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Felipolis - Ein Felidae-Roman

Felipolis - Ein Felidae-Roman

Titel: Felipolis - Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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sogar beinahe den Grund vergessen, weshalb ich mir überhaupt so viel Mühe gegeben hatte, den Fall zu lösen. Da war es mir auch egal, wer letzten Endes wen die Treppe runtergeschubst
und wer wo Dreck am Stecken hatte. Und es gab noch eine andere Veränderung in meiner Psyche. Meine krankhafte Neugier hatte ein neues Objekt der Begierde gefunden: Felipolis.
    »Ich komme mit!«, sagte ich.

17
    Aus den Lautsprechern des voll klimatisierten Busses erklang leise »Verklärte Nacht« von Arnold Schönberg, Musik, die in ihrer Elegiehaftigkeit vorzüglich zu unserer besoffenen Stimmung passte. All die cremefarbenen Sitze waren drei- und vierfach von Artgenossen belegt, und ein Mensch hätte fliegen müssen, um im Mittelgang auf keinen Schwanz zu treten. Im Dämmerlicht der Deckenleuchten regte sich nicht eine Pfote, und kein lautes Atmen und kein Räuspern störte die kontemplative Atmosphäre. Wenn man sich nach hinten wandte, konnte man durch die große Heckscheibe die beiden uns folgenden Busse sehen, die wie übergroße Lampions in der Dunkelheit leuchteten.
    Die draußen an uns vorbeirauschende Nacht schien von einer Verklärtheit weit entfernt. Das Sommergewitter hatte zu flutähnlichen Zuständen geführt. Manchmal erhellten Blitze die Straßen, welche unter den niederkommenden Wassermassen schier zu versinken drohten. Man hätte sich der Fantasie hingeben können, dass sämtliche Häuser an diesen Straßen verschwenderisch Tränen vergossen, weil alle Felidae aus ihnen ausgezogen waren. Trotz meines angenehm benommenen Zustandes jagte mir dieser Gedanke einen Stich ins Herz. Doch je weiter wir kamen, desto weniger Häuser sah man, und am Ende gar keine mehr. Die Strecke
zum Flughafen war mir nicht geläufig, doch beschlich mich das Gefühl, dass der Busfahrer vielleicht nicht gerade die kürzeste Strecke nahm.
    Sancta hatte sich an mich geschmiegt und blickte traumversunken ins Nichts. Vielleicht wäre es angebracht gewesen, ihr nun ein paar ernsthafte Fragen zu stellen. Weshalb um alles in der Welt sie auf die irre Idee verfallen war, ihre hübsche Nase in dieses schwindelerregende Kuddelmuddel hineinzustecken, zum Beispiel. Oder wie es dazu kommen konnte, dass sie sich ausgerechnet von denen, deren dunkle Machenschaften sie aufzudecken trachtete, hatte missionieren lassen. Ja, da wären einige Fragen zu klären gewesen. Doch interessierten mich die Antworten auf diese Fragen momentan so brennend wie die Autobiografien von Micky und Minnie Maus. Bisweilen regte sich in mir noch der eine oder andere kritische Gedanke, aber diese wurden gleich unter dem tosenden Strom des Wohlgefühls und eines schier buddhistischen So-wie-es-ist-ist-es-gut-Gefühls begraben.
    Herzl und seine schöne Tochter lagen ein paar Sitze weiter vor uns und ließen ihre grauen Schwänze wie in Zeitlupe hinund herwedeln. Gelegentlich spähte der eingebildete Professor um die Rückenlehne herum und beobachtete mich neugierig. Vermutlich konnte er es immer noch nicht fassen, dass er am Ende selbst seinen stärksten Widersacher auf seine Seite gezogen hatte. Er konnte beruhigt sein, denn das Gas, was für ein Teufelszeug es auch immer gewesen war, hatte aus mir einen hirnamputierten Hippie gemacht. Am liebsten hätte ich dem alten Knaben das Peace-Zeichen entgegengestreckt.
    Na ja, vielleicht kratzte an dem ganzen Harmonielack doch noch ein letzter Zweifel. Bis jetzt hatte ich noch kein
einziges Verkehrsschild gesehen, das auf den Flughafen hinwies. Und als ich mich endlich dazu aufraffte, einen letzten Rest an Interesse aufzubringen und einen geschärften Blick aus dem Fenster zu riskieren, stellte ich fest, dass wir uns mittlerweile nicht einmal mehr auf einer asphaltierten Straße befanden. So wie es aussah, fuhren die Busse inzwischen auf einer Landstraße durch ein dicht bewaldetes Gebiet. Die am düsteren Firmament in Serie explodierenden Blitze tauchten die vom Sturmregen durchpeitschten, ineinander verschlungenen Bäume am Wegesrand in ein geisterhaftes Leuchten. Vor uns schien nur unergründliche Finsternis zu liegen, in die sich die Strahlen der Scheinwerfer wie Schwerter hineinbohrten. An den großen Panoramascheiben perlte der Regen so heftig ab, als würden wir durch eine Autowaschanlage fahren. Der Dauerniederschlag auf dem Dach steigerte sich zu einem immer aggressiver werdenden, enervierenden Getrommel.
    So langsam, aber wirklich sehr langsam freundete ich mich mit dem Gedanken an, dass wir uns wohl tatsächlich nicht auf dem

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