Fenster zum Tod
und Sie können weiterfahren.«
»Klar«, sagte Nicole. Ich hörte, wie ein Sicherheitsgurt geöffnet wurde und zurückschnurrte, und fragte mich, ob sie schon nach ihrem Eispick griff oder Lewis nach seiner Pistole.
Eine Tür ging auf, und es klang, als sei Nicole ausgestiegen. Die Schritte von zwei Personen kamen um den Wagen herum und blieben stehen.
Sie wird sterben. Die Polizistin wird sterben.
»Würden Sie bitte aufmachen, Ma’am.«
»Natürlich.«
Ich wartete darauf, dass die Tür entriegelt würde, hörte stattdessen jedoch eine Art elektronisches Krächzen. Das Rauschen eines Funkgeräts. Eine unverständliche Stimme.
Dann: »Gute Nacht, Ma’am. Sie können weiterfahren.« Jemand entfernte sich im Laufschritt vom Wagen, das Aufheulen eines Motors, Reifen quietschten auf Asphalt.
Wieder öffnete sich eine Tür, und der Wagen neigte sich leicht zur Seite. Dann war Nicole eingestiegen.
»Was ist denn passiert?«, fragte Lewis.
»Sie hat einen Notruf bekommen.«
Wir fuhren weiter.
Im Lauf der nächsten Stunde wurde der Verkehrslärm lauter. Wir konnten nicht mehr mit konstanter Geschwindigkeit fahren. Das Summen der Räder klang plötzlich hohl. Anscheinend fuhren wir über eine Brücke.
Wir waren in eine dichter besiedelte Gegend gekommen. Andere Autos waren zu hören, Radios, Hupen. Wir bogen links ab, dann rechts, dann wieder links. Änderten die Richtung öfter, als ich zählen oder im Kopf behalten konnte.
Schließlich kam der Wagen mit einem Ruck zum Stehen. Dann fuhr er rückwärts, bog jäh ab. Das Geräusch des Motors kam wie ein Echo zurück. Wir mussten in einer Garage sein oder in einer engen Gasse.
Nicole stellte den Motor ab, sie und Lewis stiegen aus. Sekunden später öffnete sich die Hecktür.
»Also, Kinder, wir sind da«, sagte Nicole.
Achtundfünfzig
D as hat nichts zu bedeuten, dachte Howard, als er das Gespräch mit Lewis beendet hatte. Er lief in seinem Wohnzimmer auf und ab und überlegte.
Der Anruf bei den Kilbrides war zweifellos das, was Lewis vermutete. Ein Telefonstreich. Oder möglicherweise war es sogar ein Bill Clinton, nur eben nicht der Bill Clinton. Howard selbst kannte einen Franklin Clinton, einen Robert Clinton, eine Eleanor Clinton. In Promise Falls allein gab es wahrscheinlich schon eine Handvoll Bill Clintons. So wie in jeder anderen Stadt Amerikas.
Und so besorgt Howard auch über eine mögliche Verwicklung der CIA in seine und Morris’ Probleme war, so wenig plausibel erschien ihm, dass ein ehemaliger Präsident etwas damit zu tun haben sollte. Das war ja noch lächerlicher als ein Illustrator aus Vermont, der sich als verdeckter Ermittler betätigte.
Das würde sich ja nun bald klären, wenn er Ray Kilbride und seinen Bruder von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Er hatte vollstes Vertrauen, dass Lewis und diese Frau, die das Ganze zwar erst so vermasselt hatte, jetzt aber trotzdem mit Lewis zusammenarbeitete, sie zum Reden bringen würden.
Es wunderte Howard, dass Lewis sie zu dem – wie Howard dringend hoffte – letzten Kapitel dieser unseligen Geschichte mit ins Boot geholt hatte. Doch er hatte einen Verdacht. Lewis wollte endlich einen Schlussstrich ziehen. Der Fehler dieser Frau hatte ihnen allen einen Riesenärger bereitet, und Howard kannte Lewis lange genug, um zu wissen, dass der das nicht einfach hinnehmen und zur Tagesordnung übergehen würde.
Lewis würde tun, was er für richtig hielt. Und Howard brauchte darüber nichts zu wissen.
Fast drei Stunden später der nächste Anruf von Lewis. »Wir sind da.«
»Dann bis gleich«, sagte Howard.
Sie waren spät gekommen, später als geplant. Howard würde seine Verabredung mit Morris Sawchuck nicht einhalten können. Er würde ihn vom Auto aus anrufen.
Howard verließ sein Sandsteinhaus in der 81. Straße und ging zu seinem schwarzen Mercedes, der nur ein paar Schritte davon entfernte parkte. Bevor er einstieg, zückte er sein Handy und rief Morris an.
»Hey«, sagte Morris. »Ich bin auf dem Weg.«
Im Hintergrund waren gedämpfte Geräusche eines fahrenden Autos zu hören. Wahrscheinlich saß er in seiner Limousine. Heather, seine Fahrerin, stand ihm rund um die Uhr zur Verfügung.
»Es tut mir leid, Morris, aber ich glaube, ich muss unser Treffen verschieben.«
»Was ist los?«
»Ich fühl mich nicht so gut. Vielleicht hab ich mir eine Grippe eingefangen. Lass uns morgen Vormittag telefonieren. Vielleicht klappt’s ja dann morgen Abend. Es tut mir wirklich sehr
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