Felipolis - Ein Felidae-Roman
Wüten und nur für Augenblicke das vergebliche Trampeln und die entsetzlichen Schreie der beiden, die in diesem Inferno gefangen waren.
›Herzl, mej Bester! Du meschuggenes Aas - das hast du nun davon!‹, wollte ich ihm noch nachgerufen haben, aber kein Ton entrang sich meiner Kehle, während ein herzzerreißendes »Aaaahhh!« durch die ganze Menge ging. Eine adäquate Reaktion auf den barbarischen Akt blieb freilich aus. Wie sollte sie auch erfolgen, wenn der Wille zu irgendeiner Handlung in Fesseln lag, einbetoniert war wie eine Mafia-Leiche. Marc Forster legte den Hebel wieder nach oben und öffnete die Ofenklappe. Im Innern sah man nun nichts weiter als zwei Aschehaufen und Bruchstücke von Knochen, die ihrer Pulverisierung getrotzt hatten. Herzl und Domino, Vater und Tochter, die sich für uns so sehr ein eigenes Reich
gewünscht hatten, sie waren jetzt in ein Reich übergewechselt, wo jeder Wunsch in Erfüllung ging.
»Keine Sorge, liebe Freunde«, sagte Forster und wandte sich wieder an uns. »Mein Geschäftsmodell ist durch Dominos Ableben keineswegs seiner Grundlage entzogen. Im Kantsky -Haus wird gerade ein vom Original nicht im Geringsten unterscheidbares neues Exemplar angeliefert, das ihre Stelle einnehmen wird. Ein Double sozusagen. Das ist das Gute an euch: Ihr seht alle gleich aus!« Er nickte seinen Handlangern zu, die sich daraufhin wahllos Artgenossen aus der Menge griffen und zu den Öfen trugen.
Sancta und Sumra von Wechselberg starrten mich mit versteinerten Gesichtern eindringlich an. Hinter ihren reglosen Mienen erahnte ich ihre unerträgliche Verzweiflung. Ich hoffte nur, dass mich und uns alle meine komische Idee von vorhin retten würde. Es war die letzte Chance, die Gott mir in Aussicht gestellt hatte. Deshalb begann ich aus vollem Halse zu lachen. Zunächst drehten sich nur die umstehenden und dann nach und nach alle Artgenossen zu mir um und bestaunten mein abstruses Verhalten. Ich glaube, sogar Forster hielt inne und linste baff in meine Richtung.
»Das ist super! Das ist toll!«, frohlockte ich und kringelte mich vor Lachen. »Lasst uns auch ein bisschen Spaß haben. Lasst uns auch was verbrennen.« Noch bevor die anderen verdaut hatten, um was es überhaupt ging, sprang ich aus dem Stand in einem hohen Bogen auf Forster zu und landete auf seiner rechten Schulter. Das wirkte wie ein Dammbruch. Alle Spitzohrigen brachen daraufhin ebenfalls in ein befreiendes Gelächter aus, und mindestens dreißig von ihnen, allen voran jene von der Sumra-Truppe, hechteten auf den
Möchtegern-Krösus. Der Rest der Menge verfuhr auf die gleiche Weise mit seinen Handlangern. Innerhalb von Sekunden entstand ein unglaubliches Tohuwabohu. Die Steigerung der Ekstase im Visier, fielen Hunderte von Felidae gleich einem Heuschreckenschwarm über die Menschen her. Bald waren sie unter mannigfaltigen Fellen förmlich begraben.
Forster wurde durch die Wucht der Masse mit dem Oberkörper rücklings gegen den Ofen gedrückt, sodass sein Hals und sein Kopf in die Röhre gerieten. Bei der hilflosen Zappelei fiel ihm etwas aus der Jackentasche. Ich sprang von seiner Schulter rasch auf den Feuerhebel, worauf dieser durch mein Gewicht nach unten sauste. Aus den Düsen im Boden stachen riesige Flammenzungen mit der Erbarmungslosigkeit von Gottesstrahlen empor und hüllten den Schädel des Meisterdiebs ein. Ein kehliger Schrei wie ein Wolfsgeheul entrang sich seiner Kehle, wobei er den Kopf, von dem sich schon erste Hautfetzen lösten, wie einen außer Kontrolle geratenen Apparat hin- und herschlug. Er versuchte verzweifelt, die zahllosen Berauschten wegzureißen, die sich an seinem Körper festgekrallt hatten. Doch diese gerieten umso mehr in Ekstase, je dringlicher er sie loswerden wollte. Es war, als würden sie ihn kitzeln. ›Was inflationär ist, hat keinen Wert‹, hatte er eben noch getönt. Tja, Wert vielleicht nicht, aber dafür gewaltigen Nachdruck.
Aus den Augenwinkeln registrierte ich, dass die beiden Handlanger etwas mehr Glück gehabt hatten. Die beiden Männer hatten es irgendwie geschafft, sich von der dramatischen Übermacht nicht in die Öfen quetschen zu lassen. Sie waren ebenfalls überall traubenartig von Pelzträgern behangen. Wegen der unzähligen Krallenstiche und Bisse stießen
sie permanent Schreie aus, als stürben sie Tausend kleine Tode, doch gelang es ihnen dabei, sich Stück um Stück zum Tor zu bewegen. Schließlich schaffte es einer von ihnen, die Taste am Rahmen zu bedienen. Das
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