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Felidae 4 - Das Duell

Titel: Felidae 4 - Das Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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sah, war eher gedrungen und bullig, über Gromyko ist so groß wie eine Straßenlaterne und besitzt eine hagere Figur.«
    »Was hast du denn schon gesehen, Francis? Bei diesem dichten Schneefall hättest du nicht einmal deine eigene Mutter erkannt. Und da getraust du dich, exakte Angaben über die Figur eines Flüchtenden zu machen?«
    »Dir erging es ja anscheinend nicht anders. Deshalb ist es einigermaßen verwunderlich, daß du Dr. Gromyko des Mordes verdächtigst.«
    »Das tue ich nicht – ich weiß, daß er es getan hat! Agatha ist sehr krank, sie hat notgedrungen mit der Vergangenheit abgeschlossen, sich über Nacht in eine unbescholtene Bürgerin verwandelt. Im Gegensatz zu Gromyko. Das jahrelange berufs- und geschäftsmäßige Morden von Tieren hat abnorme Veränderungen in seinem Hirnkasten verursacht. Er kann es einfach nicht lassen, und sei es auch nur als Freizeitbeschäftigung.«
    Das klang nicht ganz unlogisch. Es paßte zu der verrückten Vorgehensweise des Täters. Aber so wie die Dinge standen, kamen wir mit der Beweisführung kaum weiter. Und da wir gerade bei bösen Menschen waren, drifteten meine Gedanken zu einem anderen Menschen ab, dessen Bösartigkeit in der augenbeleidigenden Darbietung gipfelte, wie er trotz seines Bauchs vom Umfang eines Getreidesilos an seine Zehennägel heranzukommen versuchte, um sie zu schneiden. Mich plagten Schuldgefühle, weil sich Gustav wegen meiner stundenlangen Abwesenheit sicher Sorgen machte und bestimmt schon Polizei und Feuerwehr alarmiert hatte. Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, daß er alle Nachbarn aus dem Bett klingelte, um einen Suchtrupp nach mir zusammenzustellen, Zettel mit meinem Foto nebst großzügigem Belohnungsversprechen für die Auffindung des Abgebildeten an die Bäume nagelte und dabei Rotz und Wasser heulte. Ich war sein einziger, sein ältester Freund, und die Liebe, die er in mir fand, tröstete ihn über all die Enttäuschungen seines Lebens hinweg. Verlöre er mich, verlöre er sich selbst. Auch so konnten Beziehungen zwischen Mensch und Tier aussehen!
    Andererseits würde ihm die kurzzeitige Panik auch eine Lehre sein. Künftig würde er sich wohl dreimal überlegen, ob er mich, einem dämlichen Fitneßideal huldigend, bei Sturm und Schnee aus dem Haus jagte. Ich wägte sogar ab, ob ich die Nacht nicht hier vor dem krematoriumgroßen Kamin verbringen und mich am nächsten Tag in der Pose des dem Sensenmann von der Schippe gesprungenen Polarforschers vor dem Toilettenfenster plazieren sollte, damit Herrchen mich fürderhin in meinen zwischen Meditation und Erleuchtung schwankenden Schnarchphasen nicht weiter behelligte. Doch dann schweifte mein Blick zum Herrchen dieses Hauses ab, was mich gehörig ernüchterte. Der greise Maximilian ging jetzt vor dem Kamin nachdenklich auf und ab, und der Saum seines scharlachroten Morgenrocks streifte wie eine majestätische Schleppe über das Parkett. Seine weiße Löwenmähne stand ihm zu Berge, die milchigen Augen funkelten unter Anspannung, die Hände ballten sich zu Fäusten, um im nächsten Moment über dem Kopf zusammenzuschlagen. Gelegentlich beugte er sich über den Laptop, studierte den Bildschirm mit zusammengekniffenen Augen und baute abermals die Fäuste. Kein Zweifel, in dem Mann rumorte es gewaltig, und die Gedankenschlachten, die er mit sich selbst austrug, schienen ihn in einen hübschen Nervenzusammenbruch zu treiben. Bewundernswert, daß einen Menschen das Schicksal von Tieren derart erregen konnte.
    »Ich muß mich leider von dir verabschieden, Fabulous«, sagte ich und sprang von der Fensterbank hinunter. »Auch wenn mich dein Futter zur Mitgliedschaft in eurem Club verleiten könnte, muß ich mich doch um einen dicken Mann kümmern, dessen Lage aus tierschützerischer Warte betrachtet inzwischen ebenfalls bedenklich sein dürfte.«
    »Ich begleite dich zum Ausgang«, sagte sie und kam ebenfalls herunter. Gemeinsam schlenderten wir durch die riesige Halle, bis wir die übereinandergestapelten leeren Käfige streiften. Fabulous registrierte meinen fragenden Gesichtsausdruck und schüttelte den Kopf.
    »Keine Angst. Francis, die sind nur als Zwischenstation für Agathas Lieblinge gedacht, wenn sie von den Jungs in den kommenden Tagen eingefangen werden. Sie werden in gute Hände weitergegeben, in solche, an denen kein Blut klebt. Dort drüben«, sie deutete mit dem Kopf auf die Stelle, die sich nicht so recht entscheiden wollte, ob sie ein Labor oder ein Operationssaal sein

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