Felipolis - Ein Felidae-Roman
ihr Vertrauen und wurde zu einer Art Ersatzenkel. Zugleich nutzte ich meine Kontakte zu einem Zuchtbetrieb in Wien und ließ von dort eines der intelligentesten Exemplare zu Kantsky schicken, um damit die vereinsamte Konzernchefin zu trösten. Wie es der glückliche
Zufall wollte, inspirierte mich Dominos krause Felipolis-Ideologie und Adelheids emotionale Abhängigkeit von ihr zu einer neuen hübschen Idee. Ich beschloss, mit Dominos Hilfe eine verrückte Erbschaftsposse zu inszenieren. So konnte ich mir klammheimlich den ganzen Laden unter den Nagel reißen und ein paar Scheinchen von anderen Superreichen noch dazu. Danke, Domino! Danke, Herzl! Danke, ihr Tiere.«
Er ging beschwingten Schrittes durch die Menge und näherte sich uns. Im ersten Moment befürchtete ich, dass er wieder auf mich aus war, weil ich ihm schon so viel Ärger bereitet hatte. Nicht, dass mich das in meinem trandösigen Zustand besonders gejuckt hätte, konnte ich mich doch nur unter Mühen zu irgendwelchen Gefühlsregungen aufraffen. Aber ein bisschen mulmig war mir schon zumute. Völlig grundlos, wie sich herausstellte. Denn als Forster bei uns angelangt war, beugte er sich nieder und schnappte sich statt meiner Domino und Herzl an ihrem Nackenfell. Dann nahm er sie behutsam auf die Arme und spazierte zu den Öfen zurück.
»Und warum das alles, liebe Freunde?«, fuhr er fort, während er seine Wangen zärtlich an seinen beiden Lieblingen rieb. Herzl blickte drein, als habe man ihm einen Besenstiel in eine bestimmte Öffnung gerammt. Offenkundig kam er mit den Wendungen in Serie kaum noch mit. Das graublaue Schlaffgesicht sah noch schlaffer aus als sonst, die goldenen Augen wirkten wie verglüht, und das dichte dunkelgraue Fell war durch den ganzen Rummel völlig zerzaust. Domino, vor ein paar Tagen noch meine Spontanliebe, machte keine bessere Figur. Das Geschöpf, dessen Schönheit, aber auch Hilflosigkeit
mich so erschüttert hatte, war mittlerweile ein ganz anderes geworden. Ihr Liebreiz blendete mich nicht mehr, weil ich am eigenen Leib erfahren hatte, um was für ein irrsinniges und heuchlerisches Früchtchen es sich bei ihr handelte. Sie war lediglich eine grandiose Fassade, hinter der sich ein Höllenschlund auftat. Gedopt und von ihren eigenen Freveltaten eingeholt, wirkte sie wie die hässliche Karikatur einer Schönheit. Auch ihre kurzen, seidigen und abstehenden Fellhaare waren völlig zerzaust, die strahlenden Goldaugen von einem milchigen Schleier überzogen, und das einst attraktiv Feingliedrige an ihr hatte sich in eine krankhafte Fragilität verwandelt.
»Ja, warum das alles«, wiederholte Forster seine Frage, um sie dann selbst zu beantworten. »Gier! Ich weiß gar nicht, was die ganze Welt plötzlich dagegen hat. In den Achtzigern gehörte es zum guten Ton, wenn man den Hals nicht vollkriegen konnte. Die Leute damals hatten wenigstens Stil. Nur weil wir jetzt eine Weltwirtschaftskrise haben, braucht man doch nicht so zu tun, als sei eine Jacht mit zwei Hubschrauberlandeplätzen eine Gotteslästerung. Ich persönlich mag Jachten mit zwei Hubschrauberlandeplätzen. Schon wegen der Optik. Doch einen Staat ganz für mich allein - ich möchte gar keinen. Aber eine Insel! Gerne. Ja, ihr habt richtig gehört, Felipolis wurde weder für euch noch für diese alten Geldsäcke erworben, die ihr Wasser nicht mehr halten können. Jetzt bestimme ich über das Schicksal von Kantsky . Ich werde zwar keinen Staat besitzen, doch bin quasi ein Ein-Mann-Staat in der Staatengemeinschaft. Ach, beinahe hätte ich es vergessen: Der A380 auf dem Flughafen ist auch nur für mich und meine verschwiegenen Freunde reserviert.
« Er zwinkerte den beiden schmierigen Türstehern zu. »Nach all dem Stress habe ich mir einen kleinen Kurzurlaub unter Palmen redlich verdient. Ihr könnt leider nicht mitkommen, liebe Freunde. Denn ihr tretet nun eine radikal andere Reise an. Ich glaube zwar kaum, dass ihr als Zeugen etwas taugt, falls mir mal ein überambitionierter Anwalt was am Zeug flicken will, aber sicher ist sicher. Nochmals Danke!«
Er drückte Herzl und Domino jeweils einen Kuss auf die Stirn, fuhr blitzschnell herum, schmiss sie in den Ofen, schloss die Klappe und betätigte den eisernen Hebel nach unten. Wir alle sahen, wie durch die Ritzen an den Klappenrändern ein Licht heller als die aufgehende Sonne herausschoss. Binnen einer Sekunde musste das Feuer im Innern des Ofens eine Höllentemperatur erreicht haben. Wir alle hörten sein dumpfes
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