Ferdinand Graf Zeppelin
Livland begütert war und dort das zu Schloss Altschwanenburg gehörende Rittergut bewirtschaftete.
Ab und zu war man sich in dieser Zeit bereits das ein oder andere Mal begegnet, zumal die Familie vorübergehend nach Heidelberg gezogen war, um den in ihrer Heimat ausgebrochenen kriegerischen Unruhen zu entfliehen. Zumindest so lange, bis sich die Lage dort wieder beruhigt hätte. Mittlerweile hatten die von Wolffs nun aber im Westen von Berlin ein Haus gebaut, die so genannte »Villa Livonia«, wo sich der Großteil der Familie auf Dauer einrichten wollte, während sich der Vater nach dem Ende der Unruhen in Livland wieder mehr nach Altschwanenburg zurück orientierte, wo er die Verwaltung der einträglichen Besitzungen in seine Hände nahm.
Vor allem die jungen Damen mochten lieber dem neuen Haus mit seinem großen, wunderschönen Garten den Vorzug geben, dessen Lage direkt in der preußischen Hauptstadt im Vergleich mit einem abgelegenen Landgut natürlich einen weiteren Vorteil darstellte. Das traf sich gut, zumal Ferdinand ja ebenfalls in Berlin stationiert war. Seine inzwischen recht häufigen Aufwartungen bei den von Wolffs waren über Kontakte seines Bruders Eberhard zustande gekommen, den seit einiger Zeit amouröse Bande mit der Familie vereinten. Ebi hatte sich in Isabellas Cousine Sonja verliebt und ging mit dieser am 7. August 1868 auch tatsächlich die Ehe ein. Wie hatte sich der kleine Bruder, dem wieder einmal der Schalk im Nacken saß, anlässlich seiner Hochzeit augenzwinkernd ausgedrückt? »Na Ferdi, schau sie dir doch einmal an, dieses wunderhübsche Fräulein von Wolff.«
Ferdinand hatte nicht gleich begriffen. Verwundert nahm er sein Gegenüber ins Visier. »Wieso Fräulein von Wolff? Und wieso ich? Sie ist doch schließlich erst gerade eben deine Frau geworden? Eine Gräfin von Zeppelin!«
»Ich meinte ja auch die andere – die möglicherweise zweite Gräfin von Zeppelin. Diejenige, die noch als Fräulein von Wolff neben meiner Frau steht. Ihre anmutige Cousine Isabella. Das wäre doch die Richtige für dich. Und wie ich schon oft beobachten durfte, versteht ihr euch ja auch ganz gut. Nicht wahr?«
Augenblicklich schoss die Schamröte in Ferdinands Gesicht. »Also Ebi! Ich muss doch sehr bitten! Lass den Blödsinn bitte bleiben!«
Doch Eberhard gab so schnell noch keine Ruhe – wie es eben seine Art war. »Jetzt habe dich doch nicht so, Ferdi. Es ist doch wirklich eine ganz reizende Person, die Isabella. Und du mit deinen immerhin 30 Lebensjahren dürftest ganz allmählich durchaus an eine Eheschließung denken. Wenn schon ich als dein vier Jahre jüngerer Bruder an dir vorbei gezogen bin …«
Das für Ferdinand so eigentümlich unangenehme Gespräch war bald darauf beendet gewesen – aber dennoch …
Zwangsläufig traf man seit Ebis Heirat nun häufiger mit der Familie von Wolff zusammen – und oftmals waren dann auch Isabella und Ferdinand mit von der Partie.
Und mit einem Mal begann Ferdinand wieder ganz eigenartige Gefühle in seinem tiefsten Innern zu verspüren. Genau dieselben schwerelosen Empfindungen, die er vor so langer Zeit während seiner ersten Liebe schon einmal hatte erleben dürfen. Schon allein die Vorfreude, demnächst das Fräulein Isabella wiedersehen zu können, ließ sein Herz schneller schlagen.
Aber ob sie wirklich die Richtige für ihn war? Und vor allen Dingen: ob sie ihn – im Fall des Falles – auch wirklich erhören würde? Zumal … ihre Familie über ein deutlich größeres Vermögen verfügte, als die sicherlich nicht gerade armen Zeppelins, die aber in dieser Hinsicht mit den Edelleuten Wolff keinesfalls mithalten konnten.
In seiner Seelenqual, die dieser bangen Frage folgte, gab es niemanden, dem er sich wirklich anvertrauen und um Rat fragen mochte. Noch nicht einmal seine liebe Schwester Ely. Es konnte nur sein Tagebuch sein, dem gegenüber er diese bangen Fragen und Gedanken offenbaren konnte – und in dem er sich mit einem fiktiven Brief an seine Mutter vielleicht die nötige Klärung seiner so unvermittelt wieder durcheinander geratenen Gefühlswelt verschaffen konnte: »Sieh segnend auf mich herab, verklärte Mutter! Lass deinen reinen, edlen Geist mich durchdrängen und wache über mir zu dieser Zeit, wo auch ich daran denke, um die Liebe eines Mädchens zu werben! Möchte die Seele derer, die ich auserkoren habe, der deinigen ähnlich sein, möge ihr derselbe, unentweihte Duft anhängen!«
Und tatsächlich: allein das
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