Ferien Auf Saltkrokan
vergeblich zurückzuhalten versuchten. Jetzt war die Aufregung vorbei, und sie waren so müde, wer kann etwas dafür, wenn er dann ein bißchen weinen muß?
»Wie meinen Sie das, Frau Sjöblom?« fragte Mattsson, als er die Sprache wiedergefunden hatte. »An wen haben Sie verkauft?«
»Kommen Sie, ich zeige es Ihnen«, sagte Frau Sjöblom und machte die Tür sperrangelweit auf. »Ihnen auch«, sagte sie zu Melcher und seinen beiden weinenden Jungen.
Melcher schüttelte den Kopf, er wollte überhaupt nicht sehen, wer das Schreinerhaus gekauft hatte, es war besser, wenn er es nicht wußte. Aber da hörte er plötzlich von drinnen eine Stimme, die er kannte.
»Der Herr Melcher, der hat den richtigen Ruck, das kannst du glauben, Tante Sjöblom!«
Im nächsten Augenblick herrschte in dem gelben Haus einige Aufregung. Herr Karlberg war wütend und machte Krach und schrie, hochrot im Gesicht ging er auf Mattsson los.
»Das lasse ich mir nicht gefallen. Das werden Sie ins reine bringen, Herr Mattsson, und es ist Ihre Sache, wie Sie das anstellen.«
Der arme Mattsson, er schrumpfte gleichsam in seinem häßlichen karierten Anzug zusammen und war plötzlich ganz klein und bescheiden. »Da ist nichts zu machen«, sagte er mit leiser Stimme. »Sie ist bockig wie eine alte Ziege.«
Frau Sjöblom stand mit dem Rücken zu ihnen, jetzt aber drehte sie sich um. »Ja, das ist sie. Und hören tut sie auch ganz gut!«
»Nur nicht, wenn das Radio an ist«, sagte Tjorven.
Pelle aber lag in Melchers Vaterarmen, ganz fest an dessen Herz gedrückt.
»Pelle, mein kleiner Bengel, was hast du gemacht, was hast du nur gemacht?«
»Ich hab Tante Sjöblom eine kleine Anzahlung gegeben«, sagte Pelle. »Damit es auch ganz sicher ist. Und eine Quittung hab ich auch dafür bekommen.«
»Ja, tatsächlich, ich habe ein Handgeld bekommen«, sagte Frau Sjöblom. »Hier, schauen Sie her!«
Sie hatte ein glänzendes Kronenstück zwischen den Fingern.
»Herr Karlberg, weißt du was«, sagte Tjorven. »Eine ganze Krone ist eigentlich zuviel für einen doppelten Halben Schlag, aber trotzdem danke ich vielmals!«
Da ging Herr Karlberg. Er schritt zur Tür hinaus, ohne sich nach irgend jemandem umzusehen, und Mattsson wankte hinter ihm her. »Schön«, sagte Tjorven. Und das fanden sie alle.
Johann ging zu Pelle hin und streichelte ihn.
»Und dabei hat Papa gesagt, dies wäre nichts für kleine Kinder. Du bist ein prima Kerl, Pelle!«
»Eins muß ich Sie fragen, Frau Sjöblom, bevor wir auseinandergehen«, sagte Melcher.
Sie saßen in ihrer Küche, und sie hatte noch mehr Butterbrote gemacht. Die besten Butterbrote ihres Lebens, versicherten sowohl Melcher als auch Johann und Niklas. Kam es daher, weil sie seit dem Morgen nichts gegessen hatten oder weil alles plötzlich eine einzige große Seligkeit war, so daß auch die Butterbrote einen himmlischen Glanz erhielten und einen himmlischen Geschmack?
»Was wollten Sie fragen?« sagte Frau Sjöblom.
Melcher sah sie neugierig an.
»Schreinerhaus, weshalb heißt es so?«
»Mein Mann war Schreiner. Haben Sie das nicht gewußt?«
O ja, Himmel, dachte Melcher. Was weiß ich nicht alles! Laut sagte er: »Schreinerhaus – ja, natürlich. Und da sind Sie 1908 eingezogen?«
»1907«, sagte Frau Sjöblom.
Melcher sah sie überrascht an.
»Sind Sie sicher, daß es nicht 1908 war?«
Da lachte Frau Sjöblom.
»Ich muß doch schließlich wissen, wann ich geheiratet habe!«
Na ja, ein Jahr früher oder später, dachte Melcher, und dann sagte er: »Darf ich noch etwas fragen? Ihr Mann, wie war er – war er ein fröhlicher Mensch oder …?«
»Und ob er das war«, sagte Frau Sjöblom. »Er war der fröhlichste Mensch, den ich je gekannt habe. Das heißt, wenn er nicht böse war. Das war er nämlich auch manchmal. Genau wie wir alle.«
An diesem Abend schrieb Malin in ihr Tagebuch:
Manchmal ist es so, als ob das Leben einen seiner Tage herausgriffe und sagte: ›Dir will ich alles schenken! Du sollst solch ein rosenroter Tag werden, der im Gedächtnis leuchtet, wenn alle anderen vergessen sind.‹ Dies ist so ein Tag. Nicht für alle Menschen natürlich. Viele, viele weinen gerade jetzt und werden sich an diesen Tag mit Verzweiflung erinnern. Es ist seltsam, wenn man sich das vorstellt. Aber für uns, für Melchersons im Schreinerhaus auf Saltkrokan, ist es ein Tag, so überschäumend voll von Lust und Freude und Glanz und Glück, daß ich nicht weiß, was wir anstellen sollen.
Melcher wußte
Weitere Kostenlose Bücher