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Felidae

Felidae

Titel: Felidae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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sich der Balken unter mir mit einem knirschenden Geräusch endgültig von der Decke und krachte der soeben in den Raum stürmenden Meute vor die Pfoten.
    Ich zwängte mich schnell durch das Loch hindurch und befand mich endlich auf dem Dachboden. Ein letzter Blick nach unten bestätigte, was ich befürchtet hatte. Nach einigem wütenden Gefluche rannte die Jagdgesellschaft wieder aus dem Zimmer hinaus, um über das Treppenhaus zu mir auf den Speicher zu gelangen.
    Nur kurz nahm ich meine neue Umgebung unter die Lupe. Der verwinkelte, unübersichtliche Raum war vollgestopft mit den Überresten des Labors von Doktor Frankenstein, dessen Geist ich in diesem Haus immer zu spüren vermeinte. All diese zahllosen chirurgischen Instrumente mit ihren bedrohlich wirkenden, spitzen und gekrümmten Formen, Operationsleuchten, Narkoseapparaturen, EKG-Geräten, Spritzen, Reagenzgläsern, Kolben, Retorten, Mikroskopen und noch andere komplizierte Maschinen und Utensilien, von denen ich nicht einmal die Bezeichnung kannte, geschweige denn ihre Funktion, waren zwar bis zur Unkenntlichkeit verstaubt, verrostet oder ganz einfach demoliert, hatten jedoch von ihrer ehrfurchtgebietenden Ausstrahlung kaum etwas eingebüßt. Ich fragte mich, warum man sie hier verrotten ließ. Sicher, heutzutage akzeptieren unsere Ärzte in ihren Praxen nichts, was älter als ein Jahr ist und für das man nicht eine Armee von Computerspezialisten braucht. Doch so manch ein gutes Geschäft mit der Dritten Welt hätte sich auch mit diesem Schrott abwickeln lassen. Traurig, seiner abschreckenden Wirkung nur zur Hälfte beraubt, starrte mich das tote Labor an, als sei ich ein Magier, der es wieder zum Leben erwecken konnte.
    Aber über all diese Ungereimtheiten konnte ich ja noch grübeln, wenn ich nicht gerade von den Mitgliedern einer Sekte verfolgt wurde, die andauernd von Opferung quasselten und höchstwahrscheinlich hin und wieder auch ein paar Opfer fanden.
    Gott, Claudandus oder wer auch immer für derartige Wunder zuständig ist, hatte ein Einsehen mit mir. Denn wie ich gleich bei unserem Einzug vermutet hatte, war auch das Dach schwer beschädigt und wies große Löcher auf. Ich rannte geradewegs zu der gegenüberliegenden Giebelwand, dorthin, wo die rechte Dachtraufe und der Fußboden zusammentrafen und wo sich ein Spalt von etwa einem halben Meter Breite gebildet hatte.
    Sobald ich durch den Spalt nach draußen geschlüpft war, wurde der Dachboden von etwa dreißig Artgenossen gestürmt, die nicht gerade den Eindruck machten, als wollten sie mir eine Bibel verkaufen. Wir sind schlechte Läufer, eher Sprinter, und deshalb hatten nur die Kräftigsten von der Meute bis hierhin mitgehalten. Doch die, die noch an meinen Fersen klebten, schienen in bezug auf meine Ergreifung und auf das, was sie dann mit mir anzustellen gedachten, um so enthusiastischer zu sein.
    Auf der Dachrinne stehend und nach Luft japsend, hatte ich einen ungehinderten Blick auf unsern Distrikt. Inzwischen war es Morgen geworden. Es war einer jener ergreifenden Momente, in dem die Sonne bereits ein orange-blaues Firmament zu zaubern beginnt, selber aber noch nicht zu sehen ist. Das ausgedehnte Rechteck aus Dächern und Terrassen, das sich vor mir erstreckte, ließ mich hinsichtlich meiner Flucht neue Hoffnung schöpfen. Irgendwo in diesem Wirrwarr mu ß te es einfach ein geheimes Winkelchen geben, wo ich vor meinen Verfolgern sicher sein konnte. Der schwindelerregende Abgrund unter meinen Pfoten allerdings warnte mich vor allzu halsbrecherischen Manövern. Das Flechtwerk der Gartenmauern sah von hier oben wie ein kniffliges Irrgarten-Rätsel aus. Ein schier unlösbar scheinendes Rätsel wie die ganze verzwickte Geschichte, von der ich jetzt, ob es mir pa ß te oder nicht, endgültig ein Teil geworden war.
    Atemlos lief ich das moosige Dach hinauf, erreichte den First und hastete darauf zu den benachbarten Gebäuden weiter. Meine Häscher hatten sich unterdessen auf etwa zehn Unverzagte reduziert, deren Entschlossenheit und Unerschrockenheit jedoch mindestens für hundert Mann ausreichten. Mit grimmigen Gesichtern waren sie mir dicht auf den Fersen, so da ß ich keinerlei Gelegenheit bekam, mich ihren Blicken auch nur für eine Sekunde zu entziehen und sie abzuhängen. So wechselte ich im furiosen Tempo von einem Dach auf das andere, was kein großes Problem darstellte, da die Dachtraufen der benachbarten Häuser sich beinahe berührten.
    Aber ich spürte, da ß meine Kraftreserven

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