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Felix, der Wirbelwind

Felix, der Wirbelwind

Titel: Felix, der Wirbelwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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er unter einer riesigen Trauerweide einen herzergreifenden Blues in die Welt hinausblies.
    Manchmal wehten Fetzen seines Blues zum Bolzplatz hinüber, auf dem Willi in seinem Schaukelstuhl unter einem Regenschirm saß, den er an der Lehne festgeklemmt hatte. Seit dem Trainingsverbot war er einsam und arbeitslos. Seinen Kiosk musste er gar nicht mehr aufschließen, weil es keine Kunden mehr gab. Doch so schwermütig und verzweifelt Marlons Melodien auch waren: Willi blieb eisern und hart und rührte sich nicht von der Stelle. Auf was wartete er nur? Was hatte er vor? Was sollten wir, die Wilden Kerle, nur tun?
    Wir wussten es nicht. In der Alten Allee Nr. 1 spielte Maxi drei Tage lang mit seiner jüngeren Schwester Barbiepuppen- einfamilienhausfamilienglück. Dann stand er auf, sortierte seine Fußballkollektion, listete seine kostbare Sammlung auf und faxte die Liste mit der Bitte um eine Verkaufsanzeige an „Kurz und Fündig". Wozu brauchte er seine Fußbälle noch? Sie erinnerten ihn nur schmerzhaft an etwas, was jetzt nicht mehr war.
    Am schlimmsten aber erwischte es Raban. Raban, den Helden, der wirklich für ein paar kurze Wochen unser Held gewesen war. In der Rosenkavaliersgasse Nr. 6 griff Raban freiwillig zum Telefon, rief die Freundinnen seiner Mutter an und bat deren Töchter reumütig, ihn zu besuchen. Zehn Minuten später standen die mit Schleifchen und Rüschen bewehrten drei kleinen Monster vor seiner Tür, doch Raban war das egal.
    Er saß schon auf dem Stuhl in der Halle und wartete darauf, das Versuchskaninchen für ihre Schminkköfferchen und Miniatur-Lockenstäbe zu sein.
    Das war am dritten Tag nach dem Beginn des ewigen Regens, am dritten Tag nach unserem Besuch im Himmelstor Nr. 13, am dritten Tag nach Giacomo Ribaldos vernichtendem Spott, Rocces Nein an unsere Freundschaft und Willis Trainerabsage. An diesem dritten Tag stand es endgültig fest:
    Die Wilden Kerle gab es nicht mehr.
    Das, was ich euch am Anfang meiner Geschichte als Anfang vom Ende angedroht hatte, hatte uns überrollt, platt gemacht und in alle Winde zerstreut. Wir hatten uns zu lange auf unseren Lorbeeren ausgeruht. Wir hatten zu lange in der Sonne gelegen und nur geträumt. Doch vom Träumen kann kein Traum wahr werden, das sage ich euch. Für einen Traum muss man bereit sein zu kämpfen. Doch davor hatten wir jetzt ganz große Angst. Natürlich wollten wir Fußball spielen und natürlich wollten wir, wenn wir einmal groß sein würden, nichts anderes werden als waschechte Fußballprofis. Doch jetzt hatten wir Angst, dass Ribaldo Recht haben könnte.
    Oder nein, es war noch viel schlimmer.
    Wir wussten es längst: Giacomo Ribaldo hatte verflixt noch mal Recht: Ja, ganz genau! Wir waren nichts. Wir waren nur ein paar kleine, herumkickende, alberne Jungs. Wir waren nicht gut genug, und wir würden es deshalb im Fußball nie zu was bringen. Basta und Schluss! Das stand jetzt ein für alle Mal fest.

Das Apfelkompottrevolverheldenduell
    Am vierten Tag kam ich wie immer wortlos nach der Schule nach Hause in die Karl-Valentin-Straße Nr. 11. Ich stapfte an meiner Mutter vorbei, donnerte den Schulranzen in die Ecke, setzte mich an den Tisch und starrte wie an den drei anderen Tagen zuvor wortlos zum Fenster hinaus. Mir war es egal, dass mir meine Mutter mein Lieblingsessen, einen ganzen Berg Pfannkuchen, servierte. Und als sie mir einen „Guten Appetit" wünschte, verdrehte ich nur meine Augen und schob die Pfannkuchen weg, als hätten sie sich in einen Eimer schleimige Haferpampe verwandelt.
    „Was ist los, Felix?", fragte mich meine Mutter besorgt. „Willst du mir nicht endlich was sagen?"
    Ich stöhnte auf und verdrehte die Augen. Nein, nicht schon wieder die Tour. Sie war doch nur meine Mutter. Wann begriff sie das endlich?
    Ich brauchte jetzt meinen Vater, doch der war seit dem Tag nicht mehr da und meldete sich auch seit dem Tag nicht mehr bei mir, an dem er erfahren hatte, dass sie einen anderen Mann liebt.
    „Felix, ich rede mit dir!", erinnerte mich meine Mutter daran, dass sie immer noch da war.
    „Aber ich nicht mit dir!", stieß ich hervor. „Ist das klar? Und jetzt lass mich bitte mit deinem Mitleid in Ruhe!"
    Wütend wischte ich mir eine Träne aus dem Gesicht und starrte wieder an ihr vorbei zum Fenster hinaus.
    „Mhm. Also gut. Ich verstehe. Kein Mitleid", nickte meine Mutter und begann seelenruhig, ihren Pfannkuchen zu essen. „Und ich hab auch kein Mitleid mit dir, dass du keine Freunde mehr hast und dass

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