hatte der Kapitän geantwortet. »Ich kenne alle Diener der Hüterinnen.«
    Er drehte den Umschlag um und musterte das Siegel, dann steckte er ihn in die Innentasche seiner Jacke.
Dies ist eine Gelegenheit, etwas von dem, was du der Welt schuldest, zurückzuzahlen,
dachte er.
    Eine Tür ging auf, die Kinder zuckten zusammen: Ein Mann in einer dunkelblauen Jacke mit glänzenden Messingknöpfen trat ein, eine kleine Reisetasche in der Hand. Seine Stiefel waren auf Hochglanz poliert.
    »Mr Cutgrass!«
    Was hatte den Zollbeamten auf dieses Schmugglerschiff verschlagen?
    »Haben Sie es doch noch geschafft, als blinder Passagier auf der
Sturmwolke
mitzufahren?«, fragte Henry erstaunt.
    »Miss Cameron hat uns eine Nachricht geschickt«, sagte Abednego. Seine Stimme klang voll und melodisch.
    »Sie hat Hilfe angefordert«, erklärte Jasper Cutgrass.
    »Oh.« Felicity und Henry starrten ihn verblüfft an. Aber dann gewannen sie ihre Fassung zurück. »Äh, natürlich, sie erwartet Sie«, sagte Felicity in einem Ton, als wäre es ganz normal, dass eine mysteriöse Bibliothekarsvereinigung ein schwer bewaffnetes Schmugglerschiff und einen Zollbeamten auf die Reise schickt, wenn eines ihrer Mitglieder sie um Unterstützung bittet.
    Wieder ging die Tür auf, und eine weitere Person erschien, die Felicity an diesem Ort nicht erwartet hatte: ein hoch aufgeschossener Junge mit langen braunen Haaren und leuchtend grünen Augen.
    Sie hatte plötzlich Schmetterlinge im Bauch. »Jeb!«
    Henry fiel die Kinnlade hinunter, als er Jeb Tempest sah. Er machte ein Gesicht, als wäre ihm ein unangenehmer Geruch in die Nase gestiegen.
    »Hallo«, sagte Felicity. Jeb strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Sie erwiderte sein Lächeln. Ihr Herz hüpfte wild. Jebs Schüchternheit war ansteckend, aber sie war so glücklich, ihn wiederzusehen.
    »Das war ja eine kurze Weltreise, die du da gemacht hast«, bemerkte Henry trocken.
    Jeb errötete leicht. »Ich hab Abednego getroffen, und er hat mich gebeten, mit ihm hierherzufahren.«
Sie ist gewachsen,
dachte er. Sie war größer und schlanker geworden und, so kam es ihm vor, noch ein bisschen hübscher.
    »Ich möchte jetzt zu Miss Cameron. Die Ebbe setzt bald ein«, sagte Abednego. Alle gingen an Deck.
    Zwei Matrosen machten ein Beiboot klar. »Sie fahren mit den Kindern«, sagte Abednego zu Jasper Cutgrass.
    Die beiden Kinder kletterten die Jakobsleiter hinunter, der Zollbeamte folgte ihnen mit ungeschickten, ängstlichen Bewegungen. Als er in die
Ehrliche Armut
einstieg, wäre er beinahe ins Wasser gefallen. Henry verdrehte die Augen.
    Felicity rechnete mit dem Schlimmsten, aber als das Boot erst einmal in Fahrt kam, zeigte sich, dass Mr Cutgrass doch ziemlich seefest und jedenfalls keine so ausgemachte Landratte war, wie es den Anschein gehabt hatte. Es wehte ein frischer Wind und auf den Wellen tanzten weiße Schaumkronen.
    »Richtet die Erdhexe anderswo auch so große Schäden an?«,

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