Ferdinand Graf Zeppelin
trotz all unserer Bedenken weiter vorantreiben zu wollen, dann sollten Sie sich der Mitarbeit von Kober versichern, Exzellenz. Ich denke, er ist sowieso der einzige, der ihre Begeisterung für die Luftschiffe uneingeschränkt teilen wird – außerdem kann er ihnen vor allen Dingen bei der Auswahl des Materials wichtige Dienste leisten. Und wenn Ihr Projekt eines Tages womöglich dennoch scheitern wird – was ich Ihnen freilich nicht wünschen möchte – dann kann der Kober gerne zu mir zurück kommen. Denn die Erfahrungen, die er bei dem Versuch, Luftschiffe zu bauen, sammeln wird, die werden ganz sicher wertvoll sein. Egal, wie die ganze Angelegenheit auch immer enden wird. Ich wünsche Ihnen jedenfalls alles Gute, Exzellenz.«
Eine überaus großzügige Geste des Augsburger Fabrikanten, der sich in seinem jungen Ingenieur nicht getäuscht hatte. Begeistert willigte Kober in das Angebot des Grafen ein und wurde somit der erste offizielle Mitarbeiter des Zeppelinschen Luftschiffbaus. Mit Feuer und Flamme stürzte er sich gleich an seinem ersten Arbeitstag, dem 1. Mai 1892, auf seine neue Aufgabe, die in umfangreichen Erprobungen der verschiedensten Materialien bestand. Die leichtesten, gleichzeitig stabilsten Metalle und Legierungen zu finden, die besten und verlässlichsten Gewinde, Triebräder und Schrauben: es war eine Herkulesaufgabe. Doch nur, wenn sie es schafften, am Ende tatsächlich das Beste vom Besten miteinander zu verbinden, hatten die Luftschiffe eine Chance zur Verwirklichung, Denn die Kräfte, denen ihr Luftfahrzeug standhalten musste, waren enorm – und sie griffen aus jeder Himmelsrichtung an. Schon gleich bei ihren ersten Gesprächen, in denen der Graf und sein junger Mitarbeiter noch einmal alle bisherigen Skizzen und Pläne komplett in Frage gestellt und bis ins Detail diskutiert hatten, war beiden klar geworden: Zeppelins Ansicht war absolut richtig, dass sich nur ein Luftschiff, das über ein starres Gerippe verfügte, auf Dauer erfolgreich gegen den Wind stemmen und lenken ließe. »Diese Grundidee müssen wir unbedingt weiter verfolgen, Exzellenz. Das sehe ich ganz genau so, wie Sie. Denn unser Schiff muss schon wegen dem Luftwiderstand eindeutig eine zylindrische Form haben. Dazu kommen diese gewaltig schweren Motoren, die ja irgendwo befestigt werden müssen, dazu die Gaszellen im Innern… es gibt folglich gar keinen anderen Weg, als die Hülle mit einem starren, aber möglichst leichten und dennoch tragfähigen Gerippe zu versteifen. Das müsste doch eigentlich jeder einigermaßen versierte Techniker sofort begreifen.«
»Sie sagen es, Kober«, pflichtete ihm Zeppelin bei. »Aber weiß der Himmel, warum: man will mir in dieser Argumentation einfach nicht folgen.«
Auf Kobers Gesicht entfaltete sich ein breites Grinsen. »Umso besser, Exzellenz. Dann sind es eben Sie, Exzellenz, der bald den alleinigen Ruhm genießen darf, der großen Luftzigarre zum Durchbruch am Himmel verholfen zu haben!«
Zeppelin stutzte und legte seine Stirn in kritische Falten, während er seinen Mitarbeiter mit einem durchdringenden Blick fixierte. »Wie haben Sie gerade gesagt? Luftzigarre?«
Der junge Mann zuckte verlegen mit den Schultern. »Nun ja, ich habe das nicht despektierlich gemeint. Es … es ist halt nur so, dass die Zylinderform des Luftschiffes ja irgendwie schon an eine Zigarre erinnert. Eine riesige halt.« »Eine Luftzigarre«, schmunzelte Zeppelin und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Nun ja: eigentlich ist es mir ja ganz egal, wie es die Menschen nennen werden. Hauptsache unser Luftschiff wird aufsteigen. Das ist doch das Wichtigste von allem, nicht wahr Kober?«
»Es wird aufsteigen, Exzellenz. Davon bin ich überzeugt. Und zwar einhundertprozentig!«
Theodor Kober sollte recht behalten. Auch wenn noch mehr als acht lange Jahre verstreichen mussten, bis es endlich so weit war.
Mit hoher Konzentration ging es in den folgenden Wochen an die weitere Arbeit. Mit besonderer Spannung erwartete der Graf nun die Sommermonate am Bodensee, in denen die Familie Zeppelin dann wieder ihre Sommerfrische auf Schloss Girsberg genießen würde, denn mit Gottlieb Daimler hatte er vereinbart, dass sie auch in diesem Sommer auf dem See wieder verschiedene Luftschrauben und einen neuen Motor erproben würden.
Dieses Mal kam Daimler in Begleitung seines ältesten Sohnes Paul nach Konstanz und bezog wieder, wie im vergangenen Jahr, sein Quartier im Inselhotel bei Eberhard von Zeppelin.
Gleich zu
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