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Ferien Auf Saltkrokan

Ferien Auf Saltkrokan

Titel: Ferien Auf Saltkrokan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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möchte ich ein bißchen Ruhe und Frieden haben.«
    Ach, wenn sie gewußt hätte, wie wenig Ruhe und Frieden sie an diesem Tage haben würden!
    Es fing damit an, daß Melcher plötzlich Johann und Niklas vermißte: »Wo stecken die Jungen?« fragte er Malin.
    »Draußen auf der Schäre, das weißt du doch«, sagte Malin. »Aber ich finde, sie müßten jetzt bald zu Hause sein.«
    Das hörte Tjorven, und sie verzog böse den Mund.
    »Das finde ich auch. Die Dummköpfe! Ich finde, sie könnten endlich Bootsmann bringen. Bloß sie können wohl nicht wegen dem Nebel.«
    Melcher hatte beschlossen, ein paar Tage mit den Gartenmöbeln zu warten. Jetzt saß er auf der Treppe des Schreinerhauses und blinzelte unaufhörlich. Trotz der Behandlung mit Borwasser hatte er ein Gefühl, als hätte er Sand in den Augen.
    »Was redest du von Nebel?« fragte er Tjorven. »Die Sonne scheint ja, daß einem die Augen brennen.«
    »Ja, hier«, sagte Tjorven. »Aber hinter Lillasken liegt der Nebel so dick wie Brei.«
    »Ja, das hat Großvater auch gesagt«, erklärte Stina. »Und Großvater und ich, wir wissen alles, wir hören immer Radio.«
    Es dauerte etwa zwei Stunden, bis das, was Malin das Große Beben nannte, bei Melcher ausbrach. Es war genau wie immer und genau so, wie sie es erwartet hatte.
    Malin wußte, ihr Vater war ein mutiger Mann. Wie mutig, das wußte wahrscheinlich nur sie allein, denn sie hatte ihn in entscheidenden Augenblicken des Lebens gesehen. Andere sahen vielleicht nur den nachgiebigen und kindlichen, manchmal geradezu lächerlich kindischen Melcher; aber hinter all seinem Gebaren verbarg sich ein anderer Mensch, der stark war und völlig furchtlos, das heißt, in allem, was ihn selbst betraf.
    »Aber sobald es um deine Kinder geht, benimmst du dich geradezu läppisch«, sagte Malin.
    Das sagte sie, als er dasaß und wegen Johann und Niklas jammerte. Aber bevor es soweit gekommen war, war er dreimal bei Nisse und Märta gewesen.
    »Es ist nicht so, daß ich unruhig bin«, hatte er mit verlegenem Lächeln versichert, als er das erste Mal hingegangen war.
    »Eure Kinder sind ja mit dem Meer vertraut, ihretwegen sorge ich mich kein bißchen«, beteuerte er das zweite Mal. »Aber Johann und Niklas draußen in dieser dicken Milchsuppe …« Denn jetzt hatte der Nebel Saltkrokan erreicht, und er flößte ihm Furcht ein.
    »Meine Kinder stecken in genau derselben Milchsuppe«, sagte Nisse.
    Als Melcher zum dritten Mal in den Kaufmannsladen kam, lachte Nisse und sagte: »Was darf es denn heute sein? Ich hab prima Brecheisen, mit denen kannst du dir eins auf den großen Zeh hauen, damit du zur Abwechslung mal über etwas anderes zu jammern hast.«
    »Danke, ich brauch kein Brecheisen«, sagte Melcher. Dann lächelte er wieder sein verlegenes Lächeln.
    »Wie gesagt – es ist nicht, weil ich unruhig bin, hätte man aber nicht allen Grund, den Seerettungsdienst zu alarmieren?«
    »Weshalb denn?« fragte Nisse.
    »Na ja, weil ich so wahnsinnig unruhig bin«, sagte Melcher.
    »Das ist kein Grund«, meinte Nisse. »Der Seerettungsdienst kann in dieser Waschküche auch nichts sehen. Und was kann den Kindern zustoßen? Der Nebel lichtet sich wohl bald, und das Wasser ist ja völlig still.«
    »Ja, das Wasser schon«, sagte Melcher. »Ich wünschte, ich wäre es auch.«
    Mißgestimmt ging er zum Bootssteg hinunter, und als er dieses Graue, Formlose sah, das wie in Wogen auf ihn zurollte, da packte ihn ein Grauen, und er schrie, so laut er konnte:
    »Johann! Niklas! Wo seid ihr? Kommt nach Hause!«
    Aber Nisse, der ihm gefolgt war, schlug ihm freundlich auf die Schulter. »Mein guter Melcher, man kann nicht in den Schären wohnen, wenn man sich so anstellt. Und es wird auch nicht das kleinste bißchen besser, weil du hier stehst und wie ein Nebelhorn heulst. Komm mit zu Märta hinein, wir wollen Kaffee trinken und Wecken essen, komm nur.«
    Aber Melcher war von Kaffee und Wecken so weit entfernt, wie ein Mensch davon entfernt sein konnte. Er sah Nisse mit verzweifelten Augen an.
    »Sie sind vielleicht noch draußen auf der Schäre – glaubst du nicht auch? Sie sitzen vielleicht in Vestermans Bootsschuppen und haben es warm und schön und gemütlich. Sag, daß du das glaubst«, bat er beschwörend. Nisse sagte, er glaube es. Aber gerade da kam ein Motorboot durch den Nebel getöfft und machte am Ponton fest. Es war Björn, der von Harskär zurückkam, und der verdarb alles. Auf der Schäre seien keine Kinder, beteuerte er, denn er

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