Felidae 4 - Das Duell
Menschenschritt von ihm entfernt war.
«Pssst!«
Endlich horchte Adrian aut. Er blickte ängstlich zur Seite und schwenkte den Kopf zu mir herum. Als er nach einem Sekundenbruchteil der Verwirrung die Nervensäge Francis erkannte, zeigte sein Ausdruck eine Mischung aus Verblüffung und Entsetzen. Dann machte er ein Gesicht wie Walter Matthau, wenn dieser gerade mimisch eine von Jack Lemmons Zumutungen kommentiert. Er wollte etwas sagen, aber ich kam ihm zuvor.
»Gut, daß ich dich noch einmal treffe, Adrian«, flüsterte ich. »Glaubst du nicht, daß wir noch mal ins Internet gehen sollten, um zu erfahren, was es mit diesem Affentheater auf sich hat?«
Im Hintergrund erklang Fabulous' herzergreifendes Gejaule, das durch das Eishaus hallte.
»Francis, was machst du hier?« flüsterte Adrian mit nur mühsam unterdrücktem Groll in der Stimme zurück.
»Gegenfrage: Was machst du hier?«
Er merkte mir wohl meine Entschlossenheit an und gab sich von einem Moment zum anderen bußfertig. Flexibel war der Kerl ja, das mußte man ihm lassen.
»Okay, ich gebe es zu: Du bist der bessere Detektiv und hast mich beim Lügen erwischt. Von mir aus kannst du es jedem im Revier erzählen und dir den Erfolg ans Revers heften. Ich bin sogar bereit, öffentlich einzugestehen, daß ich alle an der Nase herumgeführt habe, damit du rehabilitiert bist. Aber sieh um Himmels willen zu, daß du verschwindest, Francis! Es geht hier um Leben und Tod. Du hast nicht den geringsten Schimmer, was auf dem Spiel steht.«
»Apropos Tod«, sagte ich, von seinem bereitwilligen Schuldeingeständnis kein bißchen beeindruckt. »Ich habe eine neue Leiche gefunden. Zur Abwechslung mal nicht stranguliert, vielleicht vergiftet …«
»Es spielt keine Rolle!«
Die Maske des reuigen Sünders hatte er recht schnell abgelegt. Er kehrte nun wieder den arroganten Schnösel heraus, der von einem alten Narr belästigt wurde.
»Wie meinen? Es spielt keine Rolle, daß unsere Artgenossen ermordet werden?«
Darauf antwortete er etwas wirklich Seltsames.
»Nein, das tut es nicht. Weil in Wahrheit gar niemand ermordet worden ist!«
Ich hatte plötzlich das Gefühl, als sei über mich eine schleimige Substanz ausgekippt worden, die mir zwischen die Fellhaare drang, in Sekundenschnelle eintrocknete und mich gleichsam versteinern ließ. Ohne mich als ewigen Besserwisser darstellen zu wollen: Eine derartige Ahnung hatte mich bereits nach dem Auffinden der ersten Leiche befallen. Alles hatte den Beigeschmack des Theatralischen. Und was Adrian sagte, paßte auch zu meiner Annahme, daß der Täter mit seiner Performance nur etwas mitteilen wollte.
»Sie sind nicht ermordet worden?« sprach ich mehr zu mir selbst. »Wo kommen die Toten denn her? Und was war die Todesursache?«
Adrian wirkte auf einmal weniger genervt denn beklommen.
»Francis, ich bitte dich, halt dich aus dieser Sache raus. Ob du mir glaubst oder nicht, es geht hier um nichts Geringeres als um mein Leben, darum, ob ich in Kürze selbst den Abgang machen muß oder nicht. Ja, du hast richtig gehört, ich werde sterben müssen, wenn ich nicht rechtzeitig einige wichtige Dinge in Erfahrung bringe. Es ist der falsche Zeitpunkt fürs Detektivspielen. Die Schuldigen sind unbesiegbar, mein Freund, es würde überhaupt nichts bringen, sie zu stellen. Halt dich bitte heraus, geh nach Hause und laß mich meine Arbeit tun!«
»Tut mir leid, Adrian, aber du hast mir schon viel zu oft einen Bären aufgebunden, als daß ich dir Glauben schenken könnte. Du bist mir ein paar Antworten schuldig. Was geht da drüben vor? Und wieso verschweigst du mir, woran die Artgenossen gestorben sind?«
»Ich kann es dir nicht sagen. Es würde alles gefährden . «
»Laß mich dir helfen«, sagte ich. »Ich kann dich nicht ausstehen, aber ganz unter uns: Ich brauche einen Kotzbrocken wie dich – als Aufputschmittel, damit mein altes Blut in Wallung gerät. Den medizinischen Luxus leiste ich mir!«
»Du kannst mir nicht helfen. Niemand kann mir helfen.«
»Nur nicht die Hoffnung verlieren. Wie wär's mit diesem netten Herrn hinter dem Dino. Oder dieser netten Dame ...«
Ich verließ meine Deckung, trat hinter dem Pinguin hervor und öffnete das Maul, um nach Fabulous zu rufen.
»Um Gottes willen, Francis, nein ...« schrie Adrian auf.
Just in diesem Augenblick fiel ein Schuß. Er donnerte durch den Raum, als hätte Gott mit der Zunge geschnalzt. Das Hallen des Knalls war noch nicht verklungen, da sah ich in der Ferne,
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