Ferdinand Graf Zeppelin
gelangt war, als er in einer Mischung aus Wut und Niedergeschlagenheit die Türklinke der württembergischen Gesandtschaft niederdrückte.
Seit dieser niederschmetternden Unterredung mit dem bornierten preußischen Offizier waren nur wenige Wochen ins Land gegangen, als Ferdinand von Zeppelin im Sommer des Jahres 1888 bei der mittäglichen Zeitungslektüre im Salon von Schloss Girsberg das Blatt vor Überraschung beinahe aus der Hand fiel. Das … das war ja … sensationell, was hier zu lesen stand! Vor einigen Tagen war ein mit einem Verbrennungsmotor betriebenes Luftschiff von Cannstatt aus in die Höhe gestiegen und beinahe zehn Kilometer bis nach Aldingen am Neckar gelangt, wo es auf einer Wiese ohne Komplikationen gelandet war. Es handele sich dabei, schrieb der Berichterstatter, um die erste Luftfahrt überhaupt, die je mit Hilfe eines Verbrennungsmotors geglückt war, noch dazu gegen die Windrichtung.
Als Konstrukteur des mit Wasserstoff befüllten Luftschiffs wurde der Leipziger Buchhändler Hermann Wölfert genannt, während es sich bei dem todesmutigen Lenker um einen Mechaniker namens Knabe gehandelt haben sollte. Und der Motor, der das Luftschiff angetrieben hatte, der stammte, wie nicht anders zu vermuten war, natürlich aus Gottlieb Daimlers Werkstatt am Cannstatter Seelberg.
Ein wahrhaft epochemachendes Ereignis hatte an diesem 10. August 1888 stattgefunden. Ein Tag, der in die Geschichte der Menschheit eingehen würde. Darüber gab es für Ferdinand von Zeppelin nicht den geringsten Zweifel. Wie gerne wäre er bei dieser Pioniertat dabei gewesen. Hätte er auch nur im Entferntesten geahnt, welche Vorbereitungen in Cannstatt in aller Heimlichkeit getätigt wurden, er wäre sofort aufgebrochen, um persönlich Augenzeuge dieser Heldentat sein zu können.
Anscheinend hatte es schon bei der Produktion des Wasserstoffgases für die riesige Ballonhülle gewaltige Probleme gegeben. Nur mit knapper Not hatten es Wölferts Leute geschafft, die dafür notwendigen Ausgangsmaterialen Schwefelsäure und Zinkspäne zu besorgen, um diese ungeheuren Mengen an Wasserstoff überhaupt herstellen zu können, ohne den sich die Luftzigarre niemals vom Boden des Fabrikhofes auf dem Seelberg in den Himmel heben würde. Sämtliche Drogerien in Cannstatt und Umgebung hatten sie leergekauft. Die Gaserzeugungsmaschinen waren auf Hochtouren gelaufen – dennoch schien die Wasserstoffmenge nicht zu reichen. Erst als sich der gewichtige Wölfert schweren Herzens dazu entschlossen hatte, nicht selbst, sondern seinen wesentlich leichteren Monteur Knabe in den unterhalb der Ballonhülle angebrachten Gitterkäfig steigen zu lassen, konnte das waghalsige Experiment beginnen.
Und alles war gut gegangen. Mit knapper Not war das Luftschiff am Fabrikschornstein auf dem Seelberg vorbei geschrammt, ohne dass sich sein hochexplosiver Inhalt entzündet hatte – und dann … dann hatte Knabe den entscheidenden Hebel betätigt, wodurch der verlässlich arbeitende Benzinmotor die am Heck des Käfigs angebrachte Luftschraube in Bewegung setzte – und das Luftschiff unter den Blicken der jubelnden Beobachter gegen den Wind langsam in Richtung auf den Burgholzhof davon schwebte.
»Bella! Da! Lies nur!« Aufgeregt schwenkte er die Zeitungsseite in seinen Händen, deren Inhalt ihren ansonsten so ruhigen und gelassenen Ferdinand derart in Wallung gebracht hatte.
»Wie soll ich da etwas lesen können, wenn du mir mit der Zeitung ständig vor der Nase herumfuchtelst«, lachte Bella kopfschüttelnd. »Jetzt sag halt schon: worum geht es denn?« »Es ist die erste Fahrt eines Luftschiffs mit einem Explosionsmotor! Phantastisch! Ein lenkbares Luftschiff. Es ist genau die Technik, an deren Machbarkeit ich schon immer geglaubt habe! Weißt du noch, wie oft man mir mit schroffer Ablehnung, manchmal sogar mit Häme begegnet ist, wenn ich vorgeschlagen habe, die Planung solcher Luftschiffe voran zu treiben? Erst im vergangenen Jahr haben sie mir ja wieder ganz besonders schroff die kalte Schulter gezeigt, als ich den Bau des Luftschiffs für Deutschlands Sicherheit gefordert habe! Als Phantasten haben sie mich hinter meinem Rücken verspottet und noch nicht im Traum daran gedacht, auf meine Vorschläge einzugehen. Keinen Finger haben sie dafür krumm gemacht. Ausgerechnet in dieser Frage sind sie sich leider alle einig – ob in Stuttgart oder in Berlin. Es ist ein Jammer! Aber nun … nun haben wir doch den Beweis: es geht tatsächlich mit dem lenkbaren
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