Ferdinand Graf Zeppelin
verschlangen inzwischen die Planungen und vor allem die umfangreichen Materialprüfungen, die von Theodor Kober mit großer Sorgfalt vorgenommen wurden, eine ganze Menge Geld. Mittel aus dem Privatvermögen des Grafen Zeppelin.
Ob es angesichts dieser Ignoranz, mit der ihn die verschiedensten Institutionen bedachten, auf Dauer überhaupt möglich sein würde, den Bau des Luftschiffs wirklich anzugehen? Wenn sich doch auch der Kaiser einmal genauso positiv über das Vorhaben des Grafen Zeppelin äußern würde, wie das bei König Wilhelm II. grundsätzlich der Fall war!
Im September 1893 schien sich eine Chance aufzutun: der Kaiser würde zu einem Besuch nach Stuttgart kommen. Und Zeppelin gelang es, König Wilhelm II. den Vorschlag zu unterbreiten, er möge sich beim Kaiser doch einmal für die Luftschiffpläne verwenden. Der König versprach es – und tatsächlich, Zeppelin durfte dem Kaiser höchstpersönlich über sein Vorhaben berichten und ihm die Möglichkeiten skizzieren, die diese Luftschiffe auch für die Kriegsführung bieten könnten. Der Kaiser schien in der Tat beeindruckt von Zeppelins Erläuterungen – und dieser Eindruck sollte nicht täuschen.
Am 16. September, dem Tag seiner Abreise aus Stuttgart, erblickte der Kaiser unter den Ehrengästen auch Zeppelin. Im selben Moment machte er einen Schritt auf den Grafen zu und bedachte ihn mit einem huldvollen Lächeln: »Sie werden von mir hören!«
Tatsächlich erreichte Zeppelin noch am selben Tag die durch einen Gesandten überbrachte Aufforderung, sich mit einer als dringlich deklarierten, schriftlichen Eingabe direkt an das kaiserliche Privatsekretariat zu wenden.
Das brauchte man einem Zeppelin kein zweites Mal zu sagen. Jetzt schienen die Dinge also in Bewegung zu geraten – endlich. Doch so überraschend und prompt die Sache auch begonnen haben mochte, so kläglich begann sie kurz darauf wieder zu versanden. Viele Wochen lang tat sich nichts – und als nach mehreren weiteren Eingaben an die preußische Regierung endlich ein Briefwechsel zustande kam, war dessen Inhalt das Papier nicht wert, auf das er niedergeschrieben war. Man schien ihn hinhalten zu wollen, bombardierte ihn mit den sinnlosesten Fragen, garniert mit der Aufforderung, die eine oder andere Skizze einzureichen oder zu erklären, was alles längst erfolgt war. Erst am 10. März 1894, als selbst der immerzu optimistisch in die Zukunft blickende Graf die Hoffnung auf eine ernsthafte Beschäftigung der Berliner mit seinen Vorschlägen allmählich begraben hatte, kam es doch noch zu einer ernsthaften Initiative. Eine Kommission unter dem Vorsitz von Professor Hermann von Helmholtz, des hochangesehenen Präsidenten der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, trat zusammen und zeigte sich nach einem intensiven, drei Monate währenden Meinungsaustausch mit Zeppelin am Ende davon überzeugt, dass dessen Pläne »nicht unausführbar« sein könnten. Man halte sie sogar den Interessen des Reiches für dienlich und empfehle seiner Majestät dem Kaiser, rasch die notwendigen Geldmittel zur Verfügung zu stellen, um den späteren Bau eines Luftschiffes möglich zu machen.
Na also! Wenn er Bella diese Freudenbotschaft in einer Blitzdepesche nach Stuttgart übermittelte, würde seine Ehefrau endlich wieder stolz auf »ihren Männi« sein können, dem in den zurückliegenden Wochen so viel Häme und Ignoranz entgegen geschlagen war. Endlich der Durchbruch!
Da sollte auch die seltsame Frage des greisen Helmholtz die Freude Zeppelins nicht mehr trüben können, ob es ihm denn nicht doch möglich sei, die vom Kommissionsmitglied Heinrich Müller-Breslau, einem Statikexperten, gewünschten Umarbeitungen der Landeanker und Verstrebungen auf eigene Kosten vorzunehmen. Ein Ansinnen, das Zeppelin aber kategorisch ablehnte.
»Nun ja, das sehe ich durchaus ein«, hatte Professor Helmholtz darauf hin sofort eingelenkt, »nach all dem, was Sie bislang schon an erheblichen finanziellen Vorleistungen für die Luftschiffskizzen erbracht haben. Für diesen Fall möchte ich Sie jedoch bitten, eine Eingabe um die Überlassung der erforderlichen Mittel direkt beim Kriegsministerium zu beantragen. Das Ministerium wiederum wird ihren Antrag unserer Kommission vorlegen und wir werden ihn dann befürworten. Es ist zwar ein etwas kompliziertes Vorgehen, aber das ist nun einmal der korrekte Behördenweg, den Sie unbedingt einhalten sollten, wenn Sie die dauerhafte Unterstützung des Ministeriums bekommen wollen.
Weitere Kostenlose Bücher