Ferdinand Graf Zeppelin
aller Welt doch noch zu beweisen, welch überragendes Fluggerät dieses Luftschiff darstellte. Wenn es bis dahin hoffentlich auch die Daimlerleute schafften, ihre Motoren zuverlässiger zu machen. Was für eine Peinlichkeit für dieses renommierte Unternehmen!
In diesem Bewusstsein fiel Zeppelin schließlich in einen kurzen, unruhigen Schlaf, aus dem er immer wieder durch das Pfeifen des stark auffrischenden Windes und das damit verursachte Klappern der Fensterläden aufschreckte. Gleichzeitig gesellte sich noch dieses beunruhigende Gefühl dazu: sie würden doch hoffentlich seine Anordnung befolgt und das Schiff besser vertäut haben. Nicht auszudenken, was ansonsten passieren konnte …
Seine schlimme Vorahnung sollte ihn nicht trügen: der heftige Wind hatte sich tatsächlich das nur unzureichend vertäute Luftschiff als Ziel seiner nächtlichen Attacken herausgesucht. Wie ein Spielball hoben die Windböen das Schiff mehrmals hintereinander vom Boden und ließen es dann wieder hart und schwer auf die Erde zurück prallen. Früh am nächsten Morgen bot »LZ 2« seinem bis ins Mark erschütterten Erbauer und dessen Männern einen fürchterlichen Anblick, als sie sofort nach einem hastigen Frühstück an den Landeort geeilt waren. Das Resultat war niederschmetternd: Gerippe und Träger des Luftschiffs waren völlig verbogen! »Ich hatte doch ausdrücklich angeordnet, dass das Schiff besser vertäut werden soll! Wieso haben Sie das denn nicht gemacht?« stellte Zeppelin den kommandierenden Offizier der Haltemannschaft streng zur Rede.
»Wir haben getan, was unseres Erachtens nach notwendig war, Exzellenz«, versuchte
sich der Mann zu rechtfertigen. »Wer hätte schon ahnen können, dass es in der Nacht zu solchen starken Windböen kommt …«
»… genau vor der Gefahr solcher Böen hatte mich unser Meteorologe gewarnt«, zischte Zeppelin, um seine Fassung ringend. »Hätten Sie getan, was ich Ihnen aufgetragen habe, dann stünden wir jetzt nicht vor den jämmerlichen Bruchstücken meines Luftschiffs!«
Doch was konnten diese vorwurfsvollen Worte jetzt noch bewirken? Das Unheil hatte seinen Lauf genommen, das Luftschiff war zu großen Teilen zerstört und das Fazit, das sowohl Dürr als auch Zeppelin aus dieser bitteren Tatsache ableiteten war leider eindeutig: »Das Schiff ist in diesem Zustand nicht mehr einsatzfähig zu machen, Exzellenz. Ich fürchte, es bleibt uns nur die Demontage!«
Ferdinand von Zeppelin schluckte trocken, bevor er seinen Chefingenieur mit einem ernsten Blick fixierte:«Sie haben recht, Dürr. Wir werden das Luftschiff abwracken müssen!« Schweren Herzens erteilte er seinen Männern den Befehl zum sofortigen Auseinanderbauen. Wieder einmal stand Ferdinand von Zeppelin vor den Trümmern seiner Existenz. Und dieses Mal würde es vermutlich das sichere Aus bedeuten! Der Gegenwert von einer Million Mark lag in jämmerliche Einzelteile zerstreut auf der von Raureif bedeckten Wiese in der Nähe von Kißlegg. »Ich baue keine Luftschiffe mehr!« Ein Traum war endgültig zerplatzt!
Und wieder berichtete natürlich auch Zeppelins schärfster Kritiker Hugo Eckener in der »Frankfurter Zeitung« vom Missgeschick des Luftgrafen. Zunächst in einer kurzen Meldung vom 18. Januar: »Das bei der Landung bereits stark beschädigte Zeppelinsche Luftschiff wurde späterhin durch den Wind so sehr mitgenommen, dass an seine Fortschaffung nicht mehr zu denken war. Es ist heute auseinandergeschlagen worden. Das Zeppelinsche Projekt, in das über eine Million Mark gesteckt ist, dürfte damit aufgegeben sein.«
Die zahlreichen dramatischen Schilderungen aus dem Mund der Menschen, die sofort an den Unglücksort geeilt waren, ließen Eckener aufhorchen. Am besten, so beschloss er daraufhin, machte er sich mit eigenen Augen ein Bild von der offenbar ganz eigentümlichen Stimmung an der Havariestelle, die Tausende von Menschen zu Tränen rührte. Und das Wunder geschah: In seinem zweiten Artikel über das Malheur von Kißlegg schien die bisherige Häme erstaunlicherweise einem tiefen Mitgefühl gewichen zu sein, mit dem der Reporter über das Ende eines Lebenstraumes schrieb, dessen besonderer Tragik sich anscheinend nicht einmal der überhebliche Eckener entziehen konnte. »Friedrichshafen, 19. Januar 1906: Das Zeppelinsche Luftschiff hat aufgehört, zu existieren. Da hier am Ort die widerspruchsvollsten Gerüchte über den Zustand des Ballons und die Absichten des Grafen Zeppelin umliefen, beschlossen wir,
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