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Ferdinand Graf Zeppelin

Ferdinand Graf Zeppelin

Titel: Ferdinand Graf Zeppelin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Haug
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übernahm nun tatsächlich die Rolle der gesamtdeutschen Führungsmacht – zumal jetzt alle ehemaligen Bundesgenossen, wenn auch zunächst noch geheim, in einem Schutz- und Trutzbündnis gezwungenermaßen die Führungsrolle Preußens anerkannten – im Kriegsfalle fiel Preußen damit der militärische Oberbefehl über die vereinigten Bundestruppen zu. Der Krieg war verloren, aller Heldenmut des Hauptmanns Zeppelin vergeblich gewesen, die von ihm so sehr verachteten Preußen hatten das Heft des Handelns in die Hand bekommen.
    Im Laufe der kommenden Monate sollte sich seine Einstellung den Preußen gegenüber freilich ändern. Denn selbst wenn ihm der barsche Kasernenhofton, mit dem sie einem grundsätzlich gegenüberzutreten pflegten, niemals behagen würde, eines stand für Ferdinand ganz und gar außer Frage: Preußen war – dank des überragenden Politikers Bismarck – tatsächlich der am besten organisierte Staat in Deutschland. Man hatte eine klare Vorstellung von seinen Zielen, verfügte über eine glänzend aufgestellte Armee mit den besten Generälen und durch zahlreiche, klug eingefädelte Freundschafts- und Beistandsabkommen waren die preußischen Interessen in ganz Europa bestens abgesichert. Keine Frage: Preußen hatte die Führungsrolle vollkommen zurecht übernehmen können. So schwer Ferdinand dieses Eingeständnis auch fallen mochte, so wenig durfte er seine Augen vor diesen Tatsachen verschließen. Es schien ihm angesichts dieser Analyse vielmehr dringend geboten, umfassend dafür Sorge zu tragen, dass sein geliebtes Königreich Württemberg nicht weiter ins politische Hintertreffen geriet, wie es seit der bitteren Niederlage anno 1866 ohnehin schon der Fall war. Sowohl die Armee wie auch die württembergische Politik benötigten dringend eine klare Ausrichtung. Aber der König schien sich alles andere als sicher, welchen Ratgebern er folgen sollte: denjenigen, die sich wie sein Adjudant Graf Zeppelin ins Unvermeidliche schickten, und die Führungsrolle Preußens akzeptierten, um in diesem neuen Bund das Beste für Württemberg herauszuholen – oder den anderen, die auf die Gründung eines eigenen, süddeutschen Staatenbundes drängten. Natürlich spielten dabei die grundverschiedenen innenpolitischen Standpunkte eine entscheidende Rolle, denn während in Württemberg bekanntlich ein eher liberaler Wind wehte, blies es den preußischen Untertanen eiskalt ins Angesicht. Niemals durfte es in Württemberg so weit kommen. Das war Zeppelins Position – andererseits stellte sich dabei die Frage, wie dieser württembergische Stil zu verteidigen war: in offener Auflehnung gegen die Preußen, was neuerliche (und im übrigen hoffnungslose) militärische Auseinandersetzungen zur Folge hätte – oder besser mit den Waffen einer geschickten Diplomatie, die freilich mit einer klaren Wegweisung des Königs ausgestattet sein musste. Und genau daran haperte es – gewaltig sogar.
    Um solche Fragen über die Zukunft Württembergs in aller Ausführlichkeit zu besprechen, stand König Karl der Kreis seiner Adjudanten zur Verfügung. Doch monatelang kam es zu keiner Zusammenkunft. Erst im Februar 1868, nach quälenden Monaten der Orientierungslosigkeit, hatte der König seinen Hauptmann Zeppelin, um dessen persönliche Meinung zur künftigen Politiklinie gebeten. Erstaunlicherweise im Einzelgespräch und nicht in der Runde mit den anderen Beratern, wo man nach Ferdinands Überzeugung eigentlich breiter hätte diskutieren können. Aber nun denn: Wenn der König offenbar nur an seiner Einschätzung interessiert war, dann sollte er diese auch bekommen. Ehrlich, direkt und unbekümmert, ganz so, wie es seiner freien Erziehung am Bodensee entsprach, offenbarte der 29 Jahre junge Adjudant des Königs seine Grundeinstellung und die Analyse der derzeitigen Lage. Ohne Umschweife ging er mit den gegenwärtigen Ministern der Regierung hart ins Gericht, die er als wankelmütig und nur an ihren eigenen Interessen orientiert skizzierte. Auch auf die zahlreichen diplomatischen Verwerfungen mit Preußen und den anderen deutschen Staaten, zu denen es in den vergangenen Monaten gekommen war, kam er zu sprechen. Unverkennbar war Württemberg dadurch in eine Vertrauenskrise geschlittert, außenpolitisch genauso wie im Verhältnis zwischen Regierung, Königshaus und Bürgern. Sogar den Fortbestand der Monarchie bezeichnete Zeppelin als gefährdet, sollten nicht bald die geeigneten Maßnahmen eingeleitet werden, die er vor dem zunehmend

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