Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick
ich.
Sie nickte langsam. »Wahrscheinlich.«
Ich ging durch den Flur zum Arbeitszimmer, wobei ich nur leicht humpelte.
Super-Cop James stand neben der Tür und wappnete sich, um mich zu attackieren, sobald ich hereinkam. Wie vorauszusehen gewesen war, ging er mir sofort an die Gurgel. »Ich nehme doch stark an, dass Sie hergekommen sind, um sich zu entschuldigen«, knurrte er. »Um ihretwillen hoffe ich doch, dass dies der Grund für Ihren Besuch ist.«
Ich war zu müde für läppische Spielchen. »Nein«, antwortete ich, »das nehmen Sie überhaupt nicht an. Sie nehmen an, ich sei gekommen, um Sie zu erpressen. Sie hoffen, dass Sie mich möglichst billig abspeisen oder mir so viel Angst einjagen können, dass ich es mir anders überlege.«
Seine Augen wurden einen klitzekleinen Bruchteil größer, seine Lippen teilten sich und entblößten seine zusammengebissenen Zähne. Er stand unter einer solchen inneren Anspannung, dass er jeden Moment zerbrechen konnte, wenn man nicht ausreichend behutsam mit ihm umging. Aber ich kannte ihn nicht gut genug, um meine Vorgehensweise seinen empfindlichen Sensibilitäten anzupassen, daher kam ich direkt zum Punkt.
»Sie haben recht«, sagte ich. »Dies ist eine Erpressung. Aber im Gegensatz zu allem, was man Ihnen bisher über Erpressung erzählt hat, verschwinde ich und lasse Sie in Ruhe, wenn Sie mir zu dem verhelfen, was ich will, und das ist nicht Geld, sondern Information. Ich will, dass Sie mir eine Handvoll Polizeiakten besorgen. Drei, um genau zu sein. Meinen Sie, das könnten Sie tun?«
Dodson lachte kurz und gepresst; es klang, als wäre es mit heftigen Schmerzen verbunden.
»Nur Information? Sie wollen, dass ich Papierkram der städtischen Polizei stehle? Gegen alles verstoße, was meinen Beruf ausmacht? Können Sie mir einen einzigen Grund nennen, weshalb ich Ihnen wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt nicht eins aufs Maul hauen und Sie dann verhaften soll?«
Ich nickte mit fester Miene. »Ja«, sagte ich. »Einen. Davey Simmons. Laut allen Zeitungsberichten, die ich in die Finger kriegen konnte, erstickte er, nachdem er einen Cocktail aus Superkleber und Frostschutzmittel aus einer Asda-Tüte inhaliert hatte. Kein schöner Tod.«
Alle Farbe wich aus Dodsons Gesicht, bis es glänzte wie, nasser Zement. Er ließ sich in seinen schwarzen Lederschreibtischsessel sinken. Ich sah, dass er dem Tod ins Gesicht schaute. Nicht seinem eigenen – er sah aus, als wäre er damit weitaus besser zurechtgekommen –, sondern dem eines anderen. »Davey war eine menschliche Katastrophe«, sagte er ohne große Überzeugung.
»Ja. Das habe ich auch gelesen. Zerrüttete Familie, dauernd in Schwierigkeiten. Aber die Polizei glaubte trotzdem, es sei eine blutige Inszenierung. Hat einer von Ihren Kumpels sich je mit Ihnen über die weniger auffälligen Punkte unterhalten?«
Dodson warf mir einen mit tiefem Hass erfüllten Blick zu. »Nein«, antwortete er knapp.
»In seinem Haar fand man Klebstoff. Auch auf der rechten Wange. Es war, als wäre die Tüte über seinen gesamten Kopf gestülpt gewesen und nicht nur über Mund und Nase – was, wie ich annehme, eine beliebte Praxis bei Fans leimdämpfegeschwängerter Freizeitaktivitäten sein dürfte. Die Blutergüsse an seinen Handgelenken machten sie auch nachdenklich. Könnte ihn jemand gepackt und ihm den Beutel über den Kopf gezogen und dann festgehalten haben, bis er starb? Es wäre doch ganz schön beschissen, jemandem so etwas anzutun, oder?«
Ein langes Schweigen setzte ein, anfangs voller Spannung, die jedoch nachließ, als aus Dodsons Wut allmählich Verzweiflung wurde. »Es war ein Scherz«, flüsterte er so leise, dass er kaum zu verstehen war.
»Ja?«, fragte ich ohne Mitgefühl. »Wie lautet die Pointe?«
Dodson hatte mich anscheinend nicht gehört. »Peter und seine Freunde fanden … Simmons in einer Toilettenkabine. Er hatte das Zeug in der Plastiktüte gemischt und inhalierte es zuerst. Sie wollten ihm Angst machen. Zum Spaß. Ihm eine Lektion erteilen.«
Diesmal ließ ich das Schweigen etwas länger dauern. Dann legte ich den kleinen Stapel Zettel, den ich von Nicky erhalten hatte, vor ihm auf den Schreibtisch. Er starrte ihn mit stumpfem Blick an.
»Diese drei«, sagte ich und wies auf den Stapel. »Die, die ich markiert habe. Die interessieren mich. Ich will Autopsieberichte, Zeugenaussagen und alles, was Sie darüber in die Finger kriegen. Bis heute Abend.«
Er schüttelte den Kopf. »Unmöglich«,
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