Felsen der Liebe
hatte sie bei ihm gesucht? Trost? Liebe? Oder hatte sie lediglich jemand gebraucht, an dessen Schulter sie sich ausweinen konnte? Jedenfalls hatten sie sich gegenseitig benutzt, und sie, Meg, war diejenige gewesen, die dafür hatte bezahlen müssen.
“Meine Mutter hat sich ständig Sorgen um dich gemacht”, fuhr er fort, da Meg nicht antwortete. “Sie dachte, unsere Familie hätte dein Leben zerstört.”
“Wirklich?” Während sie aus dem Fenster schaute, fragte sie sich, warum er ihr das alles erzählte.
“Aber ich habe ihr klargemacht, dass du nicht so leicht unterzukriegen bist.” Guy lächelte kaum merklich, als sie sich ihm wieder zuwandte. “Hatte ich Recht?”
Meg wusste nicht, was er von ihr hören wollte. Dass sowohl er als auch sein Bruder ihr Leben zerstört hatten? Dass sie ihr beide das Herz gebrochen hatten und sie danach nicht mehr in der Lage gewesen war, einen Mann zu lieben?
“Allerdings”, entgegnete sie kühl. Sie würde Guy niemals sagen, welchen Schmerz er ihr zugefügt hatte.
“Das habe ich mir gedacht.” Guy sah sie mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen an, als würde er sie bewundern und gleichzeitig verachten. “Wann hast du Jack erzählt, was wir getan haben?”, erkundigte Guy sich dann unvermittelt.
“Ich …” begann sie. Plötzlich wurde sie blass. “Ich habe es ihm nie direkt …”
“Es war letztes Jahr, stimmt ‘s?”, unterbrach er sie.
Er hatte Recht. Doch sie hatte es Jack nicht freiwillig erzählt, sondern er hatte es herausgefunden.
Es kam immer öfter vor, dass er Maxine leere Versprechungen machte, indem er einfach nicht zur verabredeten Zeit auftauchte oder ihr etwas kaufen wollte und es dann vergaß. Sie musste mit ansehen, wie ihre Tochter sich fragte, warum ihr Vater sie nicht mehr sehen wollte. Schließlich kam es zum Eklat. Jack hatte versprochen, ein Konzert in Maxines Schule zu besuchen, wo sie ein Solo singen sollte. Nachdem er jedoch nicht aufgetaucht war, ohne vorher abzusagen, hatte Maxine erklärt, sie wolle ihren Vater nie wiedersehen.
Deshalb suchte Meg ihn im Savoy auf, als er das nächste Mal in London war. Sie versuchte, ihm zu erklären, was in Maxine vorging, aber es interessierte ihn offenbar nicht, denn er plante schon wieder einen Einkaufsbummel mit ihr. In dem Moment wurde Meg klar, dass es so nicht weitergehen konnte.
Daher erzählte sie ihm, dass Maxine nicht seine Tochter war. Zuerst glaubte er ihr nicht und argumentierte damit, dass sie seinem Vater so ähnlich sei. Außerdem habe sie, Meg, keine Affäre haben können, da sie die ganze Zeit in Cornwall gewesen sei.
Sobald er jedoch begriff, was geschehen sein musste, reagierte er spöttisch: “Ja, ja, mein kleiner Bruder! Er wollte schon immer mein Spielzeug haben.”
Dass sie daraufhin nichts erwiderte, war für ihn eine Bestätigung.
Als er sie eine Hure nannte, verließ sie seine Suite. Offenbar hatte er vergessen, dass er ihr zuerst untreu geworden war.
Danach hatte Meg wochenlang auf eine Nachricht von Guy gewartet, doch er hatte nichts von sich hören lassen.
“Was hat Jack gesagt?”, fragte sie Guy nun.
“Er hat mir zu verstehen gegeben, dass er wusste, was zwischen uns vorgefallen war. Ich glaube, er hat die Situation ausgekostet.”
Genau wie Guy die Situation jetzt auszukosten schien. Er machte den Eindruck, als würde er bewusst die Vergangenheit aufwärmen, um sie, Meg, zu quälen. Außerdem wollte er ihr vor Augen führen, dass sie weder ihm noch seinem Bruder etwas bedeutet hatte.
Da sie es ihm möglichst schwer machen wollte, schwieg sie.
“Das ist vermutlich auch der Grund für den Zusatz im Testament”, sinnierte er.
Nun gewann ihre Neugier doch die Oberhand. “Du meinst die Bedingung, dass ich sechs Monate in Heron’s View wohnen muss?”
Guy nickte. “Wenn Jack uns jetzt sehen könnte, würde er wahrscheinlich vor Schadenfreude lachen. Vielleicht wollte er sich an uns rächen.”
“Glaubst du nicht, dass deine Fantasie mit dir durchgeht?”, erkundigte Meg sich kühl. “Wenn Jack sich an uns hätte rächen wollen, hätte er nicht bis zu seinem Tod gewartet. Immerhin hätte er noch gut vierzig Jahre leben können.”
Guy betrachtete sie eine Weile, bevor er antwortete. “Wohl kaum.”
Was wollte Guy damit sagen? Sie war sicher, dass er ihr etwas verheimlichte.
“Wie ist Jack wirklich ums Leben gekommen?”, fragte sie scharf.
“Er ist betrunken Auto gefahren und gegen einen Baum gerast.”
Dass Jack betrunken Auto
Weitere Kostenlose Bücher