Felidae
sich bietenden Nacken. Eine wahnsinnig aufregende Auflösung, nicht wahr?
- Professor, diese Behauptung ist doch blanker Unsinn! Sie scheinen tatsächlich eine Affinität zu abgedroschenen Horrormotiven zu besitzen, wie man es auch im Falle Ihres Scheiterns an Ihrem Forschungsgegenstand vortrefflich beobachten konnte. Das mit der »Superrasse« ist mir einfach zu blöd. Erstens bedarf es zur Züchtung einer speziellen, schon gar einer so außergewöhnlichen Rasse eines sehr langen Zeitraumes, beziehungsweise vieler Generationen der zu selektierenden Tiere. Zeit aber war das wenigste, was Sie besaßen. Zweitens wurde in dem Tagebuch zwar in nebulösen Andeutungen der Wunsch nach der Züchtung einer omnipotenten Spezies erwähnt, jedoch rein gar nichts von der Genesis einer Mörderrasse. Und drittens hat die Zucht der Mörderrasse (gesetzt den unwahrscheinlichen Fall sie ist tatsächlich entstanden) ganz offensichtlich mit der Schließung des Labors ein Ende gefunden, und die Tiere sind wieder verwildert. Also verschonen Sie mich bitte mit Ihren Ammenmärchen, und rücken Sie mit der Wahrheit heraus!
- Stimmt, ich habe ein bi ß chen geschwindelt. Nun aber will ich endgültig die Wahrheit sagen. Also jetzt die fellüberzogenen Ohren gespitzt und aufgepa ß t: Ich gestehe, ich bin der Mörder! Wie Sie wissen, wurden die schrecklichen Ereignisse am Ende des Jahres 1980 im Tagebuch nur sehr vage angedeutet. Und das gibt Anla ß zu Spekulationen, oder nicht? Ja, ja, am Ende meines wissenschaftlichen Wirkens wurde ich ziemlich verrückt. Das ewige Grübeln über die »Suppe«, über Ihre Art und insbesondere über Claudandus' Genaufbau raubten mit den allerletzten Funken Verstand. Sie müssen jedoch Ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Auslöser meiner Psychose richten, und dieser war nun einmal die zu intensive Beschäftigung mit Ihrer Gattung. Ich habe gewissermaßen einen Narren an euch kleinen Biestern gefressen. Um es kurz zu machen, ich bin nach dem bedeutendsten Fiasko meines Lebens weder im Irrenhaus noch in einem Sarg gelandet. Im Gegenteil, ich erfreue mich bester schizophrener Gesundheit, schleiche wie das Phantom in der Oper im Distrikt umher und töte eine Felis nach der andern. Warum? Na, weil ich wahnsinnig bin, vollkommen wahnsinnig, verstehen Sie? Und gefährlich! Dabei tarne ich mich selbstverständlich geschickt, halte mich penibel an die animalischen Gepflogenheiten und bringe meine Opfer mit ihrer artspezifischen Methode, das heißt mit einem Nackenbi ß , zur Strecke. Ist das nicht genial?
- Ich fürchte, Professor, Sie sind noch verrückter als Sie glauben, denn Sie haben offenbar keine Kontrolle mehr über Ihre Phantasie. Sie können doch nicht allen Ernstes von mir erwarten, da ß ich Ihnen diesen Phantom-in-der-Oper-Quatsch abkaufe? Schauen Sie, es ist kinderleicht, Ihre Lügen zu entlarven. Angenommen, Sie haben sich, nachdem Sie übergeschnappt sind, wahrhaftig eine Phantomexistenz zugelegt, um meinesgleichen die Nacken zu bearbeiten, was in der Tat eine blödsinnige und reichlich unlogische Vorstellung ist. Wo haben Sie sich seitdem versteckt? Von was haben Sie sich ernährt? Immerhin sind inzwischen acht Jahre vergangen. Wurden Sie niemals krank? Sie sind kein kleines Tier, irgendjemand hätte Sie sehen müssen, wie Sie nachts unschuldigen Felidae hinterher jagen, womöglich auf allen vieren. Außerdem haben Sie allem Anschein nach nicht mehr alle Tassen im Schrank, was ausschließt, da ß Sie zu solch komplizierten und Ausdauer erfordernden Aktionen in der Lage sind.
Ich habe eine andere Theorie. In Ihrem Frankenstein-Labor wurden von Ihnen Experimente durchgeführt, für die die Veterinärbehörde sich weigerte, Genehmigungen auszustellen. Wie ich mich mit eigenen Augen überzeugen konnte, laufen die lebendigen Beweise dieser verbotenen Experimente im Revier noch frei herum. Da ß es in der letzten Phase Ihrer irrsinnigen Forschereinsiedelei zu, na sagen wir mal, einer Meuterei im Laboratorium kam, in deren Verlauf sich die Versuchskaninchen befreien konnten, wurde mir von einer geliebten, inzwischen ebenfalls ermordeten Freundin namens Felicitas zugetragen, wenn auch lediglich in Form einer unscharfen Traumbeschreibung. Tatsache ist, dass die Opfer der unmensch... nein, untierischen Versuche noch unter uns leben. Die Verantwortlichen bei PHARMAROX aber mu ß ten um jeden Preis verhindern, da ß dieser unerhörte Tierquälerei-Skandal, der ja letztendlich auf ihrem Mist gewachsen war, an die
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