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Felidae

Felidae

Titel: Felidae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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Parkettboden herauswachsenden losen Stromkabeln, die auch ihm ehemals Schmerzen zugefügt hatten. Er hatte dies gerade ausgesprochen, da schlurften auch schon die ersten Gäste herein, eine nicht enden wollende Karawane Neugieriger hinter sich herziehend, die aus Artgenossen unterschiedlichster Rasse, Fellfarbe und Altersstufe bestand. Obwohl es sich hauptsächlich um ganz gewöhnliche Europäisch Kurzhaar handelte, strömten auch so seltene Exemplare wie die faltohrige Scottish Fold, die stolze Somali, die schwanzlose Manx, die zierliche Japanese Bobtail und die Devon Rex, deren Gesicht dem einer Fledermaus nicht unähnlich war, in den Raum. Manche Mütter waren in Begleitung ihrer Jungen angetreten, die unbefangen miteinander rauften. Die Platzhirsche des Distrikts und ein paar der Greise trugen theatralisch skeptische Gesichter zur Schau und machten auch sonst keinen Hehl daraus, da ß sie solche Veranstaltungen für baren Unsinn hielten. Aber obwohl sie mit absoluter Sicherheit alles mögliche unternehmen würden, Pascal und mich der Lächerlichkeit preiszugeben, konnte man hinter ihren Fassaden der Ablehnung eine gewisse Gespanntheit und Neugier erkennen. Andere Artgenossen wiederum sahen in dem Ganzen so eine Art Weihnachtsparty, die ihnen Gelegenheit bot, gesellschaftliche Kontakte aufzufrischen. Sie beschnüffelten und leckten sich grüßend, ließen uralte Feindschaften wieder aufleben und fauchten sich gegenseitig an oder ließen sogleich eine wilde Prügelei vom Stapel. Die Mehrzahl der Eingeladenen jedoch schien der Sache ernsthaftes Interesse entgegenzubringen, da die Schreckenstaten inzwischen sattsam bekannt waren und für eine Atmosphäre der permanenten Bedrohung gesorgt hatten.
    Der schummerige Ort füllte sich nun immer schneller, und zum ersten Mal erhielt ich einen nahezu vollständigen Eindruck von der großen Zahl der im Revier lebenden Krüppel. Was ich bis dahin gesehen hatte, erschien mir in Anbetracht dieser armen Kreaturen wie eine Kostprobe. Viele Wunden, die den Opfern seinerzeit von Preterius beigebracht worden waren, waren nämlich keineswegs sauber ausgeheilt. Ihre malträtierten Leiber waren von hä ß lichen langen Narben übersät, in deren unmittelbarer Umgebung kein Fell mehr nachgewachsen war und die ihnen das Aussehen von Kriegsinvaliden verliehen. Auffällig war auch die große Zahl von Artgenossen, denen entweder der Schwanz oder eine Pfote fehlten.
    Als Schlußlichter stießen Kong und seine obligatorischen Herrmänner zu der Versammlung, denen von der Masse ehrfürchtig ein Korridor freigemacht wurde. Das bullige Vieh stolzierte bis in die vorderste Reihe, legte sich dort mit dem selbstherrlichen Gehabe eines Paschas lang und ließ auf seinem Gesicht ein rotzfreches Lächeln erscheinen, als wolle er uns sagen, da ß es nicht in unserer Macht stand, den Startsch uß für ein Turnier abzugeben, sondern einzig und allein in der des Königs.
    Das Gemurmel und Getuschel erstarb allmählich, und alle hockten sich hin und richteten ihre erwartungsvollen Blicke auf Pascal und mich.
    »Liebe Freunde, wir danken euch, da ß ihr unserer Einladung so zahlreich gefolgt seid«, eröffnete Pascal und erhob sich beschwerlich von seinem Platz. Die Legion der Artgenossen sah in der geisterhaft fahlen Helligkeit wie ein besonders flauschiger Teppich aus. Blaue, grüne, gelbe und haselnu ß farbene Augen leuchteten darin wie phosphoreszierende Glasmurmeln, gefüllt mit Spannung und Ungeduld.
    »Hoffentlich kriegen wir was geboten, Gevatter. Sonst mu ß irgendwer kräftig büßen, da ß ich meinen geliebten Weihnachtsfilm im Fernsehen verpa ß t habe!« tönte Kong in seiner großtuerischen Art, was, forciert von Herrmann und Herrmann, eine pflichtschuldige Lachkaskade beim Publikum auslöste. Doch in Pascal hatte er seinen Meister gefunden. Im Gegensatz zu mir ließ sich dieser nicht so schnell einschüchtern, und er unterließ es ebenso, dem blöden Zwischenruf mit ironischer Schlagfertigkeit zu begegnen. Wutentbrannt trat er auf den einfältig grinsenden Witzbold zu und funkelte ihn böse an.
    »Kong, du idiotisches Rhinozeros!« wies er ihn barsch zurecht. »Wenn du auch nur einen Funken Anstand hättest, dann würdest du wenigstens so tun, als trauertest du um deine Solitaire. Spar dir deine dummdreisten Scherze und hör zu, was wir an neuen Informationen zu bieten haben. Sie könnten vielleicht dazu führen, den Mörder deiner gemeuchelten ungeborenen Kinder zu schnappen.«
    Kongs

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