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Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Titel: Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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die Ausgrabungsstätte verlief, und schaute
durch die Absperrgitter in den Graben. Die Rudimente zweier breiter
Treppenaufgänge zum einstigen Tempel wurden von Säulenspalieren flankiert. Den
Tempel selbst und alles, was ihn umgab, mußte man sich anhand der Überreste
vorstellen. Denn außer Mauerresten aus Ziegelstein und mächtigen Quadern,
Säulenbasen, einem Boden, auf dem sich großflächige Steinplatten und ordinärer
Rasen abwechselten, und den bereits erwähnten zahlreichen Säulen in
unterschiedlichem Verfallsstadium gab es wenig Konkretes zu sehen. Umrahmt
wurde das Ganze von hohen Rundbögen und Toren, die im Dunklen lagen. Der
rötliche Schleier der Abenddämmerung hatte sich über die steinernen Zeugen des
einstigen Glanzes Roms gelegt, die jetzt sehr lange Schatten warfen.
    Weshalb ich aber in meiner verlorenen Lage nun
Gottes Namen pries, hatte nichts damit zu tun, daß ich einer Sehenswürdigkeit
ansichtig wurde. Wußte ich doch, daß derlei Schätze hier fast vor jeder Haustür
lagen. Nein, mit dem Largo Argentina hatte es etwas ganz Besonderes auf sich.
Kurz nach den ersten Ausgrabungen nämlich hatten streunende und ausgesetzte
Kollegen von mir an diesem verkehrssicheren und menschenleeren Ort Zuflucht
gesucht. (Es gibt ungefähr hundertfünfzigtausend solcher Obdachloser in dieser
Metropole!) Und dabei war es auch geblieben. Einige Hunderte von ihnen
betrachteten seit jeher die Tempelanlage als ihr natürliches Refugium, und
schnell wurde die Angelegenheit eine größere Touristenattraktion als der
historische Platz selbst.
    Allerdings auch ein Ärgernis für die
Stadtverwaltung.
    Zum Glück aber gab es die »gattare«, Frauen mit
Herz, die die Armen mit Futter und medizinischer Betreuung versorgten, wie die
1973 verstorbene unvergeßliche Anna Magnani. Anfang der neunziger Jahre
schließlich erließ die Stadtverwaltung ein Statut, wonach alle Römer die
Verpflichtung haben, sich um die städtischen Tiere zu kümmern. Somit wurde dem
Gezeter und Gezerre, ob die Fütterung mit Essensresten am Largo Argentina
sinnvoll und rechtens sei, ein Ende gesetzt. Heutzutage, so hatte ich gehört,
ließen sich selbst Prominente aus Showbiz und Politik für die Presse dabei
ablichten, wie sie feinste Delikatessen an die »Herrenlosen« verfütterten. Die
dadurch wiederum ein paar Speckschichten mehr zulegten, als es ihnen bei ihren
ehemaligen »Herren« widerfahren wäre. Ich hatte also allen Grund, das
Halleluja!
    anzustimmen. Denn mittlerweile hatte mein
knurrender Magen die Kontrolle über mein Hirn übernommen und bestand auf der
Feststellung, daß wahre Urlaubsfreude nur das ist, was sich saftig zwischen den
Zähnen zermalmen läßt.
    Ich brauchte nicht lange nach den üblichen
Verdächtigen zu suchen. Mehrere Dutzende lagen langgestreckt auf den
Abdeckplatten der steinernen Zinnen, die die einzelnen Absperrgitter
voneinander trennten. Sie ließen sich ihr Fell von den letzten Sonnenstrahlen
erwärmen und zogen bei der Gelegenheit ihr Nachmittagsnickerchen noch ein
bißchen in die Länge. Am Fuße der Zinnen und auf den Stufen der Treppen, über
welche die Ausgrabungsprofis in die Tempelanlage gelangten, erblickte ich
mehrere Haufen von hingeworfener halbverschimmelter Spaghetti Bolognese. Es sah
aus wie der Stuhlgang einer kranken Kuh. Ich hatte zwar Hunger, aber dieser
mußte aus mir schon einen willenlosen Zombie gemacht haben, damit ich den Dreck
fraß. Mit der italienischen Freigebigkeit war es also doch nicht so weit her.
Und kein Paolo Conte oder Eros Ramazotti ließ sich mit Putenschnitzelscheibchen
in den Händen blicken.
    Die Hoffnung brauchte ich jedoch trotzdem nicht
aufzugeben. In der Ferne erspähte ich das Gros der Tempelbewohner, ja es war
ein richtiger Pulk, der sich auf der podestartigen Ebene oberhalb des antiken
Treppenaufganges zwischen den Säulenrudimenten zusammengerottet hatte.
Geschätzte fünfzig Zeitgenossen bildeten eine imposante Traube um … na, um was
wohl?
    Meine reiche Lebenserfahrung sagte mir, daß es sich
nur um das liebe Fressen handeln konnte, wenn so viele Einzelgänger den
Fellkontakt miteinander nicht scheuten und dicht an dicht drängelten. Da wollte
ich natürlich nicht am ersten Tag den Ausländer-Snob hervorkehren und mich den
einheimischen Freßsitten verweigern.
    Geschwind schlüpfte ich zwischen den Metallstäben
eines der Absperrgitter hindurch, lief die Treppe hinunter, wobei ich sorgsam
darauf achtete, nicht auf die bereits von einem Grünstich

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