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Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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Kaffeetrinken an den Gardasee gebrettert sein. Zuzutrauen ist dem Fichtl das.«
    »Aber was ist mit Uta und dem roten Eichhörnchen?«, fragte Nicole.
    »Keine Ahnung. Uta – das wird höchstwahrscheinlich Uta Eidenschink sein. Sie hat Soziologie studiert, ist Professorin an irgendeiner Uni. An welcher, weiß ich nicht. Rotes Eichhörnchen? Damit kann ich nichts anfangen. Ich gehe schon seit Jahren nicht mehr zu diesen Treffen, ich habe zu kaum jemandem Kontakt. Rotes Eichhörnchen – das klingt nach einer Anekdote, die jeder kennt – nur ich nicht.«
     
    Jennerwein schlug mit der Hand auf den Tisch.
    »Diese Klasse geht mir schon wieder dermaßen auf den Senkel!«

24

    Der Geocacher riss sich die Ohrstöpsel herunter und steckte sie in die Tasche. Ein Mensch befand sich in Bergnot! Es waren zwar nur dreihundert Meter Luftlinie, es war jedoch schwierig begehbares Gelände. Automatisch griff er zum Handy, um die Nummer der Bergwacht, die er auf einer Schnellwahltaste gespeichert hatte, zu wählen, als ihm einfiel, dass der Akku leer war. Franz Schuberts Streichquartette hatten ihn vollkommen ausgesaugt. Der alte Mann fluchte. Verdammte Technik! Nutzloses Zeugs gab es im Überfluss, wenn man die Technik aber wirklich einmal brauchte … Er hob sein Fernglas und richtete es auf die Gestalt in der wespenartig gestreiften, gelbschwarzen Windjacke. Es war für ihn gar keine Frage, dass er diesem Menschen half. Dazu musste er allerdings den ausgewiesenen Weg verlassen und über ein paar kleinere Felsen klettern. Er fuhr die Strecke nochmals mit dem Fernglas ab. Es ging ziemlich auf und ab, es waren etwa fünfzig Höhenmeter zu überwinden, darüber hinaus musste ein ausgetrockneter Bachlauf mit lockerem Geröll überquert werden. Er war alt, aber er war immer noch rüstig. Mit einem Griff in den Rucksack holte er einen kleinen Muntermacher heraus. Er nahm einen tiefen Schluck. Er hatte das Gefühl, es müsste zu schaffen sein. Schon beim ersten Graben, den er überqueren musste, knickte er um. Fluchend humpelte er weiter, bis er vor einem acht Meter hohen Felsaufschwung stand, den er erklettern musste. Dieser Weg war beschwerlicher, als er gedacht hatte. Zurückgehen und unten im Tal Hilfe holen? Er entschied sich dagegen. Der Geocacher kletterte und sprang, lief und stolperte. Er atmete schwer. Noch ein kleiner Muntermacher. Franz Schubert, der würde ihm jetzt helfen, das
Streichquartett Nr.  3
würde den richtigen Push bringen. Da würde er sein Alter vergessen … Aber er musste auch ohne auskommen. Schließlich stand er am Rand des ausgetrockneten Bachlaufs, den er von Ferne gesehen hatte. Das Bachbett, sieben oder acht Meter breit, wies ein steiles Gefälle auf. Die hühnereigroßen Steine lagen lose übereinander. Jetzt nicht einfach losspringen! Er wäre nur mit dem Geröll in der Rinne hinuntergeschliddert. Er schnaufte tief durch und stampfte mit zehn festen Schritten über das lose Gestein. Schwer atmend, aber wohlbehalten kam er auf der anderen Seite der gefährlichen Rinne an. Der Gedanke an die Frau in Bergnot trieb ihn weiter. Er stützte sich an einer riesigen Lärche ab. Sein Blick fiel auf die Rinde, die bis Hüfthöhe vollkommen abgescheuert war. Steinböcke, fuhr es dem Geocacher durch den Kopf. Die Viecher richteten inzwischen mehr Waldschäden an als Borkenkäfer.
     
    Der alte Mann schüttelte auch diesen Gedanken ab. Er übersprang einen kleineren Bach, kämpfte sich durch widerborstiges Unterholz, schließlich war die Gestalt in der gelb-schwarzen Windjacke nur noch zehn Meter von ihm entfernt. Er hustete. Er griff sich an die Brust. Das Herz. Er beschleunigte seine Schritte noch ein letztes Mal. Die Frau lag mit dem Rücken auf dem Stein, kopfüber, in einer unnatürlichen, verdrehten Lage. Sie war an einem vorstehenden Ast hängen geblieben, sonst wäre sie abgerutscht und noch weiter hinuntergestürzt. Er musterte die steile Wand über dem Felsblock. Fünfzig oder sechzig Meter musste die Frau gefallen sein. Das konnte eigentlich niemand überleben. Doch als er schließlich am Felsen angekommen war, bemerkte er, dass sie sich bewegte.
     
    Er beugte sich über sie. Ein leises Wimmern drang an sein Ohr. Erschrocken über ihren starren, unmenschlichen Gesichtsausdruck wich er zurück. Erst dann begriff er, dass sie eine Maske trug. Der künstliche Ausdruck der Maske war jedoch nicht das Furchtbarste. Aus dem schmalen Plastikmundschlitz lief ein dünnes Rinnsal Blut. Eine unsichtbare

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