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Fenster zum Tod

Fenster zum Tod

Titel: Fenster zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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schüttelte ich den Kopf. »Dann bereitet er sich also schon mal vor, falls dieses Ereignis eines Tages eintreten sollte.«
    »Nicht falls «, sagte sie. »Es ist nur eine Frage der Zeit. Bis es so weit ist, prägt er sich so viele Städte ein, wie er nur kann. Deshalb verbringt er den ganzen Tag in seinem Zimmer und bereist die ganze Welt. Ich hatte mal einen Patienten – das ist schon mehrere Jahre her –, der bei einer Zeitung in Buffalo arbeitete. Jeden Abend, wenn er nach Hause ging, nahm er ein aktuelles Exemplar mit, weil er überzeugt war, dass das Verlagsgebäude irgendwann einmal abbrennen wird. Dann wäre er der Einzige, der ein komplettes Archiv dieser Zeitung besäße – zumindest für die Zeit, in der er dort gearbeitet hat.«
    »Nicht zu fassen.«
    »Sein ganzes Haus, jeder Flur, jedes Zimmer, jede verfügbare Oberfläche war mit Zeitungen vollgeräumt. Er musste sich durch Stapel von Zeitungen zwängen, wenn er sich im Haus bewegen wollte.«
    »Klingt wie aus einer von diesen Sendungen über Messies«, meinte ich.
    »Aber das Beste kommt noch«, sagte Laura. »Die Zeitung ist tatsächlich abgebrannt.«
    Mir klappte die Kinnlade herunter. »Das ist ein Witz.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Und den Benzinkanister, mit dem der Brand gelegt wurde, fand man im Haus des Patienten.«
    Einen Augenblick blieb mir die Spucke weg, dann lachte ich und sagte: »Sie wollen doch nicht andeuten, dass Thomas ein Virus entwickeln wird, das alle Landkarten der Welt vernichtet? Damit wäre er dann wohl doch ein bisschen überfordert.«
    »Ich habe Ihnen diese Geschichte nur erzählt, um Ihnen zu zeigen, dass die Zwangsvorstellung Ihres Bruders zwar ungewöhnlich, aber nicht einzigartig ist. Was differiert, sind die Details.«
    »Mein Gott«, sagte ich. Mir war etwas eingefallen. »McLean.«
    »Was?«
    »Ist dort nicht die Zentrale der CIA? Thomas wollte sich vom Navigationssystem in meinem Auto die Route dorthin berechnen lassen, hat es sich dann aber anders überlegt. Vielleicht war ich da noch als Sicherheitsrisiko eingestuft.« Ich lachte. »Aber jetzt, wo er Ihnen erlaubt hat, mir das alles zu erzählen, bin ich wohl keines mehr.«
    »Ihr Bruder vertraut Ihnen. Das ist ein Plus. Menschen mit Schizophrenie verlieren oft auch das Vertrauen in die, die ihnen am nächsten stehen. Sie haben Angst vor allen.« Sie holte Luft. »Ich wollte Ihnen gerade etwas über die Details erzählen.«
    »Ich höre.«
    »Thomas glaubt, dass die CIA in der Zwischenzeit, also noch vor Beginn dieser Massenvernichtung von geographischen Karten, aus anderen Gründen seine Hilfe in Anspruch nehmen könnte. Zum Beispiel könnte ein Agent in, keine Ahnung, Caracas oder so, in Gefahr geraten. Die Schurken haben ihn aufgespürt, er ist auf der Flucht und weiß nicht, wohin er soll. Die CIA ruft Thomas an und will eine Fluchtroute von ihm. Und schneller als sie das mit einem Computer schaffen würden, wäre er in der Lage, ihnen eine zu liefern.«
    Ich fuhr mir mit der Hand von der Stirn über den Kopf in den Nacken. »Und es ist noch nicht mal ausgeschlossen, dass er das hinbekommen würde.«
    »Thomas spricht ziemlich oft von Fluchtrouten, darüber, Menschen helfen zu können, die in der Falle sitzen, irgendwie in die Enge getrieben wurden.«
    Ich schüttelte langsam den Kopf, versuchte zu denken, wie er dachte.
    »Und möglicherweise würde die Regierung ihn auch in Katastrophenfällen zu Rate ziehen«, fuhr Laura Grigorin fort. »Egal, ob Naturkatastrophen oder andere. Denken Sie nur an die vielen Tornados, die wir in letzter Zeit hatten. Oder die Erdbeben in Neuseeland, in Haiti, den Tsunami in Japan. Ganze Dörfer, ja Städte, einfach weggefegt, wie vom Erdboden verschluckt. Oder, und da sei Gott vor, ein zweiter 11. September. Rettungsteams könnten Thomas anrufen und sagen, sie seien an dieser oder jener Ecke, und er könnte ihnen sagen, was dort ist, wonach sie Ausschau halten sollten.«
    »Sonst noch was?«
    Die Ärztin lächelte traurig. »Das wär’s im Großen und Ganzen.«
    Ich legte die Hände auf die Knie. »Und was sagt uns das jetzt?«
    »Ich weiß es nicht. Wie ich höre, wird es nach dem Tod Ihres Vaters notwendig sein, eine andere Unterbringung für Thomas zu finden.«
    Ich äußerte meine Bedenken, dass er allein im Haus wohnen bleiben könnte.
    »Ihre Bedenken sind berechtigt«, bestätigte sie. »Er müsste in der Stadt wohnen, in einer Umgebung, wo man ihn im Auge behalten kann. Keine Überwachung, nur jemand, der auf

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