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Fenster zum Tod

Fenster zum Tod

Titel: Fenster zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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Julie. »Kein Ding. Mein Bruder hatte überall nackte Frauen an den Wänden. Da sind mir Landkarten schon lieber.«
    Ich warf ihr einen Blick zu und schüttelte den Kopf. »Wenn du meinst.«
    »Und?«, fragte Thomas, als wir sein Zimmer betraten. Den Blick auf den mittleren Bildschirm gerichtet, war er schon wieder in irgendeiner Weltmetropole unterwegs.
    »Wenn du etwas erfahren willst, dann musst du mich schon ansehen«, sagte ich.
    »Das ist genau, was er gesagt hat«, flüsterte Julie mir zu. »Du redest mit ihm wie mit einem Kind.«
    Ich sah sie an. Im gleichen Augenblick nahm Thomas die Hand von der Maus und machte eine Vierteldrehung mit seinem Computerstuhl. »Also, wie war’s?«
    Ich räusperte mich. »Gut, ich war also in der Orchard Street und hab das Haus gefunden. Da.« Ich holte mein Handy heraus, aktivierte die Kamerafunktion und reichte es ihm. »Da hast du ein Foto.«
    Thomas betrachtete das winzige Bild und verglich es mit einem Ausdruck ähnlich dem, den er mir mitgegeben hatte.
    Er nickte. »Das ist das Fenster. Die Ziegelmuster stimmen alle überein.«
    »Und wie du sehen kannst«, fuhr ich fort, »ist an dem Fenster kein Kopf zu sehen.«
    »Du sagst das so, als würde das irgendwas beweisen«, sagte Thomas.
    »Das war ein Hin weis, kein Be weis.«
    »Wenn jemand vor einem halben Jahr einen Autounfall unten an unserer Zufahrt gehabt hätte und du das fotografiert hättest, und wenn du die Stelle heute noch mal fotografieren würdest, dann wäre das auch kein Beweis, dass der Unfall sich nicht ereignet hat.«
    »Wo er recht hat, hat er recht«, sagte Julie.
    Ich ignorierte ihre Bemerkung. »Ich weiß, Thomas, ich berichte dir nur, was ich gesehen habe.«
    »Was hast du sonst noch getan?«
    »Ich bin zur Wohnung hinaufgegangen«, sagte ich, »und hab geklopft.«
    Thomas sah mich aufmerksam an. »Und dann?«
    »Nichts. Da war keiner. Die Wohnung steht leer.«
    »Leer.«
    »Anscheinend. Hat mir jedenfalls eine Nachbarin gesagt. Da wohnt schon seit Monaten niemand mehr.«
    »Hast du sie gefragt, ob in der Wohnung jemand umgebracht wurde?«
    »Nein, ich habe sie nicht gefragt, ob in der Wohnung jemand umgebracht wurde. Ich würde meinen, das wäre etwas, das sie mir auch so gesagt hätte.«
    »Nicht, wenn sie’ s war.«
    »Also, wie eine Mörderin hat sie mir wirklich nicht ausgesehen. Sie hat gesagt, die zwei Mädchen sind schon seit langem ausgezogen.«
    »Und seither steht die Wohnung leer?«, fragte Thomas.
    Ich zuckte die Achseln. »Nehm ich mal an.«
    »Ist das nicht irgendwie komisch?«
    »Wieso komisch?«
    »Ich habe gehört, dass Wohnungen in New York City Mangelware sind«, sagte er. »Warum sollte jemand eine Wohnung so lange leer stehen lassen?«
    »Das weiß ich nicht, Thomas.«
    »Was hat denn der Vermieter gesagt?«
    »Was?«
    Thomas hielt mein Handy noch immer in der Hand. Er war mit dem Daumen über das Display gefahren, um das nächste Foto zu sehen. »Was ist das?«
    »Ah, das ist ein Verzeichnis der Hausbewohner unten im Hausflur.«
    »Und das? Ist das die Telefonnummer des Vermieters?«
    »Ja.«
    »Du hast also mit ihm gesprochen?«
    »Nein, ich habe nicht mit ihm gesprochen.«
    »Wieso hast du nicht mit dem Vermieter gesprochen? Der wüsste doch bestimmt, ob in einer seiner Wohnungen jemand ermordet wurde.«
    »Hör mal, Thomas, ich habe Fotos für dich gemacht, ich habe an die Wohnungstür geklopft, und niemand war da, ich weiß nicht, was ich sonst noch hätte tun können.«
    Julie schnaubte.
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Wie wär’s, wenn du den Hausmeister gefragt hättest? Oder einen von den anderen Nachbarn?«
    »Und was genau geht dich das an?«
    Sie lächelte. »Du warst schon vor Ort. In der Stadt, im Haus. Da hättest du auch noch bei ein paar anderen Nachbarn klopfen können. Dann hätte der Ausflug sich wirklich gelohnt.«
    Ich funkelte sie an.
    »Ja«, stimmte Thomas ihr zu und sah mich missbilligend an. »Wozu bist du überhaupt hingegangen? Ich hätte gestern Abend selber gehen sollen.«
    »Ja klar, und in einer Woche wärst du dann vielleicht auch dort angekommen«, sagte ich.
    »Aber ich hätte dann wenigstens was rausgefunden. Das ist genau wie damals, als jemand an einem Fenster stand und Hilfe brauchte.«
    »Was?«
    »Das war keine Ermittlung. Auf jeden Fall nicht nach CIA-Kriterien. Ich will mir gar nicht ausmalen, was die dazu sagen würden.«
    »Genau«, sagte Julie.
    »Also gut«, sagte ich und hob die Hände zum Eingeständnis meiner Niederlage.

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