Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
Vom Netzwerk:
Kapazitäten des Fachgebiets Klinische Psychiatrie hätten stammen können.
    »Ihr braucht auch auf diese Frage nicht zu antworten. Deshalb die nächste Frage. Welches Datum haben wir heute?«
    »Den elften Juni.« Junior machte immer mehr den Eindruck, als sei er wegen des Kummers um seinen geliebten Vater selbst einem Zusammenbruch nahe.
    »Und welches Jahr?«
    »2012. Paps, was ist denn nur los mit dir? Gerade eben noch hast du völlig vernünftige Dinge von dir gegeben, und plötzlich redest du wie ein Anrufbeantworter mit durchgeschmortem Chip. Ich weiß zwar nicht, ob so etwas bei uns auch vorkommt, aber das sind für mich eindeutige Anzeichen eines verdeckten Schlaganfalls. Oder willst du den Clown spielen? Also, wenn das wieder eine Kostprobe deines seltsamen Humors sein soll, kann ich darüber nicht lachen.«
    »Aha, hab ich’s mir doch gedacht. Ich befinde mich immer noch in der Gegenwart.«
    »Du befindest dich wo? Soweit ich weiß, befindet man sich immer in der Gegenwart.«
    »Kommt drauf an. Das ist eine lange Geschichte, Junior. Folgt mir in den Garten, dann erzähle ich euch alles. Unter einer Bedingung: Keiner von euch darf aus bloßer Neugier aus dem Haus laufen, wenn Gustav gleich den Müll hinausträgt.«
    Wir verzogen uns unter den Schatten spendenden Flieder und hockten uns im Dreieck auf das Gras. Sancta und Junior hingen an meinen Lippen und schienen auf das, was ich zu sagen hatte, so gespannt zu sein wie auf die Offenlegung der vermeintlich jahrzehntelang geheim gehaltenen Berichte der US-Regierung über Außerirdische. Na ja, vielleicht wollten sie auch nur studieren, wie tief jemand, der stets die Vernunft für sich gepachtet hatte, von einem Moment zum anderen in den Wahnsinn abdriften konnte. Und das, was ich von mir gab, war ja auch nicht gerade das Normalste der Welt.
    Ich erzählte ihnen alles. Von der Sache mit dem Unfall, von der Sache in der Klinik und von der Sache mit der rückwärtslaufenden Zeit. Nur eine Sache verschwieg ich, nämlich die Sache mit Pi. Ich weiß nicht, warum ich das tat. Vielleicht weil es mir nicht wichtig erschien, da ich diese Traumfigur selbst für eine Erfindung meines überhitzten Verstandes hielt. Vielleicht aber auch, weil ich aus einem unerklärlichen Grund Pi wie einen Schatz ganz allein für mich hüten wollte. Vielleicht spürte ich damals schon instinktiv, dass er mir irgendwann einen wertvollen Freundschaftsdienst erweisen würde. Es klingt völlig verrückt, aber die Preisgabe dieser Information wäre für mich einem Verrat gleichgekommen.
    »Aufregende Geschichte«, sagte Junior, nachdem ich geendet hatte, fuhr sich mit einer Pfote mehrmals heftig übers Gesicht und stand auf. Mit nachdenklicher Miene begann er, Sancta und mich zu umkreisen. Die Sonne war inzwischen im Begriff unterzugehen, was in dieser Jahreszeit ein nimmer enden wollendes Farbfestival in Rot, Bordeauxviolett und Blau nach sich zog. »Und du veralberst uns wirklich nicht?«
    »Nein. Und wenn, dann wäre es ein ziemlich in die Länge gezogener Witz ohne Pointe. Außerdem hasse ich es, Witze zu erzählen.«
    »Okay. Vielleicht eine Sinnestäuschung. Ich meine, alte Leute haben manchmal … entschuldige, Paps, aber wenn man in ein gewisses Alter kommt, da setzt der Verstand bisweilen …«
    »Ach ja? Woher weißt du eigentlich, dass man im Alter automatisch verblödet, lieber Sohnemann? Liest du denn so häufig die Rentner-Bravo, das heißt die Apotheken Umschau ? Du schlitterst gerade haarscharf an Altersdiskriminierung vorbei. Deshalb habe ich soeben beschlossen, dich zu enterben: Du wirst nach meinem Abgang meinen Napf nicht bekommen! Mach dir mal um meinen Verstand keine Sorgen. Mit deinem in der Pygmäen-Variante kann er es noch jederzeit aufnehmen. Junior, Sancta, ich hätte euch in die ganze Sache nicht eingeweiht, wenn ich sie nicht so real empfunden hätte wie den jetzigen Augenblick.«
    »Tja, dann gibt es nur eine einzige Erklärung, Paps.« Ja, das war mein treuer Sohn. Er ging in keiner Weise auf die von mir abgeschossenen Giftpfeile ein. »Du hast alles nur geträumt.«
    »Stell dir vor, das ist mir auch schon eingefallen. Allerdings nur, was den ersten Teil der Story angeht. Ich sagte ja schon, dass ich mich nach der Klinik-Episode so gefühlt habe, als sei ich aus einem Traum erwacht. Doch danach fing der Spuk mit der rückwärtslaufenden Zeit erst richtig an. Es kann sich dabei tatsächlich um eine vorübergehende Sinnesstörung gehandelt haben. Aber dann

Weitere Kostenlose Bücher