Felidae 4 - Das Duell
verschiedenen Körperteilen studieren. Der mit sämtlichen (schmutzigen) Farben getünchte Trotzkopf, der übrigens den Umfang mehrerer Medizinbälle besitzt, mag mit seiner eingefallenen linken Gesichtshälfte, seinem selbst gestandene Müllmänner in Ohnmacht versetzenden Gestank und seiner kaum jugendfreien Ausdrucksweise vielleicht nicht dem Ideal der Käuferschicht von DANDY CAT entsprechen. Doch kenne ich keinen treueren Freund und Helfer in der Not. Allerdings auch keinen, der einen mit seiner flegelhaften Art so schnell in die Flucht schlagen kann. Wo er wohnt, weiß niemand. Anzunehmen, daß er unschuldigen Zweibeinern im Viertel abwechselnd den Bedürftigen vorgaukelt, bis sie ihn vor lauter Anteilnahme bei sich aufnehmen, aber spätestens nachdem ihr Kühlschrank geplündert ist, ihre Biedermeiermöbel zerkratzt und der Urin aus allen Ecken stinkt, sie die Geduld verlieren und ihn zum Teufel jagen. Unkraut vergeht nicht, sagt man. Aber falls die Menschen dagegen eines Tages tatsächlich ein Mittelchen erfinden sollten, bleibt ihnen immer noch ein gravierendes Problem: Blaubart!
Über meinen Sohn Junior gibt es nicht viel zu erzählen. Außer daß er mir bis aufs letzte Schnurrhaar gleicht und wie alle männlichen Lebewesen in der Pubertät es mit Leichtigkeit mit den vier Apokalyptischen Reitern aufnehmen kann. Soweit ich mich erinnere, war seine Mutter von sanfter Natur. Ihre Erbanlagen scheinen bei Junior lediglich in der Form der Milz oder des Dickdarms durchgeschlagen zu haben. Mich schaudert es bei dem Gedanken, daß der Rest von mir stammen soll! Er lebt bei einer netten alten Dame, die an seinen Vernichtungsfeldzügen gegen alles, was mobil und immobil ist, wohl nur deshalb keinen Anstoß nimmt, weil sie wahrscheinlich längst das Zeitliche gesegnet hat, was nur noch niemandem weiter aufgefallen ist. Schlußendlich sei gesagt: Ja, ich liebe ihn mit jeder Faser meines Herzens! Und noch mehr liebe ich ihn, wenn ich nicht Zeuge seiner wilden Raufereien und sinnlosen Sachbeschädigungen werde, sprich: ihn kaum sehe.
Ein passendes Bild für das Zusammentreffen dieser beiden bezaubernden Charaktere zu finden, fällt schwer. Vielleicht könnte man den Vergleich von den zwei brisanten Chemikalien bemühen, die bei ihrer Vermengung um so heftiger explodieren, alles um sie herum verwüsten und dabei ein brüllendes Gelächter ausstoßen. Manch einer mag mir vorwerfen, daß der alte Francis nun wirklich alt geworden sei und keinen Spaß mehr verstehe. Okay, den Vorwurf stecke ich demütigen Hauptes ein. Als Gegenleistung verlange ich jedoch, daß Sie diesen Clowns eine Obhut in ihrer frisch gestrichenen, luxuriös eingerichteten, mit lederner Couchgarnitur, ausgesuchten Vasen und erlesenen Teppichen ausgestatteten Wohnung gewähren. Falls Sie nach einer Woche immer noch nicht in der Nervenheilanstalt gelandet sind und dort Ihren Kopf unaufhörlich gegen die Wand der Gummizelle hämmern, erhalten Sie von mir höchstpersönlich ein Zertifikat, daß Sie der auferstandene Jesus Christus sind!
Ich beobachtete das Treiben von Blaubart und Junior mit baff erstauntem Ausdruck. Es war unglaublich, wieviel sie schon verschwendet hatten. Das Zeug plätscherte von der Kreissäge herunter und bildete auf dem Boden einen matschigen Haufen. Ganz zu schweigen von dem Gestank, den Naßfutter in solcher Masse entfaltete. Ich trat noch ein paar Schritte näher.
»Francis!« brüllte Blaubart von seinem Turm herab, als er mich endlich erspähte.
Junior unterbrach seine Schlemmerei neben der Säge und riß den Kopf herum.
»Paps!« rief er froh, nachdem er mich erkannt hatte.
Die beiden verließen im Nu ihren Posten, eilten zu mir und rieben nach alter Sitte ihre Gesichter an meins. Bei Blaubarts strengem Odeur kam ich ein wenig ins Zweifeln, ob diese Sitte für alle Ewigkeit beibehalten werden mußte.
»Was führt dich ins Paradies, Paps?« sagte Junior. »Ich dachte immer, du wärst für die Hölle zuständig.«
»Nicht so keck, mein Sohn. Angesichts des hier veranstalteten Blödsinns besteht kein Grund für Späße. Man sollte das Futter ehren. Von der Menge, die ihr bis jetzt der Verderbnis anheimgegeben habt, könnten locker zwanzig Brüder und Schwestern satt werden.«
»Nu mach mal halblang, Klugscheißer«, knatterte Blaubart und verzog das Gesicht zu tausend Runzeln. Die verschrumpelte Fleischhöhle, wo einst das Auge gesessen hatte, ähnelte einem Krater in einer zerklüfteten Landschaft. Sämtliche Haare um
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