Ferdinand Graf Zeppelin
gezeigt. Also, wenn Sie gestatten, Exzellenz, dann werde ich gerne einen direkten Kontakt mit dem Herrn Scherl herstellen. Mit dem Ziel, Ihnen einen kostenlosen zweiten Aufruf in der »Woche« zu ermöglichen. Und ich darf Ihnen sagen, dass Sie bereits jetzt mit hundertprozentiger Sicherheit davon ausgehen können, dass man Ihnen den dafür notwendigen Platz auch gerne einräumen wird. Sie müssen nur wollen, das ist alles.«
»Ein Aufruf in der »Woche«, das wäre natürlich nicht verkehrt«, sinnierte Zeppelin. »Immerhin ist das ja eine der meistgelesenen Zeitungen von ganz Deutschland …«
»… allerdings müsste der Text auch dementsprechend deutlich ausfallen«, fiel ihm Wolf ins Wort. »Aber dabei kann ich Ihnen gerne behilflich sein, Exzellenz. Ich habe mein Handwerk schließlich gelernt.«
So kam es im September 1903 also zu einem »Notruf zur Rettung der Flugschifffahrt«, den die »Woche« auf Vermittlung von Eugen Wolf kostenlos abdruckte. Und dessen Inhalt ließ es an drastischen Worten nicht mangeln. »Eine kurze Spanne Zeit und Wetter, Sturm und Wellen werden mein lagerndes Material unverwendbar gemacht haben. Meine letzten geschulten Gehilfen werden mir nicht mehr zur Verfügung stehen.
Die letzten Mittel, die ich selbst zu diesem Zweck zu opfern vermag, werden erschöpft sein, die Gebrechen des Alters oder der Tod werden meinem Schaffen ein Ende gesetzt haben!«
Dramatischer konnte man die Notlage der Luftschiffbauer kaum schildern. Und dennoch verhallte auch dieser Appell nahezu wirkungslos. Es war unglaublich!
»Das kann doch einfach nicht wahr sein!« konnte es Eugen Wolf kaum fassen, als er sich wenige Tage nach Erscheinen des »Notrufs« bei Zeppelin erwartungsvoll nach der Höhe der Geldsumme erkundigte, die beim Grafen zwischenzeitlich wohl eingegangen sei.
»Aber es ist so!« zuckte der Gefragte niedergeschlagen mit den Achseln. »Mir wird nichts übrig bleiben, als weiterhin alles Geld aus meinem Privatvermögen zusammenzukratzen, so viel es halt geht. Aber auch das reicht nur, um auf Sparflamme weiter zu arbeiten, während das Material vor unser aller Augen allmählich dahin rostet. So ist es eben, Herr Wolf. Aber wenn nicht bald ein Wunder geschieht, wird es düster werden über Manzell. Auch wenn ich der Letzte bin, der die Hoffnung fahren lässt. Wir machen weiter, solange es halt geht.«
Es war wie verhext: längst fühlten sich Zeppelin und Dürr in der Lage, ein neues, deutlich besseres Luftschiff zu bauen, das unter dem Jubel der Massen problemlos in den Himmel steigen würde, doch weder die Leute aus dem Volk, noch die reichen Unternehmer und Bankiers, schienen gewillt, ihr Vorhaben finanziell zu unterstützen. »Das Spektakel wollen sie gerne genießen, aber keiner mag dafür einen Finger krumm machen!«
«Dann müssen wir eben anderweitig Mittel finden, um an Geld zu kommen«, präsentierte sich eines Tages der momentan hauptsächlich als Sekretär fungierende Ernst Uhland der verduzten Runde in Manzell mit grimmig entschlossener Miene. Ausgerechnet Uhland, der bislang (und das mit einiger Berechtigung) immer von sich behauptet hatte, gleich »zwei linke Hände« zu besitzen, hatte nämlich eine Erfindung ersonnen, von der er allen Ernstes glaubte, sie würde genügend Geld zum Weiterbau in die Kassen spülen. Es handelte sich dabei um einen Klositz, der durch die Betätigung der Spülvorrichtung automatisch aufklappte. Diese epochale Neuerung hatte er unter der Nummer 143379 beim Deutschen Patentamt zum Schutz angemeldet – und das Patent auch tatsächlich erhalten. Mit der Firma »Werkstatt- und Apparatebau Richard Gradenwitz« in Berlin hatte er sogar einen Hersteller finden können, der willens war, die Produktion des automatischen Klosetts zu übernehmen. Bedauerlich nur, dass sich die Zahl seiner Kunden in höchst überschaubarem Rahmen hielt: bis auf den Direktor des Konstanzer Inselhotels mochte sich leider kein weiterer Interessent finden, der bereit war, in diese segensreiche Erfindung zu investieren. Aber da der Besitzer des Inselhotels bekanntlich den Namen Eberhard von Zeppelin trug, konnte man sich lebhaft denken, wie es überhaupt zu dieser – im wahrsten Sinn des Wortes einmaligen – Bestellung gekommen war.
Auch diese gut gemeinte Maßnahme zur Verbesserung ihrer Einnahmen war also leider zum Scheitern verurteilt. Wieder einmal drohte das Ende – und wieder bewahrte ein glücklicher Umstand Zeppelin in beinahe letzter Minute vor dem Scheitern:
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