Ferdinand Graf Zeppelin
sprachlos gewordenen König Karl ebenfalls ausbreitete. Aber Ferdinand, der inzwischen so richtig in Fahrt geraten war und sich nach den geradezu als körperlich qualvoll erlebten, lähmenden Monaten einer orientierungslosen Politik endlich mit seinen Vorschlägen gefragt sah, bekam in seiner überbordenden Begeisterung vom Erschrecken des Monarchen nicht das Geringste mit. Und so war er wie vom Donner gerührt, als er schließlich zum Ende gekommen war und erwartungsvoll in das versteinerte Gesicht des Königs blickte. Dieser Blick sprach mehr als tausend Worte! Alles war verloren! In seiner grenzenlosen Naivität hatte er zielsicher genau die falschen Worte gewählt und beim König ganz andere Empfindungen ausgelöst, als er das beabsichtigt hatte. Seine Mission war gescheitert, noch bevor sie richtig begonnen hatte. Mit einer kühlen Geste bedeutete der König seinem zutiefst schockierten Adjudanten, er möge sich unverzüglich zurückziehen.
Keine Stunde später überschlugen sich die Ereignisse, ohne dass die eine Seite freilich von den Aktivitäten der anderen wusste. Sofort nach der Unterredung mit Zeppelin hatte der völlig verstörte König Karl nach Oberst Spitzemberg rufen lassen und angesichts der schonungslosen Analyse über die wahren Zustände in seinem Land davon gesprochen, er trage sich mit dem Gedanken, als Monarch abzudanken. So sehr hatten ihn Zeppelins ungeschminkte Schilderungen getroffen. Es bedurfte einiger Überredungskraft durch den Obersten und engen Gefährten, um Karl von diesem Vorhaben wieder abzubringen. Am Ende dieses Tages stand freilich noch eine weitere Konsequenz: die Adjudantenkarriere des Grafen Ferdinand von Zeppelin war damit beendet!
Darüber war sich auch Ferdinand sofort im Klaren und so verfasste er nach der unglücklichen Unterredung ein Schreiben, in dem er um seine sofortige Enthebung vom Adjudantendienst bat und um die gleichzeitige Rückversetzung in die Armee. Eine hoffnungsvolle Laufbahn war unvermittelt an ihr jähes Ende gestoßen!
Am 14. März 1868 entsprach der König dem Gesuch und versetzte ihn zurück in den General-Quartiermeisterstab. Erstaunlicherweise wurde ihm in derselben Urkunde dennoch das Recht verliehen, Titel und Uniform eines königlichen Adjudanten weiter zu tragen. Eine erstaunliche Auszeichnung, zumal vor diesem Hintergrund! Ob König Karl eventuell also doch gespürt hatte, dass sich der Graf Zeppelin, bei aller Unbotmäßigkeit seines Auftritts, nicht von persönlichem Kalkül, sondern tatsächlich von ehrlicher Sorge um den Fortbestand der Monarchie und des Landes Württemberg hatte leiten lassen? Beinahe schien es so. Anders ließ sich diese besondere Ehre, die ihm zuteil wurde, eigentlich nicht erklären. Ein kleiner Hoffnungsschimmer in der Düsternis – wie noch so oft im Leben des Ferdinand von Zeppelin.
Dieses klare Zeichen, dass er die Gunst seines Königs wohl nicht restlos verwirkt hatte, ließ ihn den Mut fassen, ein weiteres Gesuch an das Kriegsministerium zu richten. Denn die Rückkehr in den eintönigen Schreibtischdienst im General-Quartiermeisterstab schien dem Hauptmann Zeppelin nicht sehr verlockend. Viel sinnvoller wäre es doch, dies auch im wohlverstandenen württembergischen Interesse, seine bisher erlangten militärischen Kenntnisse weiter zu vervollkommnen und sich sechs Monate lang in Berlin beim Großen Generalstab über das preußische Heereswesen zu informieren. Dies auch vor dem Hintergrund, dass zu Jahresbeginn die preußischen Militärvorschriften auch in der württembergischen Armee eingeführt worden waren. Da konnte es keinesfalls schaden, sich an Ort und Stelle ein Bild von den dortigen Gepflogenheiten zu verschaffen. Auch diesem Gesuch wurde entsprochen und so ging es schon im April 1868 für Ferdinand nach Berlin. Bis zu seiner Rückkehr wäre dann hoffentlich einiges Gras über die königliche Mißstimmung gewachsen, das zumindest war die eine Hoffnung, die er fest im Herzen bewegte.
Die andere betraf seinen ganz privaten Lebensbereich. Denn es war etwas mit ihm geschehen, das er gar nicht mehr für möglich gehalten hätte. Er hatte nicht mehr daran glauben wollen, nach seiner großen Liebesenttäuschung – die freilich schon beinahe drei Jahre zurück lag. Isabella Freiin von Wolff hieß die junge Dame, die er bereits vor zwei Jahren flüchtig kennen gelernt hatte und die ihm von Anfang an sympathisch gewesen war. Sympathisch. Mehr nicht. Sie stammte aus einer schwerreichen Familie, die in
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