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Ferien mit Patricia

Ferien mit Patricia

Titel: Ferien mit Patricia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Vater erzählt hatte, hatte ihn verletzt und enttäuscht.
    Er hatte seinem Vater vertraut, hatte ihm seine innersten Gefühle enthüllt, weil er geglaubt hatte, daß der ältere Mann ihn verstehe und begreife, was er für Pat empfand. Aber statt dessen hatte sein Vater ihm einen Seitensprung aus seiner Jugend anvertraut, gewissermaßen als Parallele zu dem, was zwischen ihm und Pat vorgefallen war. In Paris hatte er in einem Restaurant ein Mädchen aufgelesen und mit ihr eine Woche in einem Hotel verbracht. »In Paris nach dem Waffenstillstand... du kennst ja die Französinnen!« Es war fast wie eine der Geschichten, die sich die Soldaten erzählten, wenn sie von einem Urlaub zurückkehrten.
    Er fühlte sich einsamer und ausgeschlossener denn je, und die Enttäuschung über seinen Vater verursachte ihm einen bitteren Geschmack im Mund. Jerry hatte nun begriffen, daß er ihm niemals verständlich machen konnte, daß Pat ihm mehr bedeutete als nur ein Mädchen, das man ein bißchen liebte. Sie war sein Waffenbruder, trug die Uniform ihres Landes und hatte ihre Toten begraben. Schon das allein bedeutete einen Unterschied zwischen zwei Welten.
    Er hatte von der Kluft zwischen den Daheimgebliebenen und den Männern, die im Kampf standen, gehört. Wie er jetzt seinem Vater gegenübersaß, wurde er gewahr, daß nicht einmal die Generation, die den letzten Weltkrieg mitgemacht hatte, etwas über diesen Krieg wußte, wie er war und was er für die Menschen bedeutete, was man empfand, wenn man in einem Lande wohnte, das seit vier Jahren mit dem Rücken gegen die Wand kämpfte, wo Straßen und Häuser in der vordersten Kampflinie lagen und nicht ein Tag verging, ohne daß Menschen durch Bomben, Granaten, Feuer oder durch eine Kugel den Tod fanden.
    Mochten sie auch Engländer sein und ihre eigene Lebensart haben, die man nicht verstand, so waren sie doch Soldaten. Und sie würden nie nachgeben. Sie waren in die Enge getrieben, und man liebte sie wie Brüder und Schwestern.
    »Du kennst ja diese jungen Französinnen... vermutlich würdest du sagen, ein Bombenmädel... es war ein wundervolles Abenteuer für einen Jungen wie mich, der noch nie weit herumgekommen war...« Die Worte seines Vaters klangen ihm immer noch in den Ohren. Und die mutige, zärtliche und tapfere kleine Pat mit ihrem sanften Lachen und dem tiefen Verstehen... Was nützte es, noch darüber zu sprechen?
    Die beiden Männer saßen bei ihrem Kaffee, Zigarren und Brandy vor sich. Jerry schaute auf die Uhr. Es war bereits acht. Harman hatte die Bewegung bemerkt und sagte:
    »Nun, mein Junge, hast du dich entschieden, was du tun willst?«
    »Es ist wohl besser, wenn ich Catharine erst anrufe, bevor ich hinübergehe«, antwortete Jerry. »Es wird nicht leicht sein...«
    Trotz seiner Jugend erhob er sich schwerfällig und ging zum Telefon hinüber. Es war dasselbe Gefühl, wie wenn man einen gefährlichen Flug vor sich hatte, wo man das Denken ausschaltete und nur noch mit den Muskeln arbeitete, Arme, Beine und Hände bewegte, was auch kommen mochte, nur um es endlich hinter sich zu haben.
    Harman Wright hatte Mitleid für seinen Sohn, denn er wußte, daß er litt. Jerry war jung und entschlossenem das zu kämpfen, was er wollte. Er verlangte kein Mitgefühl und drückte sich nicht. Aber Harman gab den Kampf noch nicht verloren. Mehr denn je war er davon überzeugt, daß er selber recht und Jerry unrecht hatte. Ohne sich zu bewegen, fragte er ruhig’
    »Was wirst du Catharine sagen, wenn du bei ihr bist?«
    Jerry wandte sich um und blickte ihn traurig an. »Das, was geschehen ist... zwischen Pat und mir...« antwortete er.
    »Wirst du ihr sagen, daß ihr zusammen gelebt habt?«
    Plötzlich wurde Jerry ganz ruhig, und er antwortete fast böse:
    »Ach, Dad, hör doch auf damit!« Dann fügte er hinzu: »Nein, vermutlich nicht. Man spricht nicht über solche Dinge. Ich werde sie bitten, mich freizugeben. Wenn ich ihr erzähle, was Pat für mich bedeutet, glaube ich...«
    Mit einem Male hielt er inne. Sein lebhafter Geist war ihm bereits vorausgeeilt, und er sah sich schon in der Fensternische des Wohnzimmers bei den Quentins Catharine gegenübersitzen, einer Catharine voller Wärme und vollendeter Schönheit, die ihn ungläubig und verzweifelt anstarrte, als er ihr von Pat und Schottland erzählte.
    Ja, was sollte er ihr eigentlich sagen? Wie sollte er es ihr verständlich zu machen versuchen? Gestern in Glasgow, nachdem ihm bewußt geworden war, was Pat ihm bedeutete,

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