Ferien Auf Saltkrokan
sehen, die nicht ganz dort stand, wo sie sollte. Nur die Möwen waren wach und kreischten wie gewöhnlich. Eine davon saß auf der Spitze des Fahnenmastes und sah aus, als gehörte ihr ganz Saltkrokan.
So übermütig war Tjorven nicht, im Augenblick nicht. Sie stand nachdenklich da und zupfte mit den Zehen Grashalme aus. Dies war eine finstere Sache. Sie ärgerte sich schon, daß sie eben so kindisch gewesen war. So von zu Hause wegzulaufen, das taten ja nur kleine Kinder, und das wußten Mama und Papa ebensogut wie sie selber. Aber es wäre so schmachvoll, jetzt zurückzugehen. Sie konnte das nicht so ohne weiteres tun. Es mußte eine ehrenhafte Art und Weise geben, um aus dieser Klemme herauszukommen. Sie dachte angestrengt nach und rupfte viele Grashalme aus, bis sie plötzlich wußte, was sie machen sollte. Da rannte sie zum offenen Schlafzimmerfenster und steckte den Kopf hinein. Ihre Eltern waren dabei, sich anzuziehen, und waren so wach, wie sie es sich nur wünschen konnte.
»Ich gehe zu Söderman in Stellung«, sagte Tjorven, und sie fand selber, daß das ein guter Einfall sei. Nun mußte es Mama und Papa klarwerden, daß sie das die ganze Zeit gemeint hatte und nicht irgendwas Kindisches. Söderman wohnte allein in seiner Kate unten am Wasser. Und er klagte ständig darüber, wie schwer er es habe so ohne Hilfe im Haushalt.
»Kannst du nicht zu mir in Stellung kommen, Tjorven?« hatte er einmal gesagt. Aber da hatte Tjorven gerade keine Zeit gehabt. Wie gut, daß ihr das jetzt eingefallen war. Eine Stellung im Haushalt, die brauchte man nicht so furchtbar lange zu behalten. Später konnte man zu Mama und Papa nach Hause gehen und wieder ihre Tjorven sein, als wäre nichts gewesen.
Nisse streckte seine väterliche Hand durchs Fenster und klopfte Tjorven auf die Wange.
»Dann bist du also nicht mehr böse, Hummelchen?«
Tjorven schüttelte verlegen den Kopf.
»Nee.«
»Das finde ich aber schön«, sagte Nisse. »Es hat keinen Sinn, böse zu werden, denn siehst du, man wird so jähzornig davon.« Da mußte Tjorven ihm recht geben.
»Glaubst du, Söderman will dich als Hausangestellte haben?« fragte Märta. »Er hat ja Stina.«
Daran hatte Tjorven nicht gedacht. Es war im letzten Winter gewesen, als Söderman sie gefragt hatte. Da hatte es Stina nicht gegeben, da wohnte sie in der Stadt bei ihrer Mama. Tjorven überlegte, aber nicht lange.
»Hausangestellte müssen stark sein«, sagte sie, »und das bin ich.« Dann lief sie los, um Söderman so schnell wie möglich von seinem Glück wissen zu lassen. Aber ihre Mutter rief sie zurück.
»Hausangestellte können nicht im Nachthemd arbeiten«, sagte sie. Und das sah Tjorven ein.
Söderman saß hinter seiner Kate und entwirrte seine Strömlingsnetze, als Tjorven angelaufen kam.
»Die müssen stark sein, tralala«, sang sie. »Ganz infernalisch stark, tralala …« Sie brach ab, denn sie entdeckte Söderman. »Söderman, weißt du was«, sagte Tjorven, »rate mal, wer heute dein Geschirr abwäscht?«
Bevor Söderman noch mit Raten anfangen konnte, tauchte in dem offenen Fenster hinter ihm ein strubbeliger Kopf auf.
»Ich«, sagte Stina.
»Nee«, versicherte Tjorven, »du bist nicht stark genug.«
Es dauerte eine Weile, bis Stina davon überzeugt war, aber zuletzt mußte sie sich widerwillig damit abfinden. Tjorven hatte nur verschwommene Vorstellungen von Hausangestellten, so was hatte noch nie seinen Fuß auf Saltkrokan gesetzt. Ihr schwebte vor, daß es starke, eisenharte Geschöpfe seien, die ungefähr vorgingen wie ein Eisbrecher, der im Winter die Fahrrinne für die Dampfer aufbricht. Und mit ungefähr gleicher Kraft machte Tjorven sich ans Abwaschen in Södermans Küche. »Ein bißchen darf man kaputtmachen«, versicherte sie, als Stina wegen ein paar Tellern jammerte, die auf den Fußboden gefallen waren.
Tjorven goß großzügig Spülmittel in die Abwaschwanne, so daß sich der herrlichste Schaum bildete. Sie wusch mit Schwung ab und sang, daß es bis zu Söderman hinaustönte, während Stina ziemlich übelgelaunt auf einem Stuhl saß und zuschaute. Sie war jetzt die Frau des Hauses, »denn die brauchen nicht so stark zu sein«, hatte Tjorven erklärt.
»Jedenfalls nicht so infernalisch stark«, sang Tjorven, aber dann fiel ihr etwas anderes ein. »Ich backe auch gleich Pfannkuchen«, sagte sie.
»Wie macht man das?« wollte Stina wissen.
»Ganz einfach: Man rührt und rührt und rührt«, sagte Tjorven. Sie war mit dem Abwaschen
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