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Fenster zum Tod

Fenster zum Tod

Titel: Fenster zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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glaube nicht, dass es in einem Krankenhauszimmer Internet gibt.«
    »Von einem Krankenhaus ist doch gar nicht die Rede. Aber vielleicht eine Art, ich weiß nicht, eine Art betreute Wohngemeinschaft. Da könntest du wahrscheinlich sogar selbst kochen. Ich könnte es dir beibringen.«
    »Ich kann hier nicht weg«, sagte Thomas sachlich. »Mein ganzes Zeug ist hier. Meine Arbeit ist hier.«
    »Thomas, du verbringst den lieben langen Tag am Computer, bis auf die Stunde, die du fürs Essen brauchst, und die paar Stunden Schlaf. Tag für Tag, Monat für Monat. Das ist nicht gesund.«
    »Aber erst in letzter Zeit«, erwiderte er. »Vor ein paar Jahren hatte ich nur meine Landkarten und meine Atlanten und meinen Globus. Da gab es noch kein Whirl360, das diese 360-Grad-Panoramabilder machte. Jetzt ist alles viel besser. Auf so etwas warte ich schon mein ganzes Leben.«
    »Du hattest schon immer diese Kartenmanie, aber –«
    » Interesse. Ich habe mich schon immer für Landkarten interessiert. Ich sag ja auch nicht, du hast eine Zeichenmanie, nur weil du doofe Bildchen von Menschen zeichnest. Ich hab das eine von Obama in diesem Magazin gesehen, das mit dem weißen Mantel und dem Stethoskop, wo er aussieht, als wäre er Arzt. Ich fand, da sah er doof aus.«
    »Das war ja genau der Sinn der Sache«, sagte ich. »Das war das, was die Leute von dem Magazin wollten.«
    »Und? Würdest du das als Manie bezeichnen? Ich glaube, das ist einfach deine Arbeit.«
    Nicht ich war hier das Thema. »Diese neue Technik«, fuhr ich fort, »dieses Whirl360, ist nicht gerade ideal für dein Interesse an Karten. Du marschierst die Straßen von allen möglichen Städten der Welt ab, und ich gebe gern zu, dass das wirklich interessant sein kann, aber Thomas, du tust nichts anderes mehr. «
    Er sah wieder zu Boden.
    »Hörst du? Du gehst nicht aus dem Haus. Du triffst dich mit niemandem. Du liest keine Bücher und keine Zeitschriften. Du guckst nicht mal fern. Du kommst nie runter und schaust dir einen Film an.«
    »Es läuft ja auch nichts Gescheites«, sagte er. »Die Filme sind sehr schlecht. Und sie sind voller Fehler. Sie sagen zum Beispiel, sie sind in New York, aber am Hintergrund kannst du erkennen, dass es Toronto oder Vancouver oder irgendwas anderes ist.«
    »Du sitzt nur am Computer und klickst dich von einer Straße zur nächsten. Hör mal, du willst die Welt sehen? Such dir eine Stadt aus. Ich flieg mit dir nach Tokio. Ich bring dich nach Bombay. Du willst Rom sehen? Wir fliegen hin. Wir setzen uns in ein Restaurant am Trevi-Brunnen, und du kannst dir Pizza bestellen oder Pasta und hinterher ein Gelato, und das wird der größte Spaß sein, den du je erlebt hast. Du kannst dir die Stadt anschauen, in echt und nicht irgendein lebloses Bild auf einem Computermonitor. Du kannst berühren, was du siehst, die Ziegel von Notre- Dame unter deinen Fingerspitzen spüren, den Nachtmarkt in der Temple Street in Hongkong riechen, dir in Tokio Karaoke anhören. Such dir eine Stadt aus, und ich bring dich da hin.«
    Thomas sah mich unbeeindruckt an. »Nein. Das will ich doch gar nicht. Mir gefällt’s hier sehr gut. Ich hole mir keine Krankheiten, verlier mein Gepäck, lande in einem Hotel mit Bettwanzen oder werde ausgeraubt oder krank in einem Land, dessen Sprache ich nicht spreche. Und außerdem hab ich nicht genug Zeit.«
    »Wie, nicht genug Zeit?«
    »Die Zeit reicht nicht, um sich alles persönlich anzusehen. Hier bin ich schneller, ich kann meine Arbeit hier schneller erledigen.«
    »Thomas, was für eine Arbeit? «
    »Das kann ich dir nicht sagen. Da muss ich erst klären, ob ich dir davon erzählen darf.«
    Ich stieß einen langen Seufzer aus und strich mir mit der Hand über den Kopf. Ich war erledigt. Ich beschloss, das Thema zu wechseln.
    »Kannst du dich noch an Julie McGill erinnern? Aus der Schule?«
    »Ja. Was ist mit ihr?«
    »Sie war bei der Beerdigung. Sie hat nach dir gefragt. Ich soll dir hallo von ihr sagen.«
    Thomas sah mich erwartungsvoll an. »Und? Wirst du’s sagen?«
    »Was?« Dann begriff ich. » Hallo. Wenn du mitgekommen wärst, hätte sie’s dir selbst sagen können.« Keine Reaktion darauf. Mein Ärger über seine Weigerung hinzugehen war noch nicht verflogen. »War sie mit dir in der Klasse?«
    »Nein. Sie war ein Jahr über mir und ein Jahr unter dir.« Thomas schwieg einen Moment. »Sie hat in dem Haus Nummer 34 an der Arbor Street gewohnt, das hat im Erdgeschoss eine Tür in der Mitte und links und rechts

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