Fenster zum Tod
klärte.
Beim Ansehen dieser Szene bekam Lewis ein wenig Hunger.
An Halloween waren ein paar Kinder ins Haus gelangt und bettelten um Süßigkeiten. Zwei Mädchen, das eine als Lady Gaga, das andere als Alien verkleidet – er war sich nicht sicher, wer wer war –, versuchten ihr Glück an Tür Nummer 305.
Jeden Tag irgendwas, aber nie etwas Brauchbares.
Allmählich kam Lewis zu der Überzeugung, dass es sich nicht lohnte, weiter Miete zu zahlen. Er würde die Kamera entfernen.
Und dann tauchte plötzlich der Typ mit der Pearl-Paint-Tüte auf.
Lewis saß am Schreibtisch im Arbeitszimmer seiner Wohnung an der Lower East Side und betrachtete den riesigen Bildschirm seines Computers. Der Mann klopfte dreimal mit der Hand, in der er die Tüte aus dem Künstlerladen hielt. Bei seinen Nachforschungen über Allison Fitch war er ihm nicht untergekommen. Weder vor noch nach ihrem Verschwinden. Lewis hatte keine Ahnung, wer das war und ob sein Erscheinen irgendwie von Bedeutung war.
Wollte der Typ irgendwas verkaufen? Hatte er die falsche Wohnung erwischt? Oder kannte er eine der beiden ehemaligen Mieterinnen und wollte sie besuchen? Wäre das der Fall gewesen, hätte er dann nicht gerufen? Etwas wie »Hey, jemand zu Hause?«. Wie war er ins Haus gekommen? Hatte er einen Schlüssel? War er hereingekommen, als jemand anderes hinausgegangen war, oder hatte er wahllos auf mehrere Klingeln gedrückt, bis er den Dummen gefunden hatte, der auf den Türöffner gedrückt hatte?
Spielte das eine Rolle? War dieser Besuch überhaupt von Bedeutung?
Da erhaschte Lewis einen Blick auf den Zettel, den der Mann in der anderen Hand hielt.
Was war das? Zweimal blitzte er kurz vor der Kamera auf. Lewis wiederholte diese kurze Sequenz mehrmals hintereinander, doch er konnte nichts erkennen.
Er hielt das Video an, dann bewegte er es mit dem Cursor ganz langsam Zentimeter für Zentimeter weiter, bis er zu einer Stelle kam, wo der Zettel ansatzweise zu sehen war.
Anscheinend ein ganz normales Blatt, wie man es als Druckerpapier verwendete. Im oberen linken Quadranten befand sich ein rechteckiges farbiges Bild. Es sah aus wie eine Fensterreihe, aber genau zu erkennen war es nicht.
Am oberen Rand des Blattes irgendeine Schrift. Auf dem Bildschirm nicht zu entziffern. Doch in der oberen linken Ecke gab es ein mehrfarbiges Logo, das Lewis vage bekannt vorkam. Es fing mit einem stilisierten W an, und die Zeichen am Ende sahen aus wie drei Ziffern.
Er war sich ziemlich sicher, dass er es kannte. Und schließlich fiel es ihm ein: Es war das Logo von Whirl360, dieser Website, mit der man sich die Straßen von Städten auf der ganzen Welt ansehen konnte. Er benutzte sie manchmal. Wie jeder Mensch irgendwann in seinem Leben hatte auch er nachgesehen, ob das Haus, in dem er aufgewachsen war, online zu sehen war. Er hatte seine alte Adresse in Denver eingetippt, und da war es.
Wenn das tatsächlich das Whirl360-Logo war, dann war es nicht abwegig, anzunehmen, dass das Bild auf dem Zettel ein Ausdruck von dieser Website war.
Lewis vergrößerte das verschwommene Bild, so gut es mit dem Computer möglich war. Es sah tatsächlich aus wie eine Fensterreihe, und zwar wie eine in einem der alten Mietshäuser in der Gegend, in der Allison Fitchs Wohnung lag. Doch es war unmöglich, irgendeine Einzelheit zu erkennen.
Wenn der Typ dieses Bild online finden konnte, dachte Lewis, dann würde er es auch schaffen. Er öffnete einen Browser, ging auf Whirl360 und gab »Orchard Street New York« ein. Gleich darauf klickte er sich die Straße entlang. Als er zu dem Häuserblock kam, in dem Fitchs ehemalige Wohnung lag, zog er den Cursor über den Bildschirm und drehte sich auf der Orchard Street einmal im Kreis, von Norden nach Süden und wieder zurück.
Vielleicht war der Mann, der geklopft hatte, ja Architekturstudent. Oder jemand vom Stadtbauamt. Wer konnte das wissen?
Er drehte die Ansicht so, dass er das Haus der Fitch direkt vor sich hatte, zog den Cursor ganz nach oben, klickte, hielt die Taste fest und zog den Cursor wieder nach unten. Das hatte den Effekt, als recke man den Hals, um zu den oberen Stockwerken hinaufzusehen.
»Was?«, murmelte er. »Was … ist … das?«
Er hatte jetzt ein ganz bestimmtes Fenster herangeholt und klickte, um es zu vergrößern.
»Ach, du Scheiße«, flüsterte er.
Sie trafen sich auf derselben Bank im Central Park. Lewis Blocker überreichte Howard Talliman ein gefaltetes Blatt Papier.
»Was ist das?«,
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