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Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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strafrechtlichen Tatbeständen erwirtschafteten Vermögens.«
    »Sonst nichts?«
    »Reicht das nicht?«, sagte Ursel und begann, die weichen Länglichkeiten des Morgens kunstgerecht zu zerlegen.
    »A-ha, sonst nichts«, sagte Nettelbeck mit Nachdruck. »Zum Beispiel keine Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte. Das wollte ich bloß wissen. Und das ist gut. Da haben Sie ja richtiges Glück gehabt. In vielen Fällen kommt es zu einer Aberkennung, einer sogenannten ›Abjudikation‹ derselben, in diesem Fall hätten Sie dann kein passives Wahlrecht mehr. Und wenn ich einmal ganz offen sprechen darf: Das hätte mich bei Ihren weitreichenden Aktivitäten auch nicht gewundert. Gewinnbringende Zusammenarbeit mit der italienischen Mafia, hundertdreißig Doppelbestattungen im Kurort, mehrfache Fluchthilfe, Vereitelung von Strafverfolgung – um nur einige Straftaten zu nennen. Wer war eigentlich Ihr Richter?«
    »Ein gewisser Bockmayr.«
    »Bocki!? Bocki Bockmayr! Bocki, das Wüstenkamel! Ja, so was! Der ist mit mir in der Schützenbruderschaft. Dann ist mir alles klar. Ja, wenns weiter nichts ist, dann spricht kaum etwas dagegen, gewisse politische Ämter zu bekleiden.«
    »Nur gewisse politische Ämter?«, fragte Ignaz zurück. »Nicht alle?«
    »Wie meinen Sie das?«
    Ursel schaltete sich ein.
    »Also nicht nur Gemeinderat, sondern auch Bürgermeister, Mitglied des Landtags, des Bundestags, Minister, Kanzler – alles eben.«
    »Sie wollen wohl hoch hinaus!«
    »Ich meine ja nur theoretisch«, sagte Ursel und nahm sich einen Löffel süßen Weißwurstsenf aus dem kleinen Schälchen. »Aber wenn man jetzt zum Beispiel Justizminister werden würde, dann könnte man doch sich selbst –«
    »Nein, das kann man nicht«, unterbrach Nettelbeck lächelnd. »Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Nach deutschem Recht geht das nicht. Aber in Amerika, da gab es mal so etwas. Irgendwann in den Dreißigern des vorigen Jahrhunderts. Prohibition, Weltwirtschaftskrise, Filme in Schwarzweiß, Sie wissen schon. Robert Tate hieß der Mann. Er saß im Knast wegen fünffachen Mordes, wartete auf seine Hinrichtung. Seine Sympathiewerte in der Bevölkerung waren jedoch groß. So ließ er sich also für die Demokraten aufstellen. Sein Plan war natürlich, Gouverneur seines Bundesstaates zu werden und sich schließlich selbst zu begnadigen. Rein theoretisch wäre das auch möglich gewesen. Er schaffte es aber bloß bis zum zweiten Bürgermeister von Oaktown City. Er leistete gute Arbeit aus der Zelle heraus. Oaktown blühte unter ihm geradezu auf. Er wurde aber dann schließlich doch hingerichtet. Der Gouverneur des Bundesstaates witterte Konkurrenz – Sie verstehen.«
    »Die Welt ist schlecht«, seufzte Ignaz.
    »Aber er hat doch Immunität genossen, dieser Robert Tate«, hakte Ursel nach.
    »Nein, für einen Lokalpolitiker gilt das eben nicht. Auch bei uns in Deutschland nicht.«
    »Auch für einen Bürgermeister nicht?«
    »Nein. Immunität von Abgeordneten gilt nur –«
    Nettelbeck hielt nun ein Referat über die Geschichte der Immunität von Julius Cäsar bis Silvio Berlusconi. Ursel und Ignaz hatten inzwischen die Weißwürste mit dem speziellen Kreuzschnitt freigelegt, enthäutet und zum Verzehr geeignet auf dem Teller arrangiert. Sie bissen erwartungsvoll hinein.
    »Der Metzger Moll macht bessere«, sagte Ignaz.
    »Da hast du recht«, nickte Ursel.
    »Den Bürgermeisterposten können Sie in Ihrer Lage natürlich schon bekleiden«, sagte Nettelbeck. »Auch mit einer Bewährungsstrafe. Wer von Ihnen will sich denn aufstellen lassen?«
    »Deswegen wollen wir ja mit Ihnen sprechen«, sagte Ursel. »Wir haben vor, das Amt zusammen zu bekleiden und auszuüben.«
    »Zusammen? Beide zusammen?«
    »Wir wollen als Ehepaar Bürgermeister werden.«
    Jetzt nahm sich Nettelbeck ebenfalls eine Weißwurst aus der Terrine. Er legte sie auf den Teller und schnitt mit dem Messer ein dünnes Mäusescheibchen herunter. Er betrachtete es misstrauisch.
    »Das scheint mir nicht möglich zu sein.«
    »Aber grade bei uns in Bayern, wo die Familie und die Ehe so hochgehalten werden, wo es urbayrische Traditionen rund um die Liebesehe und die gezielte Verheiratung gibt, da müsste man das doch machen können. Es schadet ja auch niemandem.«
    »So etwas hat es noch nie gegeben«, sagte Nettelbeck. »Meines Wissens jedenfalls nicht. Aber ich kann ja mal in den Archiven wühlen. Wenn Sie darauf bestehen.«
    »Essen Sie doch was, Herr Doktor«, sagte

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