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Fenster zum Tod

Fenster zum Tod

Titel: Fenster zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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wenn so eine Geschichte herauskäme … tja, damit wäre Mr.Ich-will-Gouverneur-werden bestimmt nicht geholfen. Ganz und gar nicht.
    Vielleicht muss sie ja nicht einmal so weit gehen. Muss die Zeitungen oder die Fernsehsendungen vielleicht gar nicht erst erwähnen. Vielleicht hat sie ja den Scheck schon in der Hand, kaum dass sie die Worte »Ich weiß, wer du bist« ausgesprochen hat.
    Allison nimmt ihr Handy, fängt an, die Nummer einzutippen, die sie bekommen hat, und hält inne. Ihr Herz klopft wie wild. Geschichten zu erfinden, um ihrer Mutter Geld abzuluchsen, ist eine Sache.
    Das hier ist etwas ganz anderes.
    Das passiert, wenn man von Dayton in die große Stadt zieht.

    »Hallo?«
    »Ich bin’s, Allison.«
    »Was – Allison?«
    »Genau, Allison. Erinnerst du dich an mich?«
    »Natürlich – hör mal, ich kann jetzt wirklich nicht reden.«
    »Wir müssen uns treffen.«
    »Das ist jetzt keine gute Zeit.«
    »Ich hab dich in den Nachrichten gesehen.«
    »Du – was?«
    »Ich hatte ja keine Ahnung. Nicht die leiseste Ahnung, wer du bist. Wie kommt’s, dass du vergessen hast, so was zu erwähnen? Erstens, dass du verheiratet bist, und zweitens, dass –«
    »Hör mal, Allison, ich seh zu, dass ich dich in ein, zwei Wochen anrufen kann. Im Moment hab ich viel um die Ohren. Wenn du die Nachrichten gesehen hast, dann weißt du ja, dass die Kampagne langsam in die heiße Phase tritt, und … und … andere Probleme gibt’s auch noch. Möglicherweise eine Ermittlung wegen –«
    »Weißt du noch, wo wir uns zum ersten Mal verabredet haben?«
    »Ja, natürlich.«
    »Sei um drei dort. Bevor sich der Laden füllt. Und dann schaffst du’s noch immer rechtzeitig zum Lincoln Center oder zum Broadway oder wo die Leute heute sonst tausend Dollar pro Nase berappen, um dich zu sehen.«
    »Ich kann mich nicht mit dir treffen. Man darf – es tut mir wirklich leid, aber man darf uns nicht zusammen sehen.«
    »Um drei.«
    »Herrgott, was ist denn so dringend?«
    »Also um eins brauchst du dir keine Sorgen zu machen: Schwanger bin ich nicht.«

    Es ist gerade mal halb drei, doch Allison sitzt bereits in der Bar am Gramercy Park. Gleich um die Ecke hat O. Henry sein Geschenk der Weisen geschrieben. Sie hat denselben Tisch ergattert, an dem sie bei ihrer ersten Verabredung saßen. Verabredung? War es wirklich eine Verabredung gewesen? Setzt »Verabredung« nicht eine gewisse Einhaltung gesellschaftlicher Konventionen voraus? »Heimliches Treffen« vielleicht? Wie heißt noch mal dieses altmodische Wort dafür? »Rendezvous«.
    Sie bestellt ein Gin Tonic und behält die Tür im Auge. Sie probt noch immer, was sie sagen wird, obwohl sie sich fragt, warum sie sich eigentlich die Mühe macht. Schon vorhin, ehe sie angerufen und dieses Treffen vereinbart hat, hat sie sich ihren Text zurechtgelegt, nur um dann, als das Klingeln verstummte und der Anruf entgegengenommen wurde, zu improvisieren, einfach das zu sagen, was ihr als Erstes in den Sinn kam. Einschließlich der Bemerkung über ihre Nichtschwangerschaft, die, das muss sie zugeben, schon verdammt lustig war.
    Punkt drei kommt jemand zur Tür herein und entdeckt Allison in der Sitznische.
    Es ist nicht Morris Sawchuck.
    Sondern seine Frau. Bridget.
    Sie hat keine Ähnlichkeit mit der Bridget Sawchuck, die Allison in den Nachrichten gesehen hat. Ihr Haar ist unter einem rot-schwarzen Kopftuch versteckt. Hermès, vermutet Allison. Außerdem trägt sie eine Sonnenbrille, die ihr halbes Gesicht bedeckt.
    Doch sie ist es. Kein Zweifel. Des Justizministers heißes Frauchen. Kommt auf ihren Zehn-Zentimeter-Absätzen hereinstolziert, die Hände in den Taschen ihres Trenchcoats. Einige Köpfe drehen sich nach ihr um, als sie an der Bar vorüberschreitet. Allerdings ohne sie zu erkennen. Sie ruft diese Wirkung hervor, egal, ob sie erkannt wird oder nicht.
    Bridget Sawchuck geht schnurstracks auf den Tisch zu, an dem Allison sitzt, und gleitet auf die Lederbank ihr gegenüber.
    »Meine Güte, du siehst ja aus wie ein Spion.« Allison grinst.
    »Ich hab nur ein paar Minuten«, sagt Bridget Sawchuck. »Warum diese Dringlichkeitssitzung?«
    »Wie ich schon am Telefon sagte, es gibt da was zu besprechen.«

Zehn
    I ch möchte nicht, dass Sie mich für titelfixiert halten, aber was für einen Titel werde ich denn haben?«
    »Oh, da bin ich überfragt. Ich muss zugeben, damit habe ich mich noch nicht beschäftigt. Haben Sie einen Vorschlag?«
    »Stellvertretender Leiter. Nicht vom

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