Ferien Auf Saltkrokan
Ducht, schweigend und
geduldig, wie es sich ebenfalls für einen gescheiten Hund gehörte, wenn diese unbegreiflichen Menschen auf solche unbegreiflichen Zerstreuungen verfielen.
»Armer Bootsmann«, sagte Freddy, »er ist hungriger als wir, denn er hat einen viel größeren Magen zum Hungrigsein.«
Sie hatten ihre Butterbrote mit ihm geteilt, und als die Brote alle waren, hatten sie ihm Dorsch angeboten, aber den hatte er dankend abgelehnt. »Das wundert mich gar nicht«, sagte Johann. »Ich würde lieber verhungern als ungekochten Dorsch essen.«
»Ist nichts, nichts, nichts mehr im Rucksack?« fragte Teddy.
»Eine Flasche Wasser«, sagte Freddy.
Eine Flasche Wasser! Nach all ihren lieblichen Träumen von heißem Kakao und Beefsteaks und Pfannkuchen empfanden sie es als unerträglich armselig, nur eine Flasche Wasser zu haben.
Sie saßen lange Zeit schweigend und mutlos da. Niklas überlegte, was schlimmer sei, zu erfrieren oder zu verhungern. Im Augenblick war es die Kälte, die ihn am meisten plagte. Die dicke Jacke nützte nichts, er fror bis ins Mark, und er erinnerte sich plötzlich an ihr Lagerfeuer draußen auf der Schäre. Dies Lagerfeuer mußte lange her in einem anderen Leben gewesen sein, so fern wirkte es jetzt. Aber ihm fiel die Streichholzschachtel ein, die er in der Tasche hatte, und er holte sie heraus. Mit klammen Fingern riß er ein Streichholz an. Es brannte mit einer klaren, tröstlichen kleinen Flamme, und er bog seine Hand drum herum, um für einen Augenblick zu spüren, was Wärme war.
»Spielst du das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern?« fragte Freddy.
»Wie konntest du das erraten«, sagte Niklas. Aber in dem Augenblick fiel sein Blick auf etwas.
»Was ist das, was ihr da unter der Achterducht habt? Ist das nicht ein Spirituskocher?«
»Ja, tatsächlich«, sagte Teddy. »Wer um Himmels willen hat denn den da vergessen?«
»Papa wahrscheinlich«, sagte Freddy. »Als er und Mama vorgestern abend draußen waren und Grundnetze ausgelegt haben. Er hatte Mama damit gelockt, daß er ihr im Boot Kaffee kochen würde, wenn sie mitkäme, weißt du noch?«
»Hört mal, könnten wir nicht auch …« sagte Niklas.
»Wir haben keinen Kaffee«, sagte Freddy. »Nur Wasser.«
Niklas überlegte. Heißes Wasser würde sie trotzdem wärmen, und im Augenblick hatten sie Wärme nötiger als irgend etwas anderes. Er sah sich nach der Kelle um, die sie als Schöpfgefäß im Kahn benutzten. Es war ein gewöhnlicher Blechschöpfer, den konnte man als Kochtopf verwenden. Niklas sagte den anderen, was er vorhatte, und sie schauten gespannt zu, wie er den Spirituskocher anzündete und Wasser aus Teddys Flasche in die Kelle füllte.
»Büsche büsche boll, kocht den Kessel voll«, sang Freddy, und da kam Johann auf eine Idee.
»Wir könnten doch Dorsch da drin kochen«, sagte er.
Freddy warf ihm einen aufrichtig bewundernden Blick zu.
»Johann, du bist ein Genie«, sagte sie.
Jetzt bekamen sie alle Hände voll zu tun. Sie reinigten und spülten in wahnsinniger Eile alle ihre sieben Dorsche, schnitten sie in Scheiben und hatten eine fast glückliche Stunde, während sie den Fisch in der Kelle kochten. Die Prozedur nahm lange Zeit in Anspruch, denn es paßten immer nur vier Scheiben auf einmal in den Blechschöpfer. Aber schließlich war aller Fisch gekocht und auch mit großer Befriedigung verzehrt. Den größten Teil verschlang Bootsmann, aber auch die anderen bekamen reichlich genug.
»Könnt ihr begreifen«, fragte Freddy, »daß man vier Scheiben Dorsch essen kann ohne das kleinste Krümchen Salz und dann auch noch finden kann, es wäre fast das Beste, was man je gegessen hat!«
»Wieso nicht?« sagte Johann. »Wenn man Fischbrühe trinken kann und das gut findet? Aber dann hat man sie natürlich nicht mehr alle.«
Es war aber, als kehre wieder Leben in sie zurück, nachdem sie die kräftige, dampfend heiße Fischsuppe getrunken hatten. Oh, die wärmte bis in die Zehen hinunter! Alles war mit einemmal leichter zu ertragen. Sie fingen wieder an zu hoffen, auf irgend etwas, daß der Nebel weichen oder daß ein Dampfer kommen und sie auflesen würde oder daß sie daheim erwachten und alles nur geträumt hätten.
Aber die, Stunden verrannen, und der Nebel lag nach wie vor über dem Wasser. Es kam kein Dampfer, und es war kein Traum, denn im Traum konnte man nicht so frieren. Die Fischbrühe hielt nur ein kurzes Weilchen vor, und der Spirituskocher war endgültig ausgegangen. Jetzt kam die
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