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Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Titel: Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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Nature
vermacht. Du bekommst nur deinen Pflichtteil – meinen Freßnapf! Also gut, wo
war ich stehengeblieben? Ach ja, die Dudes zogen mich auf, und aus der
Retrospektive will es mir so scheinen, als hätten sie diese Aufgabe besser
bewerkstelligt als ...«

5
     
    Die Dudes zogen Paps auf, und nachträglich wollte es ihm
so scheinen, als hätten sie diese Aufgabe besser bewerkstelligt, als seine arme,
ungebildete Mutter es je hätte tun können. Nun ja, Paps neigte schon immer zu
dezidierten Meinungen. Vermutlich weil ihm nach all seinen kriminalistischen
Großtaten niemand mehr zu widersprechen wagte. Schon gar nicht der alte
Blaubart, sein verknöcherter Kumpel, der trotz seiner Bärbeißigkeit zu ihm
aufschaute wie zu einem Denkmal. Gewiß, ein Denkmal war der inzwischen schon
hinter Mythen und Bewunderungswolken verschwindende Francis schon. Und ich
konnte nicht verhehlen, daß ich normalerweise schier platzte vor lauter Stolz
auf meinen Paps. Doch allmählich merkte ich, daß gerade der Denkmal-Hochsitz,
auf dem er es sich gemütlich gemacht hatte, ihm bisweilen den Blick unter seine
Warte trübte.
    Etwa eine Stunde lang hatte der Alte noch seinen Erinnerungen
nachgehangen, bis er schließlich eingeschlafen war. Mich dagegen beschlich
immer heftiger das nagende Gefühl, daß ich jenen ins Vergessen geratenen Ort
aufsuchen mußte. Der Grund dafür erschloß sich mir selber kaum. Vielleicht
wollte ich mich wie ein Museumsbesucher an den verstaubten Relikten des
furchtlosen Detektivvaters ergötzen oder in Anbetracht der Exponate das
Abenteuer seiner Teufelsjugend im Geiste selbst erleben. Ganz so abgehoben war
die Sache dann aber doch nicht, denn ich wußte sehr wohl, wonach ich im Brunnen
suchen wollte. Eins aber stand fest: Ich hätte mir für die Aktion weiß Gott
einen passenderen Zeitpunkt aussuchen können.
    Kaum hatte Paps die Augen geschlossen, verdrückte ich mich
durch die für unseresgleichen vorgesehene Klappe an der Wohnungstür in den
Hausflur, schlich zum rückwärtigen Teil des Baus und gelangte schließlich durch
einen Türspalt ins Freie. Im Gegensatz zu den lächerlichen Umhüllungen der
Menschen bot mir mein dichtes Fell bei der Eiseskälte einen genialen Schutz. Doch
schnell merkte ich, daß dieses Überlegenheitsgefühl mehr auf Wunschdenken
beruhte. Denn binnen kurzem begann ich zu frieren wie jeder andere Sterbliche
auch. Zum Glück hatte es den Schneegott inzwischen woandershin verschlagen. Ein
klarer kobaltblauer Nachthimmel mit vereinzelt blinkenden Sternen starrte auf
mich herab.
    Es war nach Mitternacht. Ich watete durch die
schneeverhüllten Gärten mit ihren zu Eisskulpturen erstarrten Bäumen und
bestieg Mauer um Mauer. Sie unterteilten das Karree zwischen den Rückfassaden
der Gründerzeitgebäude in ein verschachteltes Setzkastenmuster. Mein dampfender
Atem in der kalten Luft ließ faszinierende Geisterbilder entstehen, und meine
Pfotenballen begannen auf dem frostigen Untergrund allmählich taub zu werden.
Dennoch spürte ich wenig von alldem, weil ich in Gedanken immer noch mit den
Ereignissen beschäftigt war, von denen mir Paps in der letzten Stunde erzählt
hatte.
    Nach der gruseligen Nacht mit der aufgefundenen Leiche war
im Brunnenbecken wieder das normale Leben eingekehrt. Soweit das Wort normal im
Alltag der Dudes überhaupt eine Rolle spielte. Während in der Oberwelt der
Frühling in augenblendendem Sonnenschein zu Hochform auflief, hockten die
Minzeschnüffler in ihrer vom Kerzenschein weichgezeichneten Gruft, schmökerten
in ihren Buchstabenwelten, pflegten ihre exzessive Vorliebe zu einer bestimmten
Pflanze und ließen ansonsten Gott einen guten Mann sein. Hin und wieder
verirrten sich ein paar Vertreter des stolzen Nagervolks in die Höhle, und die
Dudes hießen sie herzlich willkommen, indem sie sie zur ökologisch korrekten
Nahrung veredelten. Hin und wieder jedoch verirrten sich auch einige der
ihrigen nach draußen und kamen als Leichen zurück. Das heißt, den Weg zurück
schafften sie nicht mehr und blieben dort, wo man ihnen das Lebenslicht
ausgeblasen hatte, nämlich in den Minzefeldern. Selbst Paps, der für sein
jugendliches Alter in dieser Angelegenheit eine geradezu wissenschaftliche
Neugier an den Tag legte, wurde daraus nicht schlau. Aber bis auf diese
Verluste, die wie in einer archaischen Legende als Opfer zur Beschwichtigung
einer grausamen Gottheit angesehen wurden, ging es im Reich der Dudes recht
gemütlich zu.
    Nicht nur gemütlich, sondern

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