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Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Welsh
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wenigen Habseligkeiten zusammengepackt und alles in der kleinen Wohnung in jenen tadellosen Zustand gebracht, in dem sie es zu hinterlassen wünschte. Als sie in ihrem schwarzen Reisemantel im Saal der Bibliothek stand, kam sie den Kindern fast fremd vor: Sie wirkte verstört, es war, als müsste sie in die Verbannung gehen.
    Sie ließ ihren Blick lange auf Felicity, Henry und Martha ruhen. »Auf Wiedersehen, meine Lieben«, sagte sie endlich.
    Felicitys Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt. Zuerst Alice und nun verlor sie auch noch Miss Cameron. Sie fiel ihr um den Hals. »Gehen Sie nicht, bitte«, sagte sie.
    Miss Camerons lila-graue Augen schimmerten. Sie nahm Felicitys Hand und streichelte sie. »Ich habe keine Wahl, Schätzchen.« Sie sah ihr fest in die Augen. »Glaubst du mir das?«
    Felicity nickte.
    »Es wird Zeit«, sagte Abednego mit sanftem Nachdruck. »Wir können nicht länger warten.«
    Felicity sah Miss Cameron nach. Die Bibliothekarin wirkte klein und zierlich neben dem dunkelhäutigen Riesen, der ihren abgewetzten Lederkoffer trug. Er hielt ihr die Tür auf, dann waren sie weg.
    Es war ganz still in der Bibliothek.
    Felicity trat an eine Vitrine und starrte auf die ausgestellten Bücher.
    »Wann sollen wir morgens hier sein?«, fragte Martha Jasper Cutgrass, um das Schweigen zu durchbrechen.
    Jasper fühlte sich hilflos und verloren. Er gab sich einen Ruck – schließlich musste er seine Pflicht tun – und wandte sich an Felicity. »Miss Cameron hat einen Dienstplan erstellt, oder?«
    Felicity reagierte nicht.
    »Ja«, sagte Henry. »Sollen wir es dabei belassen?«
    Mr Cutgrass lächelte dankbar. »Das ist wohl am besten, zumindest fürs Erste.« Seine Worte hallten in dem großen Saal. »Ihr solltet jetzt nach Hause gehen«, sagte er. »Es ist schon spät.«
    Die Kinder nahmen ihre Mäntel.
    »Isaac wird sich freuen, dich wiederzusehen«, sagte Martha zu Jeb.
    Henry verzog das Gesicht. »Dann gibt es wenigstens einen, der sich freut«, murmelte er.
    »Hör einfach nicht hin«, flüsterte Martha Jeb zu. Er grinste.
    Felicity verließ als Letzte die Bibliothek. Hinter ihr fiel die Tür ins Schloss.
    Es klang hohl an diesem Tag.

Drittes Buch Winter

Neuntes Kapitel
    D as Wetter schlug um. Der Winter kam und hielt mit seinen dünnen silbernen Fingern die Stadt fest im Griff. Der Sand rieb und schliff immer weiter, aber wenigstens verschlimmerte es sich nicht, sodass man die zerstörerischen Wirkungen eindämmen konnte.
    Der Boden schien wieder fester zu werden. Die Erde rutschte den Einwohnern von Wellow nicht mehr unter den Füßen weg. Das Gröbste war überstanden, so nahmen sie an und machten sich mit neuem Mut daran, die entstandenen Schäden zu reparieren.
    Es fiel Felicity und ihren Freunden schwer, sich damit abzufinden, dass Miss Cameron nicht mehr da war, aber mit der Zeit spielte sich die Zusammenarbeit mit Jasper Cutgrass recht gut ein, wenn auch die Beziehungen eher nüchtern blieben. Sie brachten ihm bei, wie die Schrift der Urgeschichten aufzufrischen war, und machten ihn mit der Ordnung der Bibliothek vertraut. Sie gewöhnten sich daran, dass er immer eine Denkpause einlegte, bevor er etwas sagte, und dass er nicht sehr feinfühlig war und von den Gemütsbewegungen seiner Mitmenschen in aller Regel nur wenig mitkriegte.
    Felicity konnte ihm kaum in die Augen sehen oder in seiner Gegenwart unbefangen lächeln: Sosehr sie sich auch bemühte, dagegen anzukämpfen, musste sie bei seinem Anblick doch immer denken, dass er Miss Cameron verdrängt hatte. Und sie vermisste die Bibliothekarin unsäglich, mehr, als sie je für möglich gehalten hatte.
    Jeden Tag schaute mindestens einer von ihnen nach, ob eine Nachricht von ihr mit der Rohrpost eingetroffen war, aber sie wurden jedes Mal enttäuscht.
    »Dann sollen wir also einfach immer so weitermachen mit dem Auffrischen der Schrift?«, fragte Henry, nachdem sie wieder vergeblich den Kasten der Rohrpost inspiziert hatten. Er schloss die Klappe. Mr Cutgrass saß an Miss Camerons Schreibtisch und notierte, welche Geschichten am nächsten Tag an der Reihe waren.
    Felicity verzog genervt das Gesicht: Sie hatten schon so oft darüber geredet. »Das Auffrischen zielt nur auf die Symptome, aber es beseitigt nicht die Ursache des Übels. Wenn Miss Cameron und ihre Kollegen schaffen, was sie sich vorgenommen haben, wird der Sand endlich Ruhe geben, und die Geschichten sind dann sicher.«
    »Diese Bibliothekare übertreiben die Geheimniskrämerei

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