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Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Welsh
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ein bisschen, finde ich«, sagte Henry. »Die wollen sich nur interessant machen, weil sie einen so sterbenslangweiligen Beruf haben.«
    Der Zollbeamte hob den Kopf. »Das ist eine uralte Gesellschaft, so alt wie die Hüterinnen, und sie verfolgt edle Ziele.«
    »Sie schützen und bewahren die Urgeschichten«, sagte Felicity.
    »Und sie sind die Wächter der Welt. Sie arbeiten im Stillen.« Jasper Cutgrass wandte sich wieder seiner Arbeit zu.
    Henry tippte sich an die Stirn.
    Felicity unterdrückte ein Kichern. »Wir müssen jetzt gehen«, sagte sie zu dem Zollbeamten, aber dieser blickte nicht auf.
    »Ein komischer Vogel«, sagte Henry, als sie oben in der Bibliothek waren. »Ich glaube, der merkt gar nicht, wie sonderbar er sich benimmt.«
    »Ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll.« Felicity runzelte die Stirn. Er war Miss Cameron in gewisser Weise ähnlich, ebenso ruhig und zurückhaltend wie sie und ohne Zweifel intelligent. Aber irgendwie hatte er in seiner undurchschaubaren Art oft mehr von einem Kind als von einem Weisen.
     
    Henry ging das, was Jasper bei der Unterhaltung im Segelboot erzählt hatte, immer im Kopf herum, aber es dauerte eine Zeit lang, bis er den Mut aufbrachte, seinen Vater darauf anzusprechen.
    Schließlich ergab sich eines Abends eine günstige Gelegenheit: Henrys Mutter war zu einer Veranstaltung im Gemeindesaal gegangen und auch Percy und Will waren nicht zu Hause. Mr Twogood saß im Wohnzimmer, ein Buch im Schoß.
    »Dieser Mann von der Küstenwache ist wieder in Wellow«, sagte Henry.
    Sein Vater blickte nicht auf von seinem Buch, aber Henry sah ihm an, dass er zuhörte.
    »Er hat behauptet, du hast ihm klargemacht, wie gefährlich die Sturmmaschine war.«
    Mr Twogood legte das Buch weg. Man hörte die Uhr auf dem Kaminsims ticken.
    »Uns sagst du immer, Zauberei gibt es nicht.« Henrys Stimme klang vorwurfsvoll.
    »Wenn es nach mir ginge, gäbe es so was auch nicht«, sagte Mr Twogood.
    »Aber das ist doch was anderes.« Henry fragte sich plötzlich, wie er jemals hatte glauben können, sein Vater wisse nichts von der
Herrin
und den Hüterinnen.
    »Magie ist was für Gierige, Faulenzer und Trottel, denen jedes Mittel recht ist. Durch Zauberei sind hier in der Gegend Tausende Menschen ums Leben gekommen. Sie hat unsere Familie ruiniert.«
    Henry starrte seinen Vater an.
    »Ihr seid kluge Burschen, du und deine Brüder, ihr könnt es mit eigener Hände Arbeit zu etwas bringen«, fuhr Mr Twogood fort. »Zauberei ist wie ein Gift, das alles durchdringt, was damit in Kontakt kommt. Man lässt besser die Finger davon.« Er ließ den Kopf hängen. »Ich will doch nur euer Bestes.«
    Henry verkniff sich ein Lächeln.
    »Es tut mir leid, dass ich gelogen habe«, sagte sein Vater.
    Eine Weile schwiegen beide.
    »Ist schon gut.« Henry stocherte im Feuer des Kamins. »Der Zollbeamte meinte, du bist ein kluger und hochanständiger Mann.«
    »Und was findest du?«
    Henry musterte seinen Vater. Seine grau melierten Haare mussten mal wieder geschnitten werden, aber das Gesicht war das des ehrlichen, intelligenten Mannes, den er gernhatte. »Ich finde, er hat recht.«
     
    Felicitys Gedanken kreisten um weniger wichtige Dinge. Ihr Großvater wollte an Weihnachten ein großes Fest veranstalten. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten sollte das Herrenhaus wieder Schauplatz eines gesellschaftlichen Ereignisses sein. Felicity war voller Vorfreude und ertappte sich oft dabei, wie sie sich im Geist die Herrlichkeiten ausmalte, die sie erwarteten.
    Sie hatte an dem Morgen nach Miss Camerons Abreise Frieden mit Rafe geschlossen.
    »Mein liebes Kind«, hatte Rafe gesagt, als sie sich für ihren Wutausbruch entschuldigt hatte, »das ist eben das Temperament der Gallants. Ich war früher auch ein Hitzkopf.«
    Ihr Verhältnis zu ihm war besser denn je – als hätte ihr Streit sie einander noch näher gebracht. Wie praktisch alle Leute fand sie seinen Charme unwiderstehlich.
    Sie war nicht die Einzige, die dem Fest mit freudiger Aufregung entgegensah. In vielen Häusern von Wellow wurden die edel geprägten Einladungen, die Rafe verschickt hatte, stolz auf den Kaminsimsen präsentiert:
    Sie sind herzlich eingeladen
zur Weihnachtsfeier im Herrenhaus
am Heiligen Abend 18  Uhr bis Mitternacht.
Mitzubringen ist nur Appetit und gute Laune.
Garderobe: nach Belieben.
    Es war das Gesprächsthema Nummer eins in Wellow, in den feinen Häusern oben auf der Klippe ebenso wie am Tresen des Gasthauses
Zum goldenen

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