Felidae 4 - Das Duell
Dafür gibt es aber für sie etwas zu sehen – etwas, was sie sonst nicht einmal in ihren Albtraumen zu sehen bekommen.«
Fabulous begann rhythmisch zu schlucken, Tränenperlen kullerten über ihre haarigen Nasenfurchen und tropften das Maul hinab. Ich wußte nicht, ob ich das Folgende überhaupt hören wollte, und machte deshalb einen weiteren Versuch, sie zu stoppen.
»Fabulous, du brauchst wirklich nicht ...«
»Laß mich, Francis! Du sollst es, du mußt es hören, damit du begreifst, mit welchen Ungeheuern du es in diesem perversen Spiel zu tun hast. Man will, daß das Fell möglichst unverletzt bleibt, deshalb hat man sich in diesen Lagern für unsere Brüder und Schwestern eine besonders widerwärtige Tötungsmethode einfallen lassen: Sie werden stranguliert! Mit einer Metallschlinge fängt ein Arbeiter einen unserer Altgenossen, zieht ihn dann mit dem Seil im Käfig hoch und bindet das Seil fest. Das Opfer miaut kläglich, zappelt hin und her und hängt dann wieder still. Es erstickt langsam. Nach zwei bis drei Minuten zieht der Arbeiter das Seil etwas fester zu, doch erst nach fünf Minuten ist das Tier schließlich tot. Während es abgezogen wird, erhängt man bereits das nächste. Alles Routine. Die anderen in den Käfigen müssen den qualvollen Tod ihrer Artgenossen, vielleicht ihrer Eltern oder Kinder mit ansehen. Manche rennen in Panik durch den Käfig, die meisten aber sitzen ganz still, stecken den Kopf in die Ecke oder klammern sich krampfhaft aneinander fest. Umsonst, denn den fürchterlichen Todeskampf müssen alle durchmachen! Ich nehme an, du willst nicht noch die Sache mit den Hunden hören, die an einen Zaun angebunden und mit einem Messer an den Schlagadern in der Leiste aufgeschlitzt werden, bis sie langsam und elendig ausbluten?«
Nein, ich wollte gar nichts mehr hören! Ich wollte, daß dieser ganze böse Planet zerbarst, sich in seine Atome auflöste und dann endlich für immer Stille einkehrte. All die Schmerzen, die wir Tiere unter den Menschen seit Gedenken erleiden mußten, all das sinnlose Quälen, Foltern und Töten für lächerlichen Tand, die sinnlose Vergeudung von millionenfachem Leben sollte mit einem Schlage aufhören. Doch es hörte nicht auf. Es ging immer weiter. Und sobald einige Menschen zu unseren Gunsten ein Verbot durchsetzten oder ein Gesetz erließen, entdeckten andere Menschen hier und da eine Lücke, kamen auf noch teuflischere Ideen, wie sie unser Fleisch, unsere Haut, unsere Knochen, ja sogar unsere Seele vermarkten und ausbeuten konnten. Meine Reaktion auf Fabulous' Schreckensbericht war jedoch nicht Resignation, sondern Wut und Beifall für die Arbeit von Animalfarm. Sollten sie doch mit ihren Affe-im-Schraubstock-Fotos sämtliche Omis in den Fußgängerzonen um ihre letzten Cents erleichtern, sollten sie von mir aus lügen und betrügen, um an Geld und Einfluß zu kommen, solange sie damit solche Mißstände aufdeckten und letztlich aus der Welt schafften!
Bei aller Betroffenheit hatte ich jedoch aufgehorcht, als Fabulous die Tötungsweise der Lagerinsassen erwähnte: Strangulation. Es konnte ein Zufall sein, daß den am Wasserhahn baumelnden Toten zumindest dem Anschein nach das gleiche Schicksal ereilt hatte wie diesen bemitleidenswerten Kreaturen. Und wenn es kein Zufall war, so konnte er vielleicht als ein Hinweis auf diese Machenschaften in Asien gewertet werden. Aber Hinweis von wem? Und an wen? Wer gab sich solche Mühe? Und wieso mußte erst ein Mord begangen werden, damit Morde en masse ans Tageslicht kamen? Wer konnte so kaltblütig sein? Zufall oder nicht, Fabulous mußte mich in diesem Irrgarten noch ein langes Stück an die Pfote nehmen.
»Es ist nicht schwer zu erraten, wen du mir als die ehemaligen Besitzer und Kommandanten dieser Lager präsentieren willst, Fabulous: Agatha und Dr. Gromyko.«
Sie rieb sich mit der Pfote über das benäßte Gesicht und begann sich danach hinter den Ohren zu kraulen, um den heraufbeschworenen Mahr aus ihrem Kopf zu vertreiben.
»Der Kandidat hat zehn Punkte! Das sind keine Menschen, Francis, auch wenn sie sich in einem Ambiente eingerichtet haben, das alles vereint, was dem Homo sapiens an Grandiosität nachgesagt wird: Liebe, Kreativität, Empfänglichkeit für schöne Dinge und Kultur. Nein, die beiden sind in Wahrheit Monster! Sie haben in Asien zeitweise bis zu fünfzig solcher Farmen unterhalten, von denen aus sie den europäischen, amerikanischen und den japanischen Markt belieferten. In jener Region
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