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Ferien mit Patricia

Ferien mit Patricia

Titel: Ferien mit Patricia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Sie will nur für dich leben. Und sie ist bereits unsere Tochter geworden. Bedeutet dir das alles nichts, nur weil irgendein fremdes Mädchen...«
    Irgendein fremdes Mädchen... Die Worte trafen ihn wie eine Ohrfeige. Und nachts hatte er sie an sein Herz gedrückt... Irgendein fremdes Mädchen... Pat, die in seiner Seele gelesen hatte, als die Verzweiflung über ihn gekommen war, und die, ohne daß es auch nur einer Andeutung oder eines Wortes von ihm bedurft hatte, seine Not gespürt und wie ein Soldat oder treuer Kamerad ihm die Hand über den Abgrund hingehalten hatte, um ihm zu helfen... All das Große und Kleine, das sie liebte, Bücher, Menschen, Farben und Formen der Landschaft, den Duft des Lebens, all das kannte und liebte auch er. Sie hatten zusammen gelacht, gespielt, sinnlose Reime geschmiedet, hatten des Nachts wach Seite an Seite gelegen und über Leben und Tod gesprochen...
    »O Jerry, ich ertrage es nicht, daran zu denken. Sag, daß es nicht wahr ist«, fuhr Helen Wright fort und vergrub plötzlich ihr Gesicht in den Händen. Fassungslos begann sie zu schluchzen.
    Jerry stand auf. Er liebte seine Mutter über alles, und er wäre so gern zu ihr hinübergegangen, wenn er gewußt hätte, was er tun sollte. Sein Vater gab ihm einen Wink und sagte:
    »Du wirst dich gewiß ein wenig waschen wollen. Nachher können wir weitersprechen.«
    Nachdem Jerry das Zimmer verlassen hatte, trat er zu seiner Frau und legte zärtlich die Hand auf ihre Schulter.
    »Nimm dich zusammen, Helen«, sagte er, »es ist ja noch nichts geschehen, was nicht mehr geändert werden könnte. Ich weiß, wie dir zumute ist.«
    Unter seiner Berührung wurde sie wieder ruhiger und sagte:
    »Harman, es ist zu schrecklich. Wir können ihn doch nicht einfach gewähren lassen. Er stellt sich ja gar nicht vor, was er tut.
    Er ist noch zu jung, um selber entscheiden zu können. Er ist doch noch ein Kind. Und du weißt, wie er Catharine geliebt hat.«
    Für Harman Wright bedeutete seine Familie, Frau und Sohn, nicht nur etwas Alltägliches, Gewohntes. Er liebte beide heiß, und er wünschte, sie glücklich zu machen, soweit es in seiner Macht stand. Er glaubte fest an den Sieg des Guten über das Böse und fühlte sich nur zu Menschen hingezogen, die ebenso dachten. Aber im Ersten Weltkrieg war er Artilleriehauptmann gewesen und bewahrte aus jener Zeit mancherlei Erinnerungen.
    »Der Junge kommt schließlich aus dem Krieg, Helen«, sagte er, »und da kann manches geschehen. Laß mich nur machen. Geh und leg dich ein wenig hin bis zum Abendessen und quäle dich nicht. Du machst dich nur krank damit. Ich will mit ihm sprechen. Jerry ist ein Prachtkerl. Und er wird schon das Rechte tun.«

    erry schaute auf, als sein Vater fertig rasiert und angekleidet wieder in die Bibliothek trat. Er hatte selbst den Wunsch, sich mit ihm auszusprechen, ja, es war ihm ein tiefes Bedürfnis, denn er verehrte seinen Vater und vertraute ihm.
    »Wiegeht’s Mutter?« fragte er.
    »Sie hat sich etwas hingelegt«, antwortete der Vater. »Sie will nichts essen. Ich fürchte, daß diese Geschichte sie ziemlich unglücklich macht, Jerry.«
    »Es tut mir wirklich leid, Dad. Ich hätte gern zuerst mit dir allein gesprochen, bevor ich überhaupt damit anfing, aber plötzlich kam einfach alles heraus.«
    Harman trat an den kleinen Tisch und schenkte zwei Gläser voll.
    »Frauen können sich mit einer neuen Idee nur langsam vertraut machen«, sagte er. »Eine Zigarre?«
    Jerry war seinem Vater dankbar, daß er ihn nicht mehr als Kind, sondern als Mann behandelte. Stillschweigend hatte er zur Kenntnis genommen, daß die Dinge, die seit Jerrys Abreise vorgefallen waren, auch ihre Beziehungen verändert hatten. Wieder empfand er, was für ein guter Mensch sein Vater war.
    Sie zündeten sich ihre Zigarren an und pafften einen Augenblick in die Luft. Dann fragte Harman: »Wann mußt du zurückfahren?«
    »Ich muß morgens um zwei Uhr wieder auf dem Flugplatz sein. Ich werde kurz vor ein Uhr hier Weggehen müssen, um rechtzeitig da zu sein.«
    »Hm. Dann hast du ja nicht mehr viel Zeit, mein Junge. Willst du mir noch etwas von dieser Geschichte erzählen?«
    Immer noch war es schwierig, über Pat, über sich selbst und seine Gefühle zu sprechen. Gewiß brauchte er vor seinem Vater kein Blatt vor den Mund zu nehmen, aber es gab doch vieles, das man übergehen mußte, über das man nicht sprechen konnte, vieles, das er bedauerte oder von dem er instinktiv fühlte, daß es Pat

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