Ferdinand Graf Zeppelin
Luftschiff! Es funktioniert!«
Im Laufe seiner Schilderung war Zeppelin vom Sessel aufgesprungen. Seine Augen leuchteten vor Begeisterung. »Die Sache ist atemberaubend! Das ist genau die Technik, die wir brauchen, wenn wir auch künftig mit unserer Armee Kriege gewinnen wollen. Wer diese Technik besitzt, wird siegen – wer sie nicht hat, der wird untergehen. Das müssen sie doch jetzt endlich begreifen. Ich werde nun keine Ruhe mehr geben, bis sie im Kriegsministerium auf meine Vorschläge eingehen, und mich zu Versuchszwecken unser eigenes deutsches Luftschiff bauen lassen.«
»Aber wieso denn du, Ferdi? Lass das doch diese Leute machen, die das Experiment in Cannstatt jetzt so überzeugend geschafft haben.«
»Das wird nicht reichen. Erstens handelt es sich um Zivilisten, auf die eine Militärverwaltung grundsätzlich sowieso gar nicht hört. Und dann … dann gibt es da meiner Meinung nach auch durchaus noch Verbesserungsmöglichkeiten im Vergleich mit dem Modell des Herrn Wölfert. Ein starres Gerippe für die Hülle erscheint mir jedenfalls wesentlich geeigneter, um dem Luftwiderstand zu begegnen, als eine weiche Ballonhülle, wie sie der Wölfert verwendet hat. Ich würde dann eher innerhalb des Schiffes verschiedene Gaszellen unterbringen – und zwar ist dafür, nach allem, was ich gelesen habe, ein chinesischer Seidenstoff am besten geeignet, denn diesen vermag das Gas so gut wie gar nicht zu durchdringen. Das ist zwar eine durchaus kostspielige Angelegenheit, aber es dürfte sich unter dem Strich schon auszahlen. Ja, ich denke, der Weg ist nun klar und deutlich vorgezeichnet …« Nachdenklich strich er sich über seinen grauen Schnurrbart.
»… und das bedeutet?« Es war eine rein rhetorische Frage, die Bella ihrem Ehemann schmunzelnd stellte, denn sie war sich nur allzu genau darüber im Klaren, wohin die Reise gehen würde.
Ferdinand musterte seine Frau mit einem bedeutungsvollen Blick. »Das bedeutet, dass ich die Sache nun auf alle Fälle angehen werde – und wenn sie sich im Generalstab immer noch nicht dazu durchringen können, mir die erforderlichen Mittel und Leute zur Verfügung zu stellen, dann werde ich es notfalls eben im Alleingang versuchen. Ich werde schon die notwendigen Mittel zusammenbekommen, um es zu schaffen. Aber spätestens seit dem heutigen Tag gilt für mich: ich muss die Sache mit dem Luftschiff vorantreiben – und zwar je schneller, desto besser. Und irgendwann, Bella, irgendwann werde ich sie auch zu einem guten Abschluss bringen können. Ich habe viel zu lange gewartet.«
»Aber mein lieber Ferdi, bedenke doch bitte: du bist jetzt 50 Jahre alt. In einem solchen Alter, da fängt man doch nichts Neues mehr an …«
Über Zeppelins Gesicht huschte ein schelmisches Grinsen. »Ach Bella, du weißt doch: innerlich fühle ich mich wie 40. Jung genug, um einer neuen Herausforderung zuversichtlich zu begegnen.«
Kopfschüttelnd beäugte Bella ihren Ehemann. »Mein Männi, wie er leibt und lebt. Ein echter schwäbischer Dickschädel eben. Muss noch in einem gesetzten Alter, in dem andere Männer allmählich an den Ruhestand denken, unbedingt etwas Neues wagen.«
»Ja, das muss wohl so sein, sonst wäre das Leben doch langweilig«, lächelte Ferdinand. »Also dann: auf zu neuen Taten! Und eines Tages, da wirst du stolz auf mich sein können!«
»Das bin ich doch ohnehin schon. Aber gut: ich bin gespannt, ob dir dein kühnes Vorhaben gelingen wird! Von meiner Seite aus sollst du jedenfalls aller Unterstützung gewiss sein, die du dir nur denken kannst.«
Nach dem Ende seiner Sommerfrische am Bodensee, während der sich Zeppelin nun mit sichtlicher Begeisterung sämtliche Informationen verschaffte, die er über das Wölfertsche Luftschiff in die Hände bekommen konnte, sollten freilich wiederum mehrere Jahre ins Land gehen, bis es zu überraschenden Ereignissen kam, die ihm endlich eine intensivere Beschäftigung mit seinem Lieblingsthema ermöglichten. Auch wenn die Umstände, die dazu führten, alles andere als angenehm waren.
Nach einiger Zeit der Ungewissheit hatte er am 12. Januar 1890 endlich seinen definitiven Abschied als württembergischer Gesandter in Berlin nehmen können und wartete nun voller Ungeduld darauf, im April wieder ein militärisches Kommando übertragen zu bekommen. Aller Voraussicht nach wollte man ihn mit der 30. Kavalleriebrigade in Saarburg betrauen – ein erster Wermutstropfen, der sich in seine Karriereplanung mischte, denn dabei handelte es
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