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Fenster zum Tod

Fenster zum Tod

Titel: Fenster zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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Stufenbarren. Doppelter Salto rückwärts gehockt, ganze Schraube zum Stand. Doppelter Salto rückwärts gebückt. Unterschwung mit halber Drehung zum Salto rückwärts gehockt, ganze Drehung zum Stand.
    Der Abgang gelingt nicht.
    Mal für Mal landet sie auf dem Kopf.
    Immer wieder. Ihr Kopf bohrt sich wie ein Flugkörper in die Matte. Sie spürt ihren Willen brechen. Der Schmerz ist ungeheuer. Ihr dröhnt der Kopf.
    Es wird noch schlimmer. Ein Eispick dringt von unten durch die Matte. Nach der Kopflandung fällt sie um, und der Pick durchstößt ihre Brust.
    Es geschieht wieder und immer wieder. Sie lässt den Holm los, wirbelt durch die Luft, schraubt sich, dreht sich, aber nichts gelingt, wie es soll. Sie befiehlt ihrem Körper, sich in eine Richtung zu drehen, er dreht sich in die andere.
    Das passiert nicht wirklich, redet sie sich ein . Das kann nicht sein.
    Nicole hatte recht. Es passierte tatsächlich nicht. Es stimmte allerdings, dass ihr Kopf verletzt war und dass sie einen Schlag auf die Brust bekommen hatte.
    Langsam fiel ihr alles wieder ein. Noch ehe sie die Augen aufschlug, ergab alles einen Sinn.
    Lewis hatte auf sie geschossen.
    Genau.
    Einfach so. Weil er Morris beeindrucken wollte. Sie hatte damit gerechnet, dass Lewis es früher oder später tun würde. Nur in diesem Moment hatte sie es nicht erwartet.
    Doch sie hatte auch gewusst, dass das geschehen konnte. Dass man auf der Hut und trotzdem nicht darauf gefasst sein konnte.
    Die Kugel hatte sie mit voller Wucht erwischt. Nicole überlegte, ob das Geschoss die eng anliegende Schutzweste vielleicht durchschlagen hatte. Wohl nicht. Es fühlte sich eher an, als ob sie einen Tritt bekommen hätte.
    Es war nicht die Kugel, die sie außer Gefecht gesetzt hatte, sondern der Aufprall auf das gottverdammte Regal. Sie hatte sich den Kopf an einer Kante angeschlagen und war zu Boden gegangen.
    Sie hatte Sterne gesehen, doch jetzt erwachte sie wieder. Und lauschte.
    Am besten blieb sie erst mal, wo sie war.

Achtundsechzig
    W o ist er?«, herrschte Lewis mich an. »Wo zum Teufel ist er?«
    »Weg«, sagte ich.
    Howard tauchte auf. Er starrte auf den leeren Stuhl voller Klebebandfetzen. Es war, als würde jetzt auch das letzte bisschen Farbe aus seinem Gesicht entweichen. »Lieber Gott.« Dann sah er Lewis wütend an. »Du hast ihn entwischen lassen.«
    Lewis stürzte durch die Seitentür hinaus, zweifellos in der Hoffnung, Thomas sei gerade erst entkommen und er könne ihn vielleicht noch einholen und zurückschleppen. Thomas war erst ein paar Sekunden weg, maximal eine halbe Minute, aber wenn er in vollem Tempo losgesprintet war, dann hatte er natürlich mehr als nur eine Nasenlänge Vorsprung.
    Hoffentlich hatte Thomas verstanden, dass er die Polizei holen sollte, obwohl ich es ihm nicht ausdrücklich gesagt hatte. Ich hatte nur von Hilfe gesprochen. Ich war davon ausgegangen, dass er wusste, was damit gemeint war, doch kaum war er zur Tür hinaus, bereute ich, keine konkreteren Anweisungen gegeben zu haben.
    Im Augenblick war er meine einzige Hoffnung.
    »Wie ist er – wie zum Teufel konnte er sich befreien?«, fragte Howard.
    »Ich habe Ihnen ja gesagt, er ist sehr talentiert«, sagte ich, möglicherweise mit einem Anflug von Überheblichkeit. »Vielleicht holt er Vachon. Vielleicht haben seine Leute da draußen auf ihn gewartet. Bin gespannt, was sie tun werden, wenn er ihnen erzählt, was Sie –«
    Howard verlor die Beherrschung. Er holte weit aus und schlug mir mit dem Handrücken ins Gesicht, mit einer Kraft, die ich dem Kugelzwerg gar nicht zugetraut hätte.
    »Sparen Sie sich den Scheiß!«, fuhr er mich an.
    Meine Wange brannte, mein Hirn ratterte.
    Der Vorhang wurde zur Seite gerissen. Es war Morris. »Verdammt, was ist passiert?«
    »Einer ist entkommen«, sagte Howard. »Der mit dem Atlas im Kopf.«
    »Atlas?« Es gab noch vieles, was Morris nicht wusste.
    »Lewis sucht ihn gerade. Ich flehe zu Gott, dass er ihn findet.«
    »Du kannst so nicht weitermachen«, sagte Morris. »Es ist vorbei. Du hast es nicht mehr im Griff. Du hast dich nicht mehr im Griff. Schon seit Monaten nicht mehr.« Er zog sein Handy heraus und hielt es ihm hin. »Du hast meine Pistole genommen, aber das hier hast du vergessen. Ich habe Heather den Rest der Nacht freigegeben. Genauer gesagt, ich habe ihr die nächsten Tage freigegeben. Ihr gesagt, sie soll wegfahren. Ich wollte kein Risiko eingehen. Sie ist weg. Ich glaube, das war der Tropfen, der das Fass zum

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