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Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Titel: Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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nicht bei mir gemeldet, lieber Freund? Immerhin sind wir
Vertragspartner. Du weißt schon, das ganze Leid der Tiere, das nur ein Ende
finden kann, wenn beide Arten zünftig miteinander schwafeln können und so.«
    »Wo ist Junior? Und was ist mit Blaubart passiert? Glaub
bloß nicht, daß du mich mit diesem Budenzauber beeindrucken kannst.«
    Er grinste in sich hinein wie ein verschlagener Waldwicht,
der auf einer geheimnisvollen Knolle sitzt. »Schwache Show, was? Tss, tss,
tss«, machte er und schüttelte dabei den Kopf. »Die Erinnerung, Francis, allein
die Erinnerung kann uns beide erlösen. Und diejenigen, die du so liebst. Es
könnte für dich alles wieder so schön wie früher sein, wie in den vielen
erfolgreichen Jahren, als du es vorgezogen hast, lieber nicht an unser einstiges Tete-â-tete zu
denken. Du könntest glücklich sein. Du müßtest dich nur erinnern – an unsere
Abmachung. Aber so wie es aussieht, weigerst du dich selbst unter diesen
mißlichen Umständen. Denn freilich müßtest du dann auch den Preis zahlen und
deinen im Vertrag vermerkten Beitrag leisten. Ich gehe mal blind davon aus, daß
meine Wenigkeit der letzte Mensch war, mit dem du dich seitdem verbal
verständigt hast. Stimmt's?«
    »Du? Ein Mensch? Daß ich nicht lache. Wenn du ein Mensch
bist, dann heiße ich Tante Gerda!«
    Sein Grinsen wuchs sich zu einem herzhaften Lachen aus.
»Deinen Humor hast du jedenfalls nicht verloren, soviel ist klar.« Immer noch
lachend hob er den Zeigefinger der rechten Hand, krümmte ihn und hämmerte damit
auf eine Taste des Notebooks ein. Ich hatte das untrügliche Gefühl, daß diese
Geste nichts Gutes bedeutete.
    »Was machst du da?« wollte ich wissen.
    »Ach, nichts weiter. Ich habe nur den Startschuß zu einer
Auktion im Internet gegeben. Was habe ich bloß früher ohne Ebay gemacht?«
    »Hat die Sache irgendwie mit mir zu tun?«
    »Alles hat mit allem zu tun, lieber Freund. Das müßtest du
doch wissen. Was deinen deformierten Freund angeht, so ist
Verhandlungsspielraum vorhanden. In Sachen Junior sehe ich allerdings keine so
einfache Lösung am Horizont auftauchen. Da müssen wir uns schon streng an den
Vertrag halten. Und zwar bis aufs Komma genau! Wo wir gerade bei der lieben
Familie sind: Weißt du eigentlich, was deine geliebte Sancta gerade so treibt?
Oder wo Gustav sich befindet? Nur mal so als ein kleiner Denkanstoß. Nichts für
ungut. Wenn du jetzt die Freundlichkeit besäßest, in das Feuer zu schauen.«
    Ich folgte der Aufforderung und sah ins Kaminfeuer. Mein
Blick fuhr geradewegs in die Flammen hinein wie ein Schnellzug in einen Tunnel,
und der Vergleich war gar nicht einmal weit hergeholt. Denn meine Pupillen
verengten sich nicht durch das grelle Licht, sondern weiteten sich bis zum
Anschlag. Zunächst nahm ich ausschließlich Dunkelheit wahr. Ganz allmählich
hellte sie sich jedoch auf. Mein inneres Auge schwebte über eine düstere Halle,
in der Tausende von Kunststoffkörben für unseresgleichen wie zum Abtransport
bereitgestellte Frachtguteinheiten nebeneinanderstanden. Aber obwohl die
Drahtgitterklappen mit kleinen Vorhängeschlössern abgesperrt waren, steckten in
den Kästen keine vor Angst und Schrecken erstarrte Kreaturen, sondern
Artgenossen mannigfaltiger Rassen mit recht enthusiastischem Ausdruck. Wie mir
schien, freuten sie sich auf die Dinge, die da ihrer harrten. Es war nicht
schwer zu erraten, daß es sich bei diesem Ort um das Magazin des Riesengebäudes
handelte, vermutlich irgendwo tief unten, von wo aus die Ware in alle
Welt versandt wurde. Zwischen den Körben bewegten sich Männer in sauberen
grauen Overalls mit einem eingestickten MORGENROT-Emblem auf der Brusttasche,
einem Käppi auf dem Kopf und einem Touchscreen-Block für die Logistik in den
Händen.
    Mein inneres Auge schwebte weiter, näherte sich diesem und
jenem Artgenossen, dessen Spitzgesicht hinter dem jeweiligen Drahtgitter zu
erkennen war. Der erste Eindruck, den ich von den Gefangenen erhalten
hatte, behielt auch jetzt seine Gültigkeit. Diese waren ganz eindeutig keine
bemitleidenswerten Felidae, die ohne Rücksicht auf ihre Bedürfnisse auf dem
Altar der menschlichen Geldgier verschachert werden sollten. Dafür machten sie
einen viel zu gepflegten, um nicht zu sagen, einen saturierten Eindruck. In
ihren Glasperlenaugen glühte zu offensichtlich Zuversicht, geradezu Euphorie
und Vorfreude auf ihre Bestimmung. Es war nur ein Gefühl, aber mit einem Male
wußte ich mit unerschütterlicher

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