Ferdinand Graf Zeppelin
mit der Königin oft als schwierig bezeichnet wird. Sie ist im Volk längst nicht so beliebt, wie ihr Mann …«
»… das schon. Aber ich habe sie ja bei meinen Vorstellungsgesprächen inzwischen etwas näher kennen lernen können. Sie wirkt nur im großen Kreis so gehemmt und manchmal wohl auch etwas schroff. Außerdem liegen ihr die Repräsentationspflichten einer Königin halt nicht so. Sie fühlt sich eher in der Zurückgezogenheit des Schlosses oder im Garten wohl. Und dann kommt natürlich die Sache mit dem schwäbischen Dialekt noch erschwerend hinzu …« Denn selbst nach so vielen Jahren in Württemberg hatte die Königin nach wie vor mit Verständigungsproblemen zu kämpfen.
»… wobei das eigentlich klar sein müsste: als geborene Prinzessin Schaumburg-Lippe, die dazu noch in Böhmen aufgewachsen ist, tut sie sich natürlich besonders schwer mit unserer Mundart, besonders dann, wenn unsere schwäbischen Dickschädel meinen, ins breiteste Schwäbisch verfallen zu müssen«, schmunzelte Zeppelin. Das hatte in der Tat schon öfters für böses Blut bei ihren Landeskindern gesorgt, die nicht begreifen wollten, weshalb Königin Charlotte von Württemberg das schwäbische Idiom einfach nicht beherrschen wollte oder konnte. »Selbst der König hat sich schon genötigt gesehen, die Wogen wieder zu glätten.«
»Sie versteht unseren Dialekt halt nicht. Da ist aber doch kein böser Wille dabei, wie das die Leute immer behaupten«, ergriff Hella mit Inbrunst die Partei ihrer Königin.
»Ich sehe schon, sie hat mit dir die richtige Wahl getroffen – und du kannst dann ja versuchen, ihr vielleicht ein bisschen schwäbisch beizubringen. Es könnte nämlich wirklich nicht schaden, wenn die Leute merken, dass sie sich wenigstens in Ansätzen darum bemüht«, warf ihre Mutter stirnrunzelnd ein. »Ich finde schon, dass eine Königin ihre Untertanen zumindest einigermaßen verstehen sollte. Es wäre einfach ein Zeichen ihres guten Willens und eines ernsthaften Bemühens.«
»Jetzt lass doch die arme Königin in Frieden, Bella. Sie hat es ohnehin schwer genug im Schatten ihres so überaus populären Mannes«, gab Zeppelin zu bedenken. »Mich freut es jedenfalls, dass unsere Beziehung zum Hof dank Hellas Funktion als Hofdame noch enger werden wird, als sie es ohnehin schon ist. Und vergiss bitte nicht: in König Wilhelm II. habe ich meinen mit Abstand größten und wichtigsten Förderer auf dem politischen Parkett.
Es ist von außerordentlicher Wichtigkeit für mich, dass der König mich auch weiterhin so vorbehaltlos beim Bau des zweiten Luftschiffs unterstützt, wie er das bisher getan hat.«
Mit Feuereifer machten sie sich an die Arbeit am »LZ 2«, das dank der ausgefeilten Pläne von Ludwig Dürr im Vergleich zum Vorgängerschiff eine wesentlich größere Stabilität aufwies. Dürr bevorzugte anstelle von flachen Aluminiumträgern nun Dreiecksträger und es gelang ihm auch, die Steuerung deutlich zu verbessern. Die herausragende Besonderheit von »LZ 2« bestand jedoch in den beiden Daimlermotoren, mit ihren jeweils sage und schreibe 85 Pferdestärken. Ein gewaltiger Fortschritt gegenüber den alten Motoren des ersten Luftschiffs, die gerade einmal 12 PS hatten leisten können. Und dabei waren die neuen Motoren kaum schwerer, als die alten! »Zum guten Glück haben sie es geschafft, das Gewicht nicht im selben Maße wie die Leistung steigen zu lassen. Wir verfügen damit über wesentlich mehr Kraft, die es uns wiederum erlaubt, die Luftschrauben mit der dreifachen Größe zu konstruieren. Was glauben Sie, Exzellenz, was uns das für einen gewaltigen Schub verschaffen wird!« zeigte sich Dürr über die Maßen begeistert von den neuen Möglichkeiten, die ihnen die kraftvollen Motoren einräumten.
»Das ist auch notwendig, um endlich die letzten Zweifler von unserer Sache zu überzeugen«, gab Zeppelin ernst zurück. Nur allzu bewusst waren sich der Graf und seine Männer der Tatsache, dass ein erneutes Scheitern das Ende bedeuten würde!
Dementsprechend behutsam ging seine Mannschaft, die sie um viele tatkräftige Arbeiter hatten verstärken können, ans Werk. »Und bevor wir den ersten Aufstieg realisieren, werden wir das Schiff auf alle Fälle erst einmal probeweise aus der Halle ziehen und maximal fünf Meter in die Höhe steigen lassen, um mit der Haltmannschaft die Kommandos ganz genau einzuüben. Nicht, dass es uns wieder so ergeht, wie am 2. Juli«, gab Zeppelin die klare Devise aus. »Es muss von Anfang
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