Fenster zum Tod
ganzen Nachrichtendienst. Nur von der Abteilung, für die ich arbeite.«
»Wir wär’s mit Stellvertretender Leiter der Abteilung Geo-Wesen?«
»Geo-Wesen?«
»War nur so eine Idee. Mir fällt bestimmt etwas Besseres ein. Und wir müssen uns auch über ein Büro unterhalten.«
»Ich brauche kein Büro, Herr Präsident. Ich werde von zu Hause aus arbeiten. Ich arbeite gerne zu Hause. Mein Bruder lebt jetzt bei mir, und mein Computer ist auch hier.«
»Schon, aber vergessen Sie nicht, wenn der Katastrophenfall eintritt, müssen Sie vielleicht mit Papier und Bleistift auskommen. Dieses Virus, oder was es auch sein wird, wird Ihren Computer unbrauchbar machen. Sie werden viele große Tische brauchen, jede Menge ebene Fläche, um das Papier auszubreiten, auf dem Sie Karten für uns zeichnen können.«
»Ich könnte es auf den Küchentisch und den Wohnzimmerboden legen.«
»Wird denn da Ihr Bruder nichts dagegen haben?«
»Ich hoffe nicht. Er ist wie unser Vater. Will immer, dass ich Dinge tue, die ich nicht tun will. Mein Vater, der hat mich manchmal richtig wütend gemacht. Habe ich das schon erzählt?«
»Ja.«
»Was da mit ihm passiert ist, das liegt mir ganz schön im Magen.«
»Er hat nie verstanden, wie wichtig Ihre Arbeit ist. Was ist mit Ihrem Bruder? Behindert er Ihr Vorankommen?«
»Nein. Ich habe mit meiner Ärztin darüber gesprochen, und sie hat ihm Tabletten gegeben. Ich habe ihr auch gesagt, sie darf ihm sagen, was ich tue.«
»War das klug?«
»Er ist mein Bruder. Meinem Vater hab ich’s ja auch gesagt. Und außerdem, wenn Sie mich für einen Notfall brauchen, so von jetzt auf gleich, dann muss er wissen, was ich mache. Es könnte ja wieder ein Erdbeben geben. Oder einen Tsunami.«
»Wenn es für Sie in Ordnung ist, dass er Bescheid weiß, dann soll’s mir recht sein.«
»Und Sie haben ganz bestimmt nichts dagegen, dass ich direkt mit Ihnen kommuniziere? Ich habe Sie immer bewundert. Zuerst war CIA-Direktor Goldsmith mein Ansprechpartner, aber nach dem ganzen Wirbel musste er zurücktreten, und dann hat er sich umgebracht, aber das wissen Sie ja. Es schien mir also sinnvoll, mit Ihnen zu sprechen.«
»Ich habe überhaupt nichts dagegen.«
»Das ist gut, B… Oh, wissen Sie, was ich jetzt fast getan hätte? Fast hätte ich Bill zu Ihnen gesagt.«
»Kein Problem, das geht schon in Ordnung. Alle nennen mich so. Wir sind doch auf dem besten Wege, gute Freunde zu werden, oder?«
»Ja. Finde ich auch. Sie bekommen später wieder einen Bericht von mir. Per E-Mail. Machen Sie’s gut.«
Elf
D ad hatte keine Bedenken, Thomas eine Weile allein zu lassen, genauso wenig wie ich. Mein Bruder hatte zwar einige seltsame Ideen und Marotten, doch gab es nicht den geringsten Grund zur Sorge, er könne zu einer Gefahr für andere oder für sich selbst werden. Er hat nie eine Neigung zum Selbstmord gezeigt oder einen anderen Menschen attackiert. Mein Vater fuhr ohne ihn nach Promise Falls hinein, um Lebensmittel einzukaufen oder andere Besorgungen zu machen. Und, wie ich von Harry gehört hatte, um in einem Diner zu sitzen, sich Kaffee zu bestellen und aus dem Fenster zu schauen.
Ich hatte Thomas zu Hause gelassen, als er sich geweigert hatte, an Dads Beerdigung teilzunehmen. Das hatte mir zwar echt gestunken, aber Angst, dass er während meiner Abwesenheit irgendein Unheil anrichten könnte, hatte ich nicht gehabt. Einen Vorteil hatte es immerhin, dass er so gut wie nie sein Zimmer verließ und nur virtuell unterwegs war: Er stellte keinen Unfug an, brachte sich nicht in Gefahr. Das Schlimmste, was ihm passieren konnte, war, dass er seine Augen überanstrengte oder sich durch dauerhafte Fehlbelastung einen Mausarm holte, wenn er den ganzen Tag nichts anderes tat, als auf diese Bildschirme zu starren und mit seiner Maus herumzuklicken.
Also machte ich mir keine Gedanken, als ich Thomas am Nachmittag mitteilte, dass ich eine Weile außer Haus sein würde. »Ich bring was zum Abendessen mit.«
»Kentucky Fried Chicken«, sagte er mit dem Rücken zu mir, während er irgendeine Straße in Bolivien oder Belgien oder weiß der Teufel wo entlangspazierte.
»Ich krieg das Zeug nicht runter«, sagte ich. »Ich dachte eher an Jumbosandwiches.«
»Keine schwarzen Oliven«, sagte er, ohne den Blick vom Bildschirm zu wenden.
Fünfzehn Minuten später hatte ich den Audi auf dem Parkplatz des Promise Fall Standard abgestellt. Es war schon fast vier, und womöglich wartete Julie McGill schon auf mich. Doch als
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