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Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Titel: Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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in einer der belebtesten Straßen. In der Ferne sah ich eine große
Kreuzung. Eine Blechlawine gigantischen Ausmaßes, begleitet von einem Hupkonzert
und deftigen Fluchsalven aus offenen Autofenstern, schob sich im Schneckentempo
vorwärts. Da der falsche Dicke offenkundig seelenverwandt mit dem richtigen
war, tat er zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort das einzig Falsche: Er stieg
in diesem Inferno aus. Was er hier zu finden gedachte, war ein Rätsel.
Vielleicht ein Ein-Sterne-Hotel mit kostenfreier ganztägiger Abgasdusche. Ich
persönlich hatte mittlerweile von beiden Dicken die Nase voll, und als er nach
einer kleinen Ewigkeit die Straße überquert hatte, sprang ich einfach aus dem
Rucksack auf den Bürgersteig. Mit dem Rücken eng an eine Häuserwand gelehnt,
damit ich von Passanten nicht überrannt wurde, schaute ich meinem
davontrottenden unfreiwilligen Transporteur nach. Komisch, ich hatte nicht einmal
sein Gesicht gesehen. Vielleicht besser so!
    Ich blickte mich in dem Gewühl aus
vorbeikriechenden Wagen und hetzenden Leuten um. Nach einem Hochglanzfoto aus
einem Reiseprospekt sah das Ganze nicht gerade aus. In mir kam erneut leise
Panik auf.
    Irgendwie hatte ich mir den Start in den Urlaub
anders vorgestellt. Dennoch durfte ich mich jetzt auf keinen Fall der
Verzweiflung hingeben, da diese sich in einem fremden Land und ohne die
Zugehörigkeit zum edlen Menschengeschlecht als tödlicher Luxus hätte entpuppen
können. Ich schob jegliches Bangen beiseite und konzentrierte mich, bis mir die
Schnurrhaare glühten.
    In all den zurückliegenden Jahren hatte ich von Rom
nicht nur geträumt. Wenn Gustav zwecks Recherchen seine Bücher aufschlug, so
spielte ich auf seinem Schreibtisch meist den Schlafenden. In Wahrheit aber
prägte ich mir durch zugekniffene Augen den Sitz der berühmten Baulichkeiten,
vor allem aber das komplizierte Netz der bedeutenden Straßen ein. Dieses Wissen
sollte mir nun zu Hilfe kommen. Ich hielt Ausschau nach einem Straßenschild und
wurde direkt über meinem Kopf auch prompt fündig: Corso Vittorio Emanuele II.
Der Name flatterte wie ein verirrtes Gespenst über dem Stadtplan in meinem
Gedächtnis umher, um seine richtige Stelle zu finden. Ich überlegte und
überlegte und überlegte …
    Mit einem Mal machte es Klick. Doch dieses Klick
bewirkte nicht nur eine Befriedigung, weil ich jetzt halbwegs die Orientierung
gewonnen hatte, nein, es kam einem körperlichen Beben gleich. Ich konnte es
kaum glauben. Sollte ich tatsächlich so viel Glück im Unglück gehabt haben?
Rasch trippelte ich linksseits, um einen Blick um die Ecke zu werfen. Sollte
ich dort nicht das sehen, wovon ich annahm, daß ich es sehen müßte, wollte ich
auf der Stelle sterben.
    Mein Kopf bog langsam um den Mauervorsprung – und
hatte ich vorher Einiges am Gottesplan zu mäkeln gehabt, so wurde ich
schlagartig wieder zum Strenggläubigen und konnte nur jubilieren: Halleluja!
Vor mir lag nichts Geringeres als die erste Adresse für meinesgleichen in Rom,
gewissermaßen die Anlaufstelle für Angehörige der Felidae, welche in die
mißliche Lage geraten waren, bar eines Dosenöffners zu sein.
    Die untergehende Sonne beschien gleich einer
Blutorange einen Ort, den man auf einem Sagengemälde aus dem neunzehnten Jahrhundert
vermutet hätte, wo vom klassischen Altertum faszinierte Meister mythologische
Bildinhalte der Antike mit europäischen Landschaftsmotiven kreuzten. Doch im
Gegensatz zum Kunstidyll wurde diese imposante Tempelstätte vom dichtesten
Stoßverkehr umspült, war eine Oase inmitten lärmender Häßlichkeit. Der Largo
Argentina in der sogenannten Area Sacra war eine Berühmtheit, und ich hatte
schon viel von ihm gehört. Während ich darauf zusteuerte, sah ich über
Absperrgitter lediglich die wie Stümpfe in den Himmel ragenden oxidroten
ionischen Säulen, deren Rillen und Kapitelle von den Hämmern der Barbaren, vor
allem aber vom Zahn der Zeit bis zur Unkenntlichkeit entstellt waren. Die
republikanische Tempelanlage zählt mit zu den ältesten antiken Monumenten in
Rom, weshalb sie sich auch vier bis fünf Meter unter dem heutigen Straßenniveau
befindet. Meiner Erinnerung nach fanden die ersten Ausgrabungen 1929
    statt. Forciert übrigens von einem netten Herrn
namens Mussolini. Öffentlich zugänglich sind diese Ruinen für Touristen
trotzdem nicht, da hier immer noch sporadisch gebuddelt wird. Aber für
unseresgleichen!
    Endlich erreichte ich den aus Backsteinen
bestehenden Platz, der rechteckig um

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